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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Albrecht Daniel Thaer.
Ehre jedem Heldenthume,
Dreimal Ehre Deinem Ruhme,
Aller Thaten beste That
Ist: Keime pflanzen für künftige Saat.

Albrecht Daniel Thaer wurde am 14. Mai 1752 zu Celle
geboren. Sein Vater, Hofmedicus ebendaselbst, stammte aus Lie-
benwerda
in Sachsen; seine Mutter war die Tochter des Land-
rentmeisters Saffe zu Celle. Seine ersten Studien machte Albrecht
Thaer auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt, aber er verfuhr da-
bei in so unregelmäßiger Art und Weise, daß er z. B. (es sind
dies seine eigenen Worte) im 16. Jahre französisch und englisch
sprechen konnte, aber kein Wort lateinisch verstand. Die Lehrer
ließen es eben gehen. Endlich entdeckte er sich dem Rector des
Gymnasiums, nahm Privatstunden und holte in einem einzigen
Jahre alles Versäumte so völlig nach, daß er ein Jahr darauf im
Stande war, nach Göttingen zur Universität abzugehen.

Sein ganzes Wesen damals (im Gegensatz zu seinen reiferen
Jahren) war genialisch und excentrisch; er hatte etwas Wunder-
kindartiges an Gaben wie an Unarten. Er begann nun mit gro-
ßem Eifer Medicin zu studiren und schien namentlich bestimmt,
in der Chirurgie Bedeutendes zu leisten. Er verweilte Tage lang,
das Secirmesser in der Hand, auf dem anatomischen Saal, sah
aber bei der ersten Operation, der er beiwohnte, daß er seltsamer-
weise wohl zum Anatomen am leblosen, aber nie und nimmer zum
Chirurgen am lebendigen Organismus bestimmt sein könne, denn
er fiel in Ohnmacht; -- eine Erscheinung, die sich wiederholte, so
oft er den Versuch machte, die angeborene Scheu zu überwinden.
Er wandte sich nun der Pathologie zu, hörte Collegia bei den be-

Albrecht Daniel Thaer.
Ehre jedem Heldenthume,
Dreimal Ehre Deinem Ruhme,
Aller Thaten beſte That
Iſt: Keime pflanzen für künftige Saat.

Albrecht Daniel Thaer wurde am 14. Mai 1752 zu Celle
geboren. Sein Vater, Hofmedicus ebendaſelbſt, ſtammte aus Lie-
benwerda
in Sachſen; ſeine Mutter war die Tochter des Land-
rentmeiſters Saffe zu Celle. Seine erſten Studien machte Albrecht
Thaer auf dem Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt, aber er verfuhr da-
bei in ſo unregelmäßiger Art und Weiſe, daß er z. B. (es ſind
dies ſeine eigenen Worte) im 16. Jahre franzöſiſch und engliſch
ſprechen konnte, aber kein Wort lateiniſch verſtand. Die Lehrer
ließen es eben gehen. Endlich entdeckte er ſich dem Rector des
Gymnaſiums, nahm Privatſtunden und holte in einem einzigen
Jahre alles Verſäumte ſo völlig nach, daß er ein Jahr darauf im
Stande war, nach Göttingen zur Univerſität abzugehen.

Sein ganzes Weſen damals (im Gegenſatz zu ſeinen reiferen
Jahren) war genialiſch und excentriſch; er hatte etwas Wunder-
kindartiges an Gaben wie an Unarten. Er begann nun mit gro-
ßem Eifer Medicin zu ſtudiren und ſchien namentlich beſtimmt,
in der Chirurgie Bedeutendes zu leiſten. Er verweilte Tage lang,
das Secirmeſſer in der Hand, auf dem anatomiſchen Saal, ſah
aber bei der erſten Operation, der er beiwohnte, daß er ſeltſamer-
weiſe wohl zum Anatomen am lebloſen, aber nie und nimmer zum
Chirurgen am lebendigen Organismus beſtimmt ſein könne, denn
er fiel in Ohnmacht; — eine Erſcheinung, die ſich wiederholte, ſo
oft er den Verſuch machte, die angeborene Scheu zu überwinden.
Er wandte ſich nun der Pathologie zu, hörte Collegia bei den be-

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[[226]/0238] Albrecht Daniel Thaer. Ehre jedem Heldenthume, Dreimal Ehre Deinem Ruhme, Aller Thaten beſte That Iſt: Keime pflanzen für künftige Saat. Albrecht Daniel Thaer wurde am 14. Mai 1752 zu Celle geboren. Sein Vater, Hofmedicus ebendaſelbſt, ſtammte aus Lie- benwerda in Sachſen; ſeine Mutter war die Tochter des Land- rentmeiſters Saffe zu Celle. Seine erſten Studien machte Albrecht Thaer auf dem Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt, aber er verfuhr da- bei in ſo unregelmäßiger Art und Weiſe, daß er z. B. (es ſind dies ſeine eigenen Worte) im 16. Jahre franzöſiſch und engliſch ſprechen konnte, aber kein Wort lateiniſch verſtand. Die Lehrer ließen es eben gehen. Endlich entdeckte er ſich dem Rector des Gymnaſiums, nahm Privatſtunden und holte in einem einzigen Jahre alles Verſäumte ſo völlig nach, daß er ein Jahr darauf im Stande war, nach Göttingen zur Univerſität abzugehen. Sein ganzes Weſen damals (im Gegenſatz zu ſeinen reiferen Jahren) war genialiſch und excentriſch; er hatte etwas Wunder- kindartiges an Gaben wie an Unarten. Er begann nun mit gro- ßem Eifer Medicin zu ſtudiren und ſchien namentlich beſtimmt, in der Chirurgie Bedeutendes zu leiſten. Er verweilte Tage lang, das Secirmeſſer in der Hand, auf dem anatomiſchen Saal, ſah aber bei der erſten Operation, der er beiwohnte, daß er ſeltſamer- weiſe wohl zum Anatomen am lebloſen, aber nie und nimmer zum Chirurgen am lebendigen Organismus beſtimmt ſein könne, denn er fiel in Ohnmacht; — eine Erſcheinung, die ſich wiederholte, ſo oft er den Verſuch machte, die angeborene Scheu zu überwinden. Er wandte ſich nun der Pathologie zu, hörte Collegia bei den be-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [226]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/238>, abgerufen am 21.11.2024.