Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.II. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abschnitt. Person oder Sache *) und begreift selbst allebenannten Verbrechen, welche durch Anwen- dung physischer Gewalt geschehen **). Allein diese letzten wurden durch spätere Gesetzge- bungen besonders ausgezeichnet und müssen dadurch aufhören, blos als species von dem crimen vis behandelt zu werden. Unter dem Verbrechen der Gewaltthätigkeit kann daher heut zu Tage nur diejenige rechts- widrige Anwendung physischer Kräfte verstanden werden, welche nicht in ein besonderes, benann- tes Verbrechen übergeht. Uebrigens kann die- ses Verbrechen sowohl 1) an Personen, als auch 2) an Sachen begangen werden, §. 438. Die Römer unterscheiden zwischen öffent- kannt *) L. 1. et 2. D. quod metus causa. **) Raub, Nothzucht, Tumult, Entführung, zum Theil auch Brandstiftung etc. sind darunter begrif- fen. S. L. 3. 5. 6. 7. 8. 10. D. ad L. Iul. de vi publ. et priv. ***) L. 10. §. 2. D. de vi publ. ****) L. 1. pr. D. ad L. Iul. de vi privata.
II. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. Perſon oder Sache *) und begreift ſelbſt allebenannten Verbrechen, welche durch Anwen- dung phyſiſcher Gewalt geſchehen **). Allein dieſe letzten wurden durch ſpätere Geſetzge- bungen beſonders ausgezeichnet und müſſen dadurch aufhören, blos als ſpecies von dem crimen vis behandelt zu werden. Unter dem Verbrechen der Gewaltthätigkeit kann daher heut zu Tage nur diejenige rechts- widrige Anwendung phyſiſcher Kräfte verſtanden werden, welche nicht in ein beſonderes, benann- tes Verbrechen übergeht. Uebrigens kann die- ſes Verbrechen ſowohl 1) an Perſonen, als auch 2) an Sachen begangen werden, §. 438. Die Römer unterſcheiden zwiſchen öffent- kannt *) L. 1. et 2. D. quod metus cauſa. **) Raub, Nothzucht, Tumult, Entführung, zum Theil auch Brandſtiftung etc. ſind darunter begrif- fen. S. L. 3. 5. 6. 7. 8. 10. D. ad L. Iul. de vi publ. et priv. ***) L. 10. §. 2. D. de vi publ. ****) L. 1. pr. D. ad L. Iul. de vi privata.
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II. Buch. II. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
Perſon oder Sache *) und begreift ſelbſt alle
benannten Verbrechen, welche durch Anwen-
dung phyſiſcher Gewalt geſchehen **). Allein
dieſe letzten wurden durch ſpätere Geſetzge-
bungen beſonders ausgezeichnet und müſſen
dadurch aufhören, blos als ſpecies von dem
crimen vis behandelt zu werden. Unter dem
Verbrechen der Gewaltthätigkeit
kann daher heut zu Tage nur diejenige rechts-
widrige Anwendung phyſiſcher Kräfte verſtanden
werden, welche nicht in ein beſonderes, benann-
tes Verbrechen übergeht. Uebrigens kann die-
ſes Verbrechen ſowohl 1) an Perſonen, als
auch 2) an Sachen begangen werden,
§. 438.
Die Römer unterſcheiden zwiſchen öffent-
lichen Gewaltth. (vis publica) und zwiſchen
Privatgewaltthätigkeiten (vis privata) und be-
ſtraften jene mit dem Exil ***), dieſe mit der
Confiscation des dritten Theils des Vermögens
und der Unfähigkeit zu Staats- und Ehrenäm-
tern ****). Da aber die Grenzen zwiſchen der
öffentlichen und Privatgewaltthätigkeit unbe-
ſtimmt ſind, mithin die geſetzliche Voraus-
ſetzung zu dieſen beſtimmten Strafen unbe-
kannt
*) L. 1. et 2. D. quod metus cauſa.
**) Raub, Nothzucht, Tumult, Entführung, zum
Theil auch Brandſtiftung etc. ſind darunter begrif-
fen. S. L. 3. 5. 6. 7. 8. 10. D. ad L. Iul. de vi publ.
et priv.
***) L. 10. §. 2. D. de vi publ.
****) L. 1. pr. D. ad L. Iul. de vi privata.
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Zitationshilfe: | Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/380>, abgerufen am 22.02.2025. |