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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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Heute nach Tisch besprach ich mit Goethe die vor¬
stehende Angelegenheit punctweise, wo er denn diesen
meinen Vorschlägen seine beyfällige Zustimmung gab.
"Ich werde, sagte er, in meinem Testament Sie zum
Herausgeber dieser Briefe ernennen, und darauf hin¬
deuten, daß wir über das dabey zu beobachtende Ver¬
fahren im Allgemeinen mit einander einig geworden."


Ich las gestern mit dem Prinzen in Vossens
Luise
weiter und hatte über das Buch für mich im
Stillen Manches zu bemerken. Die großen Verdienste
der Darstellung der Localität und äußeren Zustände der
Personen entzückten mich; jedoch wollte mir erscheinen,
daß das Gedicht eines höheren Gehaltes entbehre, welche
Bemerkung sich mir besonders an solchen Stellen auf¬
drang, wo die Personen in wechselseitigen Reden ihr
Inneres auszusprechen in dem Fall sind. Im Vicar of
Wakefield
ist auch ein Landprediger mit seiner Familie
dargestellt, allein der Poet besaß eine höhere Weltcultur,
und so hat sich dieses auch seinen Personen mitgetheilt,
die alle ein mannigfaltigeres Innere an den Tag legen.
In der Luise steht Alles auf dem Niveau einer be¬
schränkten mittleren Cultur, und so ist freylich immer

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Heute nach Tiſch beſprach ich mit Goethe die vor¬
ſtehende Angelegenheit punctweiſe, wo er denn dieſen
meinen Vorſchlaͤgen ſeine beyfaͤllige Zuſtimmung gab.
„Ich werde, ſagte er, in meinem Teſtament Sie zum
Herausgeber dieſer Briefe ernennen, und darauf hin¬
deuten, daß wir uͤber das dabey zu beobachtende Ver¬
fahren im Allgemeinen mit einander einig geworden.“


Ich las geſtern mit dem Prinzen in Voſſens
Luiſe
weiter und hatte uͤber das Buch fuͤr mich im
Stillen Manches zu bemerken. Die großen Verdienſte
der Darſtellung der Localitaͤt und aͤußeren Zuſtaͤnde der
Perſonen entzuͤckten mich; jedoch wollte mir erſcheinen,
daß das Gedicht eines hoͤheren Gehaltes entbehre, welche
Bemerkung ſich mir beſonders an ſolchen Stellen auf¬
drang, wo die Perſonen in wechſelſeitigen Reden ihr
Inneres auszuſprechen in dem Fall ſind. Im Vicar of
Wakefield
iſt auch ein Landprediger mit ſeiner Familie
dargeſtellt, allein der Poet beſaß eine hoͤhere Weltcultur,
und ſo hat ſich dieſes auch ſeinen Perſonen mitgetheilt,
die alle ein mannigfaltigeres Innere an den Tag legen.
In der Luiſe ſteht Alles auf dem Niveau einer be¬
ſchraͤnkten mittleren Cultur, und ſo iſt freylich immer

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[259/0269] Heute nach Tiſch beſprach ich mit Goethe die vor¬ ſtehende Angelegenheit punctweiſe, wo er denn dieſen meinen Vorſchlaͤgen ſeine beyfaͤllige Zuſtimmung gab. „Ich werde, ſagte er, in meinem Teſtament Sie zum Herausgeber dieſer Briefe ernennen, und darauf hin¬ deuten, daß wir uͤber das dabey zu beobachtende Ver¬ fahren im Allgemeinen mit einander einig geworden.“ Mittwoch, den 9. Februar 1831. Ich las geſtern mit dem Prinzen in Voſſens Luiſe weiter und hatte uͤber das Buch fuͤr mich im Stillen Manches zu bemerken. Die großen Verdienſte der Darſtellung der Localitaͤt und aͤußeren Zuſtaͤnde der Perſonen entzuͤckten mich; jedoch wollte mir erſcheinen, daß das Gedicht eines hoͤheren Gehaltes entbehre, welche Bemerkung ſich mir beſonders an ſolchen Stellen auf¬ drang, wo die Perſonen in wechſelſeitigen Reden ihr Inneres auszuſprechen in dem Fall ſind. Im Vicar of Wakefield iſt auch ein Landprediger mit ſeiner Familie dargeſtellt, allein der Poet beſaß eine hoͤhere Weltcultur, und ſo hat ſich dieſes auch ſeinen Perſonen mitgetheilt, die alle ein mannigfaltigeres Innere an den Tag legen. In der Luiſe ſteht Alles auf dem Niveau einer be¬ ſchraͤnkten mittleren Cultur, und ſo iſt freylich immer 17*

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/269>, abgerufen am 21.11.2024.