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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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"Dann mag Paulus folgen, welcher die Lehre
am kräftigsten verbreitet hat."

"Auf diesen Jacobus, der zu den entferntesten
Völkern ging, und die Missionaire repräsentirt."

"Petrus machte den Schluß. Der Künstler müßte
ihn in die Nähe der Thür stellen und ihm einen Aus¬
druck geben, als ob er die Hereintretenden forschend be¬
trachte, ob sie denn auch werth seyen, das Heiligthum
zu betreten."

"Was sagen Sie zu diesem Cyclus? -- Ich dächte
er wäre reicher als die zwölf Apostel, wo jeder aussieht
wie der andere. Den Moses und die Magdalene würde
ich sitzend bilden."

Ich war sehr glücklich dieses Alles zu hören und
bat Goethe, daß er es zu Papier bringen möge, wel¬
ches er mir versprach. "Ich will es noch alles durch¬
denken, sagte er, und es dann nebst andern neuesten
Dingen Ihnen zum neununddreyßigsten Band geben."


Mit Goethe zu Tisch. Ich sprach mit ihm über
eine Stelle in seinen Gedichten, ob es heißen müsse:
"Wie es dein Priester Horaz in der Entzückung verhieß"
wie in allen älteren Ausgaben steht; oder: "Wie es dein
Priester Properz etc." welches die neue Ausgabe hat.

„Dann mag Paulus folgen, welcher die Lehre
am kraͤftigſten verbreitet hat.“

„Auf dieſen Jacobus, der zu den entfernteſten
Voͤlkern ging, und die Miſſionaire repraͤſentirt.“

Petrus machte den Schluß. Der Kuͤnſtler muͤßte
ihn in die Naͤhe der Thuͤr ſtellen und ihm einen Aus¬
druck geben, als ob er die Hereintretenden forſchend be¬
trachte, ob ſie denn auch werth ſeyen, das Heiligthum
zu betreten.“

„Was ſagen Sie zu dieſem Cyclus? — Ich daͤchte
er waͤre reicher als die zwoͤlf Apoſtel, wo jeder ausſieht
wie der andere. Den Moſes und die Magdalene wuͤrde
ich ſitzend bilden.“

Ich war ſehr gluͤcklich dieſes Alles zu hoͤren und
bat Goethe, daß er es zu Papier bringen moͤge, wel¬
ches er mir verſprach. „Ich will es noch alles durch¬
denken, ſagte er, und es dann nebſt andern neueſten
Dingen Ihnen zum neununddreyßigſten Band geben.“


Mit Goethe zu Tiſch. Ich ſprach mit ihm uͤber
eine Stelle in ſeinen Gedichten, ob es heißen muͤſſe:
„Wie es dein Prieſter Horaz in der Entzuͤckung verhieß“
wie in allen aͤlteren Ausgaben ſteht; oder: „Wie es dein
Prieſter Properz ꝛc.“ welches die neue Ausgabe hat.

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[200/0210] „Dann mag Paulus folgen, welcher die Lehre am kraͤftigſten verbreitet hat.“ „Auf dieſen Jacobus, der zu den entfernteſten Voͤlkern ging, und die Miſſionaire repraͤſentirt.“ „Petrus machte den Schluß. Der Kuͤnſtler muͤßte ihn in die Naͤhe der Thuͤr ſtellen und ihm einen Aus¬ druck geben, als ob er die Hereintretenden forſchend be¬ trachte, ob ſie denn auch werth ſeyen, das Heiligthum zu betreten.“ „Was ſagen Sie zu dieſem Cyclus? — Ich daͤchte er waͤre reicher als die zwoͤlf Apoſtel, wo jeder ausſieht wie der andere. Den Moſes und die Magdalene wuͤrde ich ſitzend bilden.“ Ich war ſehr gluͤcklich dieſes Alles zu hoͤren und bat Goethe, daß er es zu Papier bringen moͤge, wel¬ ches er mir verſprach. „Ich will es noch alles durch¬ denken, ſagte er, und es dann nebſt andern neueſten Dingen Ihnen zum neununddreyßigſten Band geben.“ Mittwoch, den 17. Maͤrz 1830. Mit Goethe zu Tiſch. Ich ſprach mit ihm uͤber eine Stelle in ſeinen Gedichten, ob es heißen muͤſſe: „Wie es dein Prieſter Horaz in der Entzuͤckung verhieß“ wie in allen aͤlteren Ausgaben ſteht; oder: „Wie es dein Prieſter Properz ꝛc.“ welches die neue Ausgabe hat.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/210>, abgerufen am 21.11.2024.