noch sehr milde; es ist eine Nemesis, die nicht umhin kann, in Erwägung der Größe des Helden, immer noch ein wenig galant zu seyn. Napoleon giebt uns ein Beyspiel, wie gefährlich es sey, sich ins Absolute zu erheben und alles der Ausführung einer Idee zu opfern."
Wir sprachen noch manches dahin Bezügliche, und ich ging darauf ins Theater um den Stern von Sevilla zu sehen.
Sonntag, den 14. Februar 1830.
Diesen Mittag auf meinem Wege zu Goethe, der mich zu Tisch eingeladen hatte, traf mich die Nachricht von dem so eben erfolgten Tode der Großherzogin Mutter. Wie wird das bey seinem hohen Alter auf Goethe wirken! war mein erster Gedanke, und so betrat ich mit einiger Apprehension das Haus. Die Diener¬ schaft sagte mir, daß seine Schwiegertochter so eben zu ihm gegangen sey, um ihm die betrübende Botschaft mitzutheilen. Seit länger als funfzig Jahren, sagte ich mir, ist er dieser Fürstin verbunden gewesen, er hat ihrer besonderen Huld und Gnade sich zu erfreuen ge¬ habt, ihr Tod muß ihn tief berühren. Mit solchen Ge¬ danken trat ich zu ihm ins Zimmer; allein ich war nicht wenig überrascht, ihn vollkommen heiter und kräf¬
noch ſehr milde; es iſt eine Nemeſis, die nicht umhin kann, in Erwaͤgung der Groͤße des Helden, immer noch ein wenig galant zu ſeyn. Napoleon giebt uns ein Beyſpiel, wie gefaͤhrlich es ſey, ſich ins Abſolute zu erheben und alles der Ausfuͤhrung einer Idee zu opfern.“
Wir ſprachen noch manches dahin Bezuͤgliche, und ich ging darauf ins Theater um den Stern von Sevilla zu ſehen.
Sonntag, den 14. Februar 1830.
Dieſen Mittag auf meinem Wege zu Goethe, der mich zu Tiſch eingeladen hatte, traf mich die Nachricht von dem ſo eben erfolgten Tode der Großherzogin Mutter. Wie wird das bey ſeinem hohen Alter auf Goethe wirken! war mein erſter Gedanke, und ſo betrat ich mit einiger Apprehenſion das Haus. Die Diener¬ ſchaft ſagte mir, daß ſeine Schwiegertochter ſo eben zu ihm gegangen ſey, um ihm die betruͤbende Botſchaft mitzutheilen. Seit laͤnger als funfzig Jahren, ſagte ich mir, iſt er dieſer Fuͤrſtin verbunden geweſen, er hat ihrer beſonderen Huld und Gnade ſich zu erfreuen ge¬ habt, ihr Tod muß ihn tief beruͤhren. Mit ſolchen Ge¬ danken trat ich zu ihm ins Zimmer; allein ich war nicht wenig uͤberraſcht, ihn vollkommen heiter und kraͤf¬
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noch ſehr milde; es iſt eine Nemeſis, die nicht umhin
kann, in Erwaͤgung der Groͤße des Helden, immer noch
ein wenig galant zu ſeyn. Napoleon giebt uns ein
Beyſpiel, wie gefaͤhrlich es ſey, ſich ins Abſolute zu
erheben und alles der Ausfuͤhrung einer Idee zu opfern.“
Wir ſprachen noch manches dahin Bezuͤgliche, und
ich ging darauf ins Theater um den Stern von
Sevilla zu ſehen.
Sonntag, den 14. Februar 1830.
Dieſen Mittag auf meinem Wege zu Goethe, der
mich zu Tiſch eingeladen hatte, traf mich die Nachricht
von dem ſo eben erfolgten Tode der Großherzogin
Mutter. Wie wird das bey ſeinem hohen Alter auf
Goethe wirken! war mein erſter Gedanke, und ſo betrat
ich mit einiger Apprehenſion das Haus. Die Diener¬
ſchaft ſagte mir, daß ſeine Schwiegertochter ſo eben zu
ihm gegangen ſey, um ihm die betruͤbende Botſchaft
mitzutheilen. Seit laͤnger als funfzig Jahren, ſagte ich
mir, iſt er dieſer Fuͤrſtin verbunden geweſen, er hat
ihrer beſonderen Huld und Gnade ſich zu erfreuen ge¬
habt, ihr Tod muß ihn tief beruͤhren. Mit ſolchen Ge¬
danken trat ich zu ihm ins Zimmer; allein ich war
nicht wenig uͤberraſcht, ihn vollkommen heiter und kraͤf¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/194>, abgerufen am 21.12.2024.
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