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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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dete Magier speisten die Glut mit zierlich gehauenen
Stücken des feinsten Sandelholzes und schürten dieselbe mit
Ruthenbündel.

Das Haupt der Priester war mit einer Binde, der
Paiti-dhana 46), umwunden, deren Enden ihren Mund
verdeckten, und auf diese Weise den unreinen Athem von
dem reinen Feuer abwehrte. Auf einer Wiese neben dem
Strom hatte man die Opferthiere geschlachtet, das Fleisch
derselben in Stücke geschnitten 47), mit Salz bestreut und
auf zarte Rasen und Kleesprossen, Myrtenblüten und
Lorbeerblätter ausgebreitet, damit nichts Todtes und Blu-
tiges die schöne Tochter des Auramazda, die geduldige,
heilige Erde berühre.

Nun trat Oropastes, der oberste Destur *) an das
Feuer und warf frische Butter in dasselbe. Die Flammen
schlugen hoch empor. Alle Perser fielen auf die Kniee und
verbargen ihr Angesicht, denn sie glaubten, die Lohe
schwinge sich ihrem Vater, dem großen Gotte, entgegen.
Dann nahm der Magier einen Mörser, streute in densel-
ben Blätter und Stängel des heiligen Haoma-Krautes 48),
zerstampfte dieselben und goß den röthlichen Saft der
Pflanze, die Speise der Götter, in die Flammen.

Endlich hob er seine Hände zum Himmel empor und
sang, während andere Priester das Feuer fortwährend mit
frischer Butter zu wildem Auflodern zwangen, ein großes
Gebet aus den heiligen Büchern des Zoroaster. Jn dem-
selben wurde der Segen der Götter auf alles Reine und
Gute, vor Allem auf den König und das ganze Reich
herabgerufen. Die guten Geister des Lichts, des Lebens,
der Wahrheit, der edlen That, der Geberin Erde, des

*) Priester.

dete Magier ſpeisten die Glut mit zierlich gehauenen
Stücken des feinſten Sandelholzes und ſchürten dieſelbe mit
Ruthenbündel.

Das Haupt der Prieſter war mit einer Binde, der
Paiti-dhana 46), umwunden, deren Enden ihren Mund
verdeckten, und auf dieſe Weiſe den unreinen Athem von
dem reinen Feuer abwehrte. Auf einer Wieſe neben dem
Strom hatte man die Opferthiere geſchlachtet, das Fleiſch
derſelben in Stücke geſchnitten 47), mit Salz beſtreut und
auf zarte Raſen und Kleeſproſſen, Myrtenblüten und
Lorbeerblätter ausgebreitet, damit nichts Todtes und Blu-
tiges die ſchöne Tochter des Auramazda, die geduldige,
heilige Erde berühre.

Nun trat Oropaſtes, der oberſte Deſtur *) an das
Feuer und warf friſche Butter in daſſelbe. Die Flammen
ſchlugen hoch empor. Alle Perſer fielen auf die Kniee und
verbargen ihr Angeſicht, denn ſie glaubten, die Lohe
ſchwinge ſich ihrem Vater, dem großen Gotte, entgegen.
Dann nahm der Magier einen Mörſer, ſtreute in denſel-
ben Blätter und Stängel des heiligen Haoma-Krautes 48),
zerſtampfte dieſelben und goß den röthlichen Saft der
Pflanze, die Speiſe der Götter, in die Flammen.

Endlich hob er ſeine Hände zum Himmel empor und
ſang, während andere Prieſter das Feuer fortwährend mit
friſcher Butter zu wildem Auflodern zwangen, ein großes
Gebet aus den heiligen Büchern des Zoroaſter. Jn dem-
ſelben wurde der Segen der Götter auf alles Reine und
Gute, vor Allem auf den König und das ganze Reich
herabgerufen. Die guten Geiſter des Lichts, des Lebens,
der Wahrheit, der edlen That, der Geberin Erde, des

*) Prieſter.
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[62/0064] dete Magier ſpeisten die Glut mit zierlich gehauenen Stücken des feinſten Sandelholzes und ſchürten dieſelbe mit Ruthenbündel. Das Haupt der Prieſter war mit einer Binde, der Paiti-dhana 46), umwunden, deren Enden ihren Mund verdeckten, und auf dieſe Weiſe den unreinen Athem von dem reinen Feuer abwehrte. Auf einer Wieſe neben dem Strom hatte man die Opferthiere geſchlachtet, das Fleiſch derſelben in Stücke geſchnitten 47), mit Salz beſtreut und auf zarte Raſen und Kleeſproſſen, Myrtenblüten und Lorbeerblätter ausgebreitet, damit nichts Todtes und Blu- tiges die ſchöne Tochter des Auramazda, die geduldige, heilige Erde berühre. Nun trat Oropaſtes, der oberſte Deſtur *) an das Feuer und warf friſche Butter in daſſelbe. Die Flammen ſchlugen hoch empor. Alle Perſer fielen auf die Kniee und verbargen ihr Angeſicht, denn ſie glaubten, die Lohe ſchwinge ſich ihrem Vater, dem großen Gotte, entgegen. Dann nahm der Magier einen Mörſer, ſtreute in denſel- ben Blätter und Stängel des heiligen Haoma-Krautes 48), zerſtampfte dieſelben und goß den röthlichen Saft der Pflanze, die Speiſe der Götter, in die Flammen. Endlich hob er ſeine Hände zum Himmel empor und ſang, während andere Prieſter das Feuer fortwährend mit friſcher Butter zu wildem Auflodern zwangen, ein großes Gebet aus den heiligen Büchern des Zoroaſter. Jn dem- ſelben wurde der Segen der Götter auf alles Reine und Gute, vor Allem auf den König und das ganze Reich herabgerufen. Die guten Geiſter des Lichts, des Lebens, der Wahrheit, der edlen That, der Geberin Erde, des *) Prieſter.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/64>, abgerufen am 26.04.2024.