Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Das lehrende Gleichnis des Erlösers
Das lehrende Gleichnis des Er-
lösers von den beiden Betern
im Tempel.
Es gingen zwey zu beten hin,
Doch mit ganz unterschiednen Sinn:
Ein Mensch von denen, die da meinen,
Sie wären heilig, weil sie scheinen.
Ein andrer der ein Sünder war,
Und es bekandte offenbar,
Der kam vor seine grossen Sünden,
Bei GOtt im Tempel Gnad zu finden.
Seht erst den stolzen Heuchler an,
O! was vor ein gerechter Mann;
Er stehet in dem Heiligthume,
Posaunet da von seinen Ruhme.
Er hat ein solches Angesicht,
Woraus der Andacht Flamme bricht,
Da er von guten Werken prahlet,
Die nur ein blosser Schein gemahlet.
Hört wie er betet, murmelnd sagt,
Was seinen eitlen Stolz behagt:
Jch danke dir O! GOtt und lobe,
Dich vor die grosse Gnaden Probe
Daß ich nicht bin, wie andre sind,
Ein solch verfluchtes Höllen Kind;
Daß ich nicht bin wie solche Leute,
Die sich mit räuberischer Beute,
Die gierge Diebesfaust gefüllt,
Und keiner der da heimlich stielt.
Jch
Das lehrende Gleichnis des Erloͤſers
Das lehrende Gleichnis des Er-
loͤſers von den beiden Betern
im Tempel.
Es gingen zwey zu beten hin,
Doch mit ganz unterſchiednen Sinn:
Ein Menſch von denen, die da meinen,
Sie waͤren heilig, weil ſie ſcheinen.
Ein andrer der ein Suͤnder war,
Und es bekandte offenbar,
Der kam vor ſeine groſſen Suͤnden,
Bei GOtt im Tempel Gnad zu finden.
Seht erſt den ſtolzen Heuchler an,
O! was vor ein gerechter Mann;
Er ſtehet in dem Heiligthume,
Poſaunet da von ſeinen Ruhme.
Er hat ein ſolches Angeſicht,
Woraus der Andacht Flamme bricht,
Da er von guten Werken prahlet,
Die nur ein bloſſer Schein gemahlet.
Hoͤrt wie er betet, murmelnd ſagt,
Was ſeinen eitlen Stolz behagt:
Jch danke dir O! GOtt und lobe,
Dich vor die groſſe Gnaden Probe
Daß ich nicht bin, wie andre ſind,
Ein ſolch verfluchtes Hoͤllen Kind;
Daß ich nicht bin wie ſolche Leute,
Die ſich mit raͤuberiſcher Beute,
Die gierge Diebesfauſt gefuͤllt,
Und keiner der da heimlich ſtielt.
Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0196" n="180"/>
      <fw place="top" type="header">Das lehrende Gleichnis des Erlo&#x0364;&#x017F;ers</fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das lehrende Gleichnis des Er-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;ers von den beiden Betern<lb/>
im Tempel.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l><hi rendition="#in">E</hi>s gingen zwey zu beten hin,</l><lb/>
          <l>Doch mit ganz unter&#x017F;chiednen Sinn:</l><lb/>
          <l>Ein Men&#x017F;ch von denen, die da meinen,</l><lb/>
          <l>Sie wa&#x0364;ren heilig, weil &#x017F;ie &#x017F;cheinen.</l><lb/>
          <l>Ein andrer der ein Su&#x0364;nder war,</l><lb/>
          <l>Und es bekandte offenbar,</l><lb/>
          <l>Der kam vor &#x017F;eine gro&#x017F;&#x017F;en Su&#x0364;nden,</l><lb/>
          <l>Bei <hi rendition="#fr">GOtt</hi> im Tempel Gnad zu finden.</l><lb/>
          <l>Seht er&#x017F;t den &#x017F;tolzen Heuchler an,</l><lb/>
          <l>O! was vor ein gerechter Mann;</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;tehet in dem Heiligthume,</l><lb/>
          <l>Po&#x017F;aunet da von &#x017F;einen Ruhme.</l><lb/>
          <l>Er hat ein &#x017F;olches Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
          <l>Woraus der Andacht Flamme bricht,</l><lb/>
          <l>Da er von guten Werken prahlet,</l><lb/>
          <l>Die nur ein blo&#x017F;&#x017F;er Schein gemahlet.</l><lb/>
          <l>Ho&#x0364;rt wie er betet, murmelnd &#x017F;agt,</l><lb/>
          <l>Was &#x017F;einen eitlen Stolz behagt:</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">Jch danke dir O! GOtt</hi> und lobe,</l><lb/>
          <l>Dich vor die gro&#x017F;&#x017F;e Gnaden Probe</l><lb/>
          <l>Daß ich nicht bin, wie andre &#x017F;ind,</l><lb/>
          <l>Ein &#x017F;olch verfluchtes Ho&#x0364;llen Kind;</l><lb/>
          <l>Daß ich nicht bin wie &#x017F;olche Leute,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;ich mit ra&#x0364;uberi&#x017F;cher Beute,</l><lb/>
          <l>Die gierge Diebesfau&#x017F;t gefu&#x0364;llt,</l><lb/>
          <l>Und keiner der da heimlich &#x017F;tielt.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0196] Das lehrende Gleichnis des Erloͤſers Das lehrende Gleichnis des Er- loͤſers von den beiden Betern im Tempel. Es gingen zwey zu beten hin, Doch mit ganz unterſchiednen Sinn: Ein Menſch von denen, die da meinen, Sie waͤren heilig, weil ſie ſcheinen. Ein andrer der ein Suͤnder war, Und es bekandte offenbar, Der kam vor ſeine groſſen Suͤnden, Bei GOtt im Tempel Gnad zu finden. Seht erſt den ſtolzen Heuchler an, O! was vor ein gerechter Mann; Er ſtehet in dem Heiligthume, Poſaunet da von ſeinen Ruhme. Er hat ein ſolches Angeſicht, Woraus der Andacht Flamme bricht, Da er von guten Werken prahlet, Die nur ein bloſſer Schein gemahlet. Hoͤrt wie er betet, murmelnd ſagt, Was ſeinen eitlen Stolz behagt: Jch danke dir O! GOtt und lobe, Dich vor die groſſe Gnaden Probe Daß ich nicht bin, wie andre ſind, Ein ſolch verfluchtes Hoͤllen Kind; Daß ich nicht bin wie ſolche Leute, Die ſich mit raͤuberiſcher Beute, Die gierge Diebesfauſt gefuͤllt, Und keiner der da heimlich ſtielt. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/196
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/196>, abgerufen am 21.11.2024.