Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
Predigt.


Die
Siebenzehende Predigt/
Von
Dem Evangelio.

GEliebte in Christo. Es ist fast nichts in der gantzen
Natur und Creatur/ so schön/ heilsam/ lieblich/ und an-
nehmlich/ davon der H. Geist nicht hätte ein Gleichnüß
genommen und erhoben/ das verborgene und dunckele
Geheimnüß deß Evangelii damit zu erklären/ Regen
und Thau/ Feuer und Wind/ Morgen- und Abendröthe/
Wein und Oel/ Milch und Honig/ Speise und Tranck/ Wasser und
Weide/ Saamen und Blumen muß alles dienen/ bezeichnen und bedeu-
ten die edle Kräfften/ Güte und Trost der Lehr deß H. Evangelii. Son-
derlich hat er ihm zu solchem Zweck erwehlet die Objecta sensuum, die
äusserliche/ fühlbare/ natürliche Dinge/ damit deß Menschen Sinne um-
gehen/ und sich an und mit denselbigen erlustigen: Es ist das Evangelium
1. ein Liecht und Augenlust/ davon unsere Glaubens-Augen erleuch-
tet/ Ps. 19. denselbigen praesentiret/ und zur seligen Glaubens-Schau
dargestellet werden/ Gottes deß Vaters fröliches Angesicht/ JEsu Chri-
sti heilwerthes Creutz und Tod/ durch die erhöhete Schlange in der Wü-
sten abgebildet; deß Heil. Geistes Gnadenfeur/ anderer hochtröstlichen
Phaenomenen und Spectaculn zugeschweigen/ deren die Heil. Schrifft
allenthalben voll ist. 2. Eine süsse Music in den Ohren/ deren Text von
dem süssesten Nahmen JEsus/ und dessen rühmlichsten Helden- und
Wunderthaten/ concipirt/ in alle Welt erschollen. Ein holdseliger
Liebes-Kuß. Cant. 1/ 1. Er küsse mich mit dem Kuß seines
Mundes/
cap. 8/ 10. Wolriechender Balsam/ Balsamöhl/ davon der
Geruch deß Lebens sich außbreitet/ Cant. 1/ 3. als das edelste und köstlich-
ste Oel/ Reschith Shemanim Amos. 6, 6. war allein im Jüdischen
Land gewachsen/ nach der See- und Handel-Stadt Tyro verführet. Ezech.
27/ 17. Ose. 12/ 1. wurde von Cleopatra in Egypten versetzt/ ist hernach
gantz verschwunden/ also daß derselbe edle Balsam weder unter uns noch
in Judea irgend mehr zufinden/ und hat man grosse Ursach zu zweifflen/
ob der jenige/ den man heutiges Tages für Balsam außgiebt/ und in den
Päbstischen Sacramenten gebraucht/ der rechte/ alte/ edle Jüdische Bal-

sam
Achter Theil. B b b b
Predigt.


Die
Siebenzehende Predigt/
Von
Dem Evangelio.

GEliebte in Chriſto. Es iſt faſt nichts in der gantzen
Natur und Creatur/ ſo ſchoͤn/ heilſam/ lieblich/ und an-
nehmlich/ davon der H. Geiſt nicht haͤtte ein Gleichnuͤß
genommen und erhoben/ das verborgene und dunckele
Geheimnuͤß deß Evangelii damit zu erklaͤren/ Regen
und Thau/ Feuer und Wind/ Morgen- und Abendroͤthe/
Wein und Oel/ Milch und Honig/ Speiſe und Tranck/ Waſſer und
Weide/ Saamen und Blumen muß alles dienen/ bezeichnen und bedeu-
ten die edle Kraͤfften/ Guͤte und Troſt der Lehr deß H. Evangelii. Son-
derlich hat er ihm zu ſolchem Zweck erwehlet die Objecta ſenſuum, die
aͤuſſerliche/ fuͤhlbare/ natuͤrliche Dinge/ damit deß Menſchen Sinne um-
gehen/ und ſich an und mit denſelbigen erluſtigen: Es iſt das Evangelium
1. ein Liecht und Augenluſt/ davon unſere Glaubens-Augen erleuch-
tet/ Pſ. 19. denſelbigen præſentiret/ und zur ſeligen Glaubens-Schau
dargeſtellet werden/ Gottes deß Vaters froͤliches Angeſicht/ JEſu Chri-
ſti heilwerthes Creutz und Tod/ durch die erhoͤhete Schlange in der Wuͤ-
ſten abgebildet; deß Heil. Geiſtes Gnadenfeur/ anderer hochtroͤſtlichen
Phænomenen und Spectaculn zugeſchweigen/ deren die Heil. Schrifft
allenthalben voll iſt. 2. Eine ſuͤſſe Muſic in den Ohren/ deren Text von
dem ſuͤſſeſten Nahmen JEſus/ und deſſen ruͤhmlichſten Helden- und
Wunderthaten/ concipirt/ in alle Welt erſchollen. Ein holdſeliger
Liebes-Kuß. Cant. 1/ 1. Er kuͤſſe mich mit dem Kuß ſeines
Mundes/
cap. 8/ 10. Wolriechender Balſam/ Balſamoͤhl/ davon der
Geruch deß Lebens ſich außbreitet/ Cant. 1/ 3. als das edelſte und koͤſtlich-
ſte Oel/ Reſchith Shemanim Amos. 6, 6. war allein im Juͤdiſchen
Land gewachſen/ nach der See- und Handel-Stadt Tyro verfuͤhret. Ezech.
27/ 17. Oſe. 12/ 1. wurde von Cleopatra in Egypten verſetzt/ iſt hernach
gantz verſchwunden/ alſo daß derſelbe edle Balſam weder unter uns noch
in Judea irgend mehr zufinden/ und hat man groſſe Urſach zu zweifflen/
ob der jenige/ den man heutiges Tages fuͤr Balſam außgiebt/ und in den
Paͤbſtiſchen Sacramenten gebraucht/ der rechte/ alte/ edle Juͤdiſche Bal-

ſam
Achter Theil. B b b b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0585" n="561"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Predigt.</hi> </fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head>Die<lb/><hi rendition="#fr">Siebenzehende Predigt/</hi><lb/>
Von<lb/><hi rendition="#fr">Dem Evangelio.</hi></head><lb/>
        <p><hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">G</hi>Eliebte in Chri&#x017F;to.</hi> Es i&#x017F;t fa&#x017F;t nichts in der gantzen<lb/>
Natur und Creatur/ &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n/ heil&#x017F;am/ lieblich/ und an-<lb/>
nehmlich/ davon der H. Gei&#x017F;t nicht ha&#x0364;tte ein Gleichnu&#x0364;ß<lb/>
genommen und erhoben/ das verborgene und dunckele<lb/>
Geheimnu&#x0364;ß deß <hi rendition="#fr">Evangelii</hi> damit zu erkla&#x0364;ren/ Regen<lb/>
und Thau/ Feuer und Wind/ Morgen- und Abendro&#x0364;the/<lb/>
Wein und Oel/ Milch und Honig/ Spei&#x017F;e und Tranck/ Wa&#x017F;&#x017F;er und<lb/>
Weide/ Saamen und Blumen muß alles dienen/ bezeichnen und bedeu-<lb/>
ten die edle Kra&#x0364;fften/ Gu&#x0364;te und Tro&#x017F;t der Lehr deß H. Evangelii. Son-<lb/>
derlich hat er ihm zu &#x017F;olchem Zweck erwehlet die <hi rendition="#aq">Objecta &#x017F;en&#x017F;uum,</hi> die<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche/ fu&#x0364;hlbare/ natu&#x0364;rliche Dinge/ damit deß Men&#x017F;chen Sinne um-<lb/>
gehen/ und &#x017F;ich an und mit den&#x017F;elbigen erlu&#x017F;tigen: Es i&#x017F;t das Evangelium<lb/>
1. <hi rendition="#fr">ein Liecht und Augenlu&#x017F;t/</hi> davon un&#x017F;ere Glaubens-Augen erleuch-<lb/>
tet/ P&#x017F;. 19. den&#x017F;elbigen <hi rendition="#aq">præ&#x017F;enti</hi>ret/ und zur &#x017F;eligen Glaubens-Schau<lb/>
darge&#x017F;tellet werden/ Gottes deß Vaters fro&#x0364;liches Ange&#x017F;icht/ JE&#x017F;u Chri-<lb/>
&#x017F;ti heilwerthes Creutz und Tod/ durch die erho&#x0364;hete Schlange in der Wu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten abgebildet; deß Heil. Gei&#x017F;tes Gnadenfeur/ anderer hochtro&#x0364;&#x017F;tlichen<lb/><hi rendition="#aq">Phænomen</hi>en und <hi rendition="#aq">Spectacul</hi>n zuge&#x017F;chweigen/ deren die Heil. Schrifft<lb/>
allenthalben voll i&#x017F;t. 2. Eine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Mu&#x017F;ic in den Ohren/ deren Text von<lb/>
dem &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Nahmen JE&#x017F;us/ und de&#x017F;&#x017F;en ru&#x0364;hmlich&#x017F;ten Helden- und<lb/>
Wunderthaten/ <hi rendition="#aq">concipi</hi>rt/ in alle Welt er&#x017F;chollen. Ein hold&#x017F;eliger<lb/><hi rendition="#fr">Liebes-Kuß.</hi> Cant. 1/ 1. <hi rendition="#fr">Er ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mich mit dem Kuß &#x017F;eines<lb/>
Mundes/</hi> cap. 8/ 10. Wolriechender Bal&#x017F;am/ Bal&#x017F;amo&#x0364;hl/ davon der<lb/>
Geruch deß Lebens &#x017F;ich außbreitet/ Cant. 1/ 3. als das edel&#x017F;te und ko&#x0364;&#x017F;tlich-<lb/>
&#x017F;te Oel/ <hi rendition="#aq">Re&#x017F;chith Shemanim Amos.</hi> 6, 6. war allein im Ju&#x0364;di&#x017F;chen<lb/>
Land gewach&#x017F;en/ nach der See- und Handel-Stadt Tyro verfu&#x0364;hret. Ezech.<lb/>
27/ 17. O&#x017F;e. 12/ 1. wurde von Cleopatra in Egypten ver&#x017F;etzt/ i&#x017F;t hernach<lb/>
gantz ver&#x017F;chwunden/ al&#x017F;o daß der&#x017F;elbe edle Bal&#x017F;am weder unter uns noch<lb/>
in Judea irgend mehr zufinden/ und hat man gro&#x017F;&#x017F;e Ur&#x017F;ach zu zweifflen/<lb/>
ob der jenige/ den man heutiges Tages fu&#x0364;r Bal&#x017F;am außgiebt/ und in den<lb/>
Pa&#x0364;b&#x017F;ti&#x017F;chen Sacramenten gebraucht/ der rechte/ alte/ edle Ju&#x0364;di&#x017F;che Bal-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Achter Theil. B b b b</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;am</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[561/0585] Predigt. Die Siebenzehende Predigt/ Von Dem Evangelio. GEliebte in Chriſto. Es iſt faſt nichts in der gantzen Natur und Creatur/ ſo ſchoͤn/ heilſam/ lieblich/ und an- nehmlich/ davon der H. Geiſt nicht haͤtte ein Gleichnuͤß genommen und erhoben/ das verborgene und dunckele Geheimnuͤß deß Evangelii damit zu erklaͤren/ Regen und Thau/ Feuer und Wind/ Morgen- und Abendroͤthe/ Wein und Oel/ Milch und Honig/ Speiſe und Tranck/ Waſſer und Weide/ Saamen und Blumen muß alles dienen/ bezeichnen und bedeu- ten die edle Kraͤfften/ Guͤte und Troſt der Lehr deß H. Evangelii. Son- derlich hat er ihm zu ſolchem Zweck erwehlet die Objecta ſenſuum, die aͤuſſerliche/ fuͤhlbare/ natuͤrliche Dinge/ damit deß Menſchen Sinne um- gehen/ und ſich an und mit denſelbigen erluſtigen: Es iſt das Evangelium 1. ein Liecht und Augenluſt/ davon unſere Glaubens-Augen erleuch- tet/ Pſ. 19. denſelbigen præſentiret/ und zur ſeligen Glaubens-Schau dargeſtellet werden/ Gottes deß Vaters froͤliches Angeſicht/ JEſu Chri- ſti heilwerthes Creutz und Tod/ durch die erhoͤhete Schlange in der Wuͤ- ſten abgebildet; deß Heil. Geiſtes Gnadenfeur/ anderer hochtroͤſtlichen Phænomenen und Spectaculn zugeſchweigen/ deren die Heil. Schrifft allenthalben voll iſt. 2. Eine ſuͤſſe Muſic in den Ohren/ deren Text von dem ſuͤſſeſten Nahmen JEſus/ und deſſen ruͤhmlichſten Helden- und Wunderthaten/ concipirt/ in alle Welt erſchollen. Ein holdſeliger Liebes-Kuß. Cant. 1/ 1. Er kuͤſſe mich mit dem Kuß ſeines Mundes/ cap. 8/ 10. Wolriechender Balſam/ Balſamoͤhl/ davon der Geruch deß Lebens ſich außbreitet/ Cant. 1/ 3. als das edelſte und koͤſtlich- ſte Oel/ Reſchith Shemanim Amos. 6, 6. war allein im Juͤdiſchen Land gewachſen/ nach der See- und Handel-Stadt Tyro verfuͤhret. Ezech. 27/ 17. Oſe. 12/ 1. wurde von Cleopatra in Egypten verſetzt/ iſt hernach gantz verſchwunden/ alſo daß derſelbe edle Balſam weder unter uns noch in Judea irgend mehr zufinden/ und hat man groſſe Urſach zu zweifflen/ ob der jenige/ den man heutiges Tages fuͤr Balſam außgiebt/ und in den Paͤbſtiſchen Sacramenten gebraucht/ der rechte/ alte/ edle Juͤdiſche Bal- ſam Achter Theil. B b b b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/585
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/585>, abgerufen am 19.11.2024.