XXI. Die Idee des Königthums in ihrer geschichtlichen Entwickelung.
Niemals ist wohl ein litterarisches Mißverständniß mehr zum Guten ausgeschlagen als der Irrthum Friedrich's des Großen in Betreff der Meinung Macchiavelli's. Denn indem er dem Buche vom Fürsten die Absicht zuschrieb, ein allgemein gültiges Lehrbuch sein zu wollen, wurde er durch die Aufwallung eines edlen Zorns dazu getrieben, eine Gegenschrift abzufassen, in welcher er sich selbst darüber klar wurde, was er vom Berufe des Fürsten halten sollte. Der Antimacchiavell ist von allen seinen Schriften diejenige, deren Entstehung die zufälligste, deren Veranlassung die äußerlichste ist, und doch ist sie der erste und vollste Ausdruck seiner Persönlichkeit; denn er hat sich in ihr als den geborenen Fürsten offenbart, der die Läste¬ rung seines Standes nicht ertragen kann, und hier tritt er Voltaire und allen französischen Einflüssen zuerst selbständig gegenüber. Es ist keine Gelegenheitsschrift, sondern eine könig¬ liche That, indem er das Programm seines Lebens aufstellt, an das er fortan gebunden war. Es enthält aber die Schrift von ihrer Bedeutung für seine Person abgesehen so viel Neues und Eigenthümliches, daß sie in der Geschichte der monarchi¬ schen Principien eine Epoche macht, und es dürfte des heutigen Tags, der dem Andenken des großen Königs gewidmet ist,
XXI. Die Idee des Königthums in ihrer geſchichtlichen Entwickelung.
Niemals iſt wohl ein litterariſches Mißverſtändniß mehr zum Guten ausgeſchlagen als der Irrthum Friedrich's des Großen in Betreff der Meinung Macchiavelli's. Denn indem er dem Buche vom Fürſten die Abſicht zuſchrieb, ein allgemein gültiges Lehrbuch ſein zu wollen, wurde er durch die Aufwallung eines edlen Zorns dazu getrieben, eine Gegenſchrift abzufaſſen, in welcher er ſich ſelbſt darüber klar wurde, was er vom Berufe des Fürſten halten ſollte. Der Antimacchiavell iſt von allen ſeinen Schriften diejenige, deren Entſtehung die zufälligſte, deren Veranlaſſung die äußerlichſte iſt, und doch iſt ſie der erſte und vollſte Ausdruck ſeiner Perſönlichkeit; denn er hat ſich in ihr als den geborenen Fürſten offenbart, der die Läſte¬ rung ſeines Standes nicht ertragen kann, und hier tritt er Voltaire und allen franzöſiſchen Einflüſſen zuerſt ſelbſtändig gegenüber. Es iſt keine Gelegenheitsſchrift, ſondern eine könig¬ liche That, indem er das Programm ſeines Lebens aufſtellt, an das er fortan gebunden war. Es enthält aber die Schrift von ihrer Bedeutung für ſeine Perſon abgeſehen ſo viel Neues und Eigenthümliches, daß ſie in der Geſchichte der monarchi¬ ſchen Principien eine Epoche macht, und es dürfte des heutigen Tags, der dem Andenken des großen Königs gewidmet iſt,
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XXI.
Die Idee des Königthums
in ihrer geſchichtlichen Entwickelung.
Niemals iſt wohl ein litterariſches Mißverſtändniß mehr zum
Guten ausgeſchlagen als der Irrthum Friedrich's des Großen
in Betreff der Meinung Macchiavelli's. Denn indem er dem
Buche vom Fürſten die Abſicht zuſchrieb, ein allgemein gültiges
Lehrbuch ſein zu wollen, wurde er durch die Aufwallung eines
edlen Zorns dazu getrieben, eine Gegenſchrift abzufaſſen, in
welcher er ſich ſelbſt darüber klar wurde, was er vom Berufe
des Fürſten halten ſollte. Der Antimacchiavell iſt von allen
ſeinen Schriften diejenige, deren Entſtehung die zufälligſte,
deren Veranlaſſung die äußerlichſte iſt, und doch iſt ſie der
erſte und vollſte Ausdruck ſeiner Perſönlichkeit; denn er hat
ſich in ihr als den geborenen Fürſten offenbart, der die Läſte¬
rung ſeines Standes nicht ertragen kann, und hier tritt er
Voltaire und allen franzöſiſchen Einflüſſen zuerſt ſelbſtändig
gegenüber. Es iſt keine Gelegenheitsſchrift, ſondern eine könig¬
liche That, indem er das Programm ſeines Lebens aufſtellt,
an das er fortan gebunden war. Es enthält aber die Schrift
von ihrer Bedeutung für ſeine Perſon abgeſehen ſo viel Neues
und Eigenthümliches, daß ſie in der Geſchichte der monarchi¬
ſchen Principien eine Epoche macht, und es dürfte des heutigen
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Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_alterthum01_1875/372>, abgerufen am 21.11.2024.
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