Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Mißge Mitgifft Mißgebähren. siehe. Unrich- tig gehen. Mitesser, oder, Zehrwürme, Denen Medicis Comedones, Mitesser bekommen, Ist eine lächerliche und aber- Mit-Gifft, oder, Mit-Gabe, Ausstattung, Ehesteuer, Braut-Schatz, Heimsteuer, Ehe-Geld und Hey- raths-Gut Benennet, ist ein Inbegriff des- Mnemosy tern an statt deren einen Spinne-Rocken nebst der Spindel mitzuge- ben gewohnet waren. Justin L. III. Histor. Plutarch. in Vit. Solon. & Lycurg. Alex. ab Alexand. Genial. Dier. l. 2. c. 5. Die Römer aber führten solche Mit-Gifft als was nöthiges und nützliches ein, und begabten sie mit vielen Privilegien. Sie rühret entweder aus des Va- ters Gut, welcher die Tochter zu dotiren nach denen Rechten ver- pflichtet ist, oder anderwerts her, wenn Z. E. die Mutter ihre Toch- ter vor sich, oder die Bluts- und andere Freunde eine Jungfer aus- statten, und fällt nach des Wei- bes Tode ihren Erben wieder an- heim, bey Adelichen Personen aber wird selbige nicht wieder erstattet. Das Weib hat dieser Mit-Gifft wegen in allen Gütern ihres Man- nes zur Versicherung eine still- schweigende Hypothec oder heim- lich Pfand. Carpzov. P. II. C. 24. def. 1. wird auch, wenn sich ein Con- curs der Gläubiger ereignet, sel- bigen allen vorgezogen. Die Mit- Gifft war schon im alten Testa- mente bekant, Pharao gab seiner Tochter, Salomonis Weibe, die Stadt Gaser zur Heimsteuer mit. 1. Reg. IX. v. 16. Das Römische Frauenzimmer rechnete die Siege ihrer Väter, und den daraus ent- standenen Ruhm ihren Bräuti- gam zur Mit-Gisst an. Mnemosyne, Eine Nymphe und Mutter der Mensar-
[Spaltenumbruch]
Mißge Mitgifft Mißgebaͤhren. ſiehe. Unrich- tig gehen. Miteſſer, oder, Zehrwuͤrme, Denen Medicis Comedones, Miteſſer bekommen, Iſt eine laͤcherliche und aber- Mit-Gifft, oder, Mit-Gabe, Ausſtattung, Eheſteuer, Braut-Schatz, Heimſteuer, Ehe-Geld und Hey- raths-Gut Benennet, iſt ein Inbegriff des- Mnemoſy tern an ſtatt deren einen Spinne-Rocken nebſt der Spindel mitzuge- ben gewohnet waren. Juſtin L. III. Hiſtor. Plutarch. in Vit. Solon. & Lycurg. Alex. ab Alexand. Genial. Dier. l. 2. c. 5. Die Roͤmer aber fuͤhrten ſolche Mit-Gifft als was noͤthiges und nuͤtzliches ein, und begabten ſie mit vielen Privilegien. Sie ruͤhret entweder aus des Va- ters Gut, welcher die Tochter zu dotiren nach denen Rechten ver- pflichtet iſt, oder anderwerts her, wenn Z. E. die Mutter ihre Toch- ter vor ſich, oder die Bluts- und andere Freunde eine Jungfer aus- ſtatten, und faͤllt nach des Wei- bes Tode ihren Erben wieder an- heim, bey Adelichen Perſonen aber wird ſelbige nicht wieder erſtattet. Das Weib hat dieſer Mit-Gifft wegen in allen Guͤtern ihres Man- nes zur Verſicherung eine ſtill- ſchweigende Hypothec oder heim- lich Pfand. Carpzov. P. II. C. 24. def. 1. wird auch, wenn ſich ein Con- curs der Glaͤubiger ereignet, ſel- bigen allen vorgezogen. Die Mit- Gifft war ſchon im alten Teſta- mente bekant, Pharao gab ſeiner Tochter, Salomonis Weibe, die Stadt Gaſer zur Heimſteuer mit. 1. Reg. IX. v. 16. Das Roͤmiſche Frauenzimmer rechnete die Siege ihrer Vaͤter, und den daraus ent- ſtandenen Ruhm ihren Braͤuti- gam zur Mit-Giſſt an. Mnemoſyne, Eine Nymphe und Mutter der Menſar-
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Mißge Mitgifft
Mnemoſy
Mißgebaͤhren. ſiehe. Unrich-
tig gehen.
Miteſſer, oder, Zehrwuͤrme,
Denen Medicis Comedones,
Crinones oder Draeunculi genañt,
ſind kleine Wuͤrmlein, ſo in der
Haut der jungen Kinder nicht an-
ders, als kleine ſchwartze Haͤrlein
ſtecken, und wovon die kleinen Kin-
der ſchwinden und abzunehmen
pflegen, ſie werden insgemein durch
ein Bad von Honig-Waſſer oder
ſuͤſſer Milch aus der Haut gelocket
und von der Haut hernach abge-
ſchabet.
Miteſſer bekommen,
Iſt eine laͤcherliche und aber-
glaͤubiſche Meynung dererjenigen
Weiber, ſo in denen wunderlichen
Gedancken ſtehen, es duͤrffte keine
ſchwangere Frau, wenn ſie aͤſſe, vor
dem Brodt-Schranck ſtehen blei-
ben, das Kind bekaͤme ſonſt die
Miteſſer.
Mit-Gifft, oder, Mit-Gabe,
Ausſtattung, Eheſteuer,
Braut-Schatz, Heimſteuer,
Ehe-Geld und Hey-
raths-Gut
Benennet, iſt ein Inbegriff des-
jenigen Geldes und anderer Guͤter
und Stuͤcken, ſo eine Frau mit zu
ihrem Manne bringet und ſelbigen
den nuͤtzlichen Gebrauch darvon
wegen der auf ſich habenden Ver-
pflegung und Verſorgung der Fa-
milie und Hauſes uͤberlaͤſſet. De-
nen alten Spartanern und Grie-
chen auch einigen Indianern war
dergleichen Mit-Gifft unbekannt,
daher ſie ihren heyrathenden Toͤch-
tern an ſtatt deren einen Spinne-
Rocken nebſt der Spindel mitzuge-
ben gewohnet waren. Juſtin L. III.
Hiſtor. Plutarch. in Vit. Solon. &
Lycurg. Alex. ab Alexand. Genial.
Dier. l. 2. c. 5. Die Roͤmer aber
fuͤhrten ſolche Mit-Gifft als was
noͤthiges und nuͤtzliches ein, und
begabten ſie mit vielen Privilegien.
Sie ruͤhret entweder aus des Va-
ters Gut, welcher die Tochter zu
dotiren nach denen Rechten ver-
pflichtet iſt, oder anderwerts her,
wenn Z. E. die Mutter ihre Toch-
ter vor ſich, oder die Bluts- und
andere Freunde eine Jungfer aus-
ſtatten, und faͤllt nach des Wei-
bes Tode ihren Erben wieder an-
heim, bey Adelichen Perſonen aber
wird ſelbige nicht wieder erſtattet.
Das Weib hat dieſer Mit-Gifft
wegen in allen Guͤtern ihres Man-
nes zur Verſicherung eine ſtill-
ſchweigende Hypothec oder heim-
lich Pfand. Carpzov. P. II. C. 24.
def. 1. wird auch, wenn ſich ein Con-
curs der Glaͤubiger ereignet, ſel-
bigen allen vorgezogen. Die Mit-
Gifft war ſchon im alten Teſta-
mente bekant, Pharao gab ſeiner
Tochter, Salomonis Weibe, die
Stadt Gaſer zur Heimſteuer mit.
1. Reg. IX. v. 16. Das Roͤmiſche
Frauenzimmer rechnete die Siege
ihrer Vaͤter, und den daraus ent-
ſtandenen Ruhm ihren Braͤuti-
gam zur Mit-Giſſt an.
Mnemoſyne,
Eine Nymphe und Mutter der
neun Muſen. Denen heutigen
Poeten bedeutet dieſer Nahme ſo
viel, als das Gedaͤchtniß oder das
Angedencken.
Menſar-
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