Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

deutschen Staaten gerichtet wurde. Eine dritte Petition wurde
am 10. Mai 1890 an den Reichstag abgesandt. Jn dieser
wurde deutlicher als in den vorausgehenden Petitionen betont,
daß die in Deutschland bestehenden Verhältnisse sowie die
Natur des weiblichen Geschlechts es als thöricht erscheinen lassen
würden, die Zulassung der Frauen zur Ausübung aller Berufe
zu fordern. Eine ehrliche Reformbewegung werde immer nur
das ins Auge fassen, was den gegebenen Umständen entspreche,
und was wirklich erreichbar sei. Hierhin gehöre vor allem die
Zulassung der Frauen zur Ausübung des ärztlichen Berufes.

Eine vierte Petition wurde im Januar 1891 an die Land-
tage der deutschen Staaten gesandt, um die Errichtung von
Mädchengymnasien, Einführung von Maturitätsprüfungen, Zu-
lassung zum Universitätsstudium zu erbitten.

IV.

Jm Reichstage wurde über die Petition in den ersten
Monaten des Jahres 1891 verhandelt. Jm Namen der ver-
bündeten Regierungen wurde am 16. Januar in der Petitions-
commission der Standpunkt dargelegt, auf dem die Reichs-
regierung auch gegenwärtig noch steht. Nach den Vorschriften
der Gewerbeordnung stehe der Zulassung weiblicher Personen
zur Ausübung der ärztlichen Praxis ein Hinderniß an sich nicht
entgegen; thatsächlich werde jedoch den Frauen der Zugang zum
ärztlichen Beruf dadurch abgeschnitten, daß es ihnen durch die
heutige Organisation der höheren Unterrichtsanstalten unmöglich
gemacht sei, diejenigen Bedingungen zu erfüllen, von denen
die Zulassung zur ärztlichen Staatsprüfung abhängt. Die Ge-

deutschen Staaten gerichtet wurde. Eine dritte Petition wurde
am 10. Mai 1890 an den Reichstag abgesandt. Jn dieser
wurde deutlicher als in den vorausgehenden Petitionen betont,
daß die in Deutschland bestehenden Verhältnisse sowie die
Natur des weiblichen Geschlechts es als thöricht erscheinen lassen
würden, die Zulassung der Frauen zur Ausübung aller Berufe
zu fordern. Eine ehrliche Reformbewegung werde immer nur
das ins Auge fassen, was den gegebenen Umständen entspreche,
und was wirklich erreichbar sei. Hierhin gehöre vor allem die
Zulassung der Frauen zur Ausübung des ärztlichen Berufes.

Eine vierte Petition wurde im Januar 1891 an die Land-
tage der deutschen Staaten gesandt, um die Errichtung von
Mädchengymnasien, Einführung von Maturitätsprüfungen, Zu-
lassung zum Universitätsstudium zu erbitten.

IV.

Jm Reichstage wurde über die Petition in den ersten
Monaten des Jahres 1891 verhandelt. Jm Namen der ver-
bündeten Regierungen wurde am 16. Januar in der Petitions-
commission der Standpunkt dargelegt, auf dem die Reichs-
regierung auch gegenwärtig noch steht. Nach den Vorschriften
der Gewerbeordnung stehe der Zulassung weiblicher Personen
zur Ausübung der ärztlichen Praxis ein Hinderniß an sich nicht
entgegen; thatsächlich werde jedoch den Frauen der Zugang zum
ärztlichen Beruf dadurch abgeschnitten, daß es ihnen durch die
heutige Organisation der höheren Unterrichtsanstalten unmöglich
gemacht sei, diejenigen Bedingungen zu erfüllen, von denen
die Zulassung zur ärztlichen Staatsprüfung abhängt. Die Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0042" n="26"/>
deutschen Staaten gerichtet wurde. Eine dritte Petition wurde<lb/>
am 10. Mai 1890 an den Reichstag abgesandt. Jn dieser<lb/>
wurde deutlicher als in den vorausgehenden Petitionen betont,<lb/>
daß die in Deutschland bestehenden Verhältnisse sowie die<lb/>
Natur des weiblichen Geschlechts es als thöricht erscheinen lassen<lb/>
würden, die Zulassung der Frauen zur Ausübung <hi rendition="#g">aller</hi> Berufe<lb/>
zu fordern. Eine ehrliche Reformbewegung werde immer nur<lb/>
das ins Auge fassen, was den gegebenen Umständen entspreche,<lb/>
und was wirklich erreichbar sei. Hierhin gehöre vor allem die<lb/>
Zulassung der Frauen zur Ausübung des ärztlichen Berufes.</p><lb/>
          <p>Eine vierte Petition wurde im Januar 1891 an die Land-<lb/>
tage der deutschen Staaten gesandt, um die Errichtung von<lb/>
Mädchengymnasien, Einführung von Maturitätsprüfungen, Zu-<lb/>
lassung zum Universitätsstudium zu erbitten.</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">IV</hi>.</head><lb/>
          <p>Jm Reichstage wurde über die Petition in den ersten<lb/>
Monaten des Jahres 1891 verhandelt. Jm Namen der ver-<lb/>
bündeten Regierungen wurde am 16. Januar in der Petitions-<lb/>
commission der Standpunkt dargelegt, auf dem die Reichs-<lb/>
regierung auch gegenwärtig noch steht. Nach den Vorschriften<lb/>
der Gewerbeordnung stehe der Zulassung weiblicher Personen<lb/>
zur Ausübung der ärztlichen Praxis ein Hinderniß an sich nicht<lb/>
entgegen; thatsächlich werde jedoch den Frauen der Zugang zum<lb/>
ärztlichen Beruf dadurch abgeschnitten, daß es ihnen durch die<lb/>
heutige Organisation der höheren Unterrichtsanstalten unmöglich<lb/>
gemacht sei, diejenigen Bedingungen zu erfüllen, von denen<lb/>
die Zulassung zur ärztlichen Staatsprüfung abhängt. Die Ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0042] deutschen Staaten gerichtet wurde. Eine dritte Petition wurde am 10. Mai 1890 an den Reichstag abgesandt. Jn dieser wurde deutlicher als in den vorausgehenden Petitionen betont, daß die in Deutschland bestehenden Verhältnisse sowie die Natur des weiblichen Geschlechts es als thöricht erscheinen lassen würden, die Zulassung der Frauen zur Ausübung aller Berufe zu fordern. Eine ehrliche Reformbewegung werde immer nur das ins Auge fassen, was den gegebenen Umständen entspreche, und was wirklich erreichbar sei. Hierhin gehöre vor allem die Zulassung der Frauen zur Ausübung des ärztlichen Berufes. Eine vierte Petition wurde im Januar 1891 an die Land- tage der deutschen Staaten gesandt, um die Errichtung von Mädchengymnasien, Einführung von Maturitätsprüfungen, Zu- lassung zum Universitätsstudium zu erbitten. IV. Jm Reichstage wurde über die Petition in den ersten Monaten des Jahres 1891 verhandelt. Jm Namen der ver- bündeten Regierungen wurde am 16. Januar in der Petitions- commission der Standpunkt dargelegt, auf dem die Reichs- regierung auch gegenwärtig noch steht. Nach den Vorschriften der Gewerbeordnung stehe der Zulassung weiblicher Personen zur Ausübung der ärztlichen Praxis ein Hinderniß an sich nicht entgegen; thatsächlich werde jedoch den Frauen der Zugang zum ärztlichen Beruf dadurch abgeschnitten, daß es ihnen durch die heutige Organisation der höheren Unterrichtsanstalten unmöglich gemacht sei, diejenigen Bedingungen zu erfüllen, von denen die Zulassung zur ärztlichen Staatsprüfung abhängt. Die Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/42
Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/42>, abgerufen am 21.12.2024.