Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ich mehreremale beobachtet habe. -- Uebrigens wirken diese
Anfälle auch nicht allein auf die Mutter, sondern eben so
sehr auf das Kind nachtheilig, und gemeiniglich stirbt unter
heftigen Convulsionen die Frucht ab, oder es werden selbst
durch die heftigen mechanischen Erschütterungen, Lostrennun-
gen der Placenta, heftige Blutungen, Frühgeburten, ja selbst
Zerreißungen des Uterus herbeigeführt. Im Speciellen ist
endlich noch die Prognose nach der größern oder geringern
Heftigkeit der Anfälle, und nach dem Zeitpunkte in welchem
die ärztliche Hülfe herbeigerufen wird (da bei dem höchst acu-
ten Verlaufe der Krankheit die Hülfe oft zu spät kommen
kann) zu bestimmen.

§. 1048.

Die Behandlung hat hier im Allgemeinen folgende
Regeln genau zu beachten: 1) daß man, wie schon Boer *)
anempfiehlt, jedem Anfalle einen gewißen Spielraum laße,
die Kranke zwar durch mäßiges Halten für Schaden hüte,
aber sie nicht zu gewaltsam einzwänge, um durch völlige
Hinderung der Gliederbewegung, nicht innere Krämpfe und
Lähmungen zu befördern. -- 2) Daß man vorzüglich auf
Anwendung äußerlicher Heilmittel sein Augenmerk richte, zu
innerlichen Heilmitteln aber, welche hier oft so äußerst schwer
der Kranken beizubringen sind, nur kleine Gaben solcher Arz-
neistoffe wähle, welche schon in dieser Gabe schnelle und kräf-
tige Wirkung herbeiführen können. -- 3) Daß man die Ge-
burtshülfliche innere Untersuchung anzustellen nicht unterlaße,
um sich von der vielleicht beginnenden Geburtsthätigkeit zu
vergewißern.

§. 1049.

Die speciellen Regeln für einzelne Fälle hingegen wer-
den sich nach den ursachlichen Bedingungen der Zufalle rich-
ten. Bei den durch Ueberfüllung der Hirngefäße bedingten

*) Versuche und Abhandlungen. 3. Thl. S. 195.

ich mehreremale beobachtet habe. — Uebrigens wirken dieſe
Anfaͤlle auch nicht allein auf die Mutter, ſondern eben ſo
ſehr auf das Kind nachtheilig, und gemeiniglich ſtirbt unter
heftigen Convulſionen die Frucht ab, oder es werden ſelbſt
durch die heftigen mechaniſchen Erſchuͤtterungen, Lostrennun-
gen der Placenta, heftige Blutungen, Fruͤhgeburten, ja ſelbſt
Zerreißungen des Uterus herbeigefuͤhrt. Im Speciellen iſt
endlich noch die Prognoſe nach der groͤßern oder geringern
Heftigkeit der Anfaͤlle, und nach dem Zeitpunkte in welchem
die aͤrztliche Huͤlfe herbeigerufen wird (da bei dem hoͤchſt acu-
ten Verlaufe der Krankheit die Huͤlfe oft zu ſpaͤt kommen
kann) zu beſtimmen.

§. 1048.

Die Behandlung hat hier im Allgemeinen folgende
Regeln genau zu beachten: 1) daß man, wie ſchon Boër *)
anempfiehlt, jedem Anfalle einen gewißen Spielraum laße,
die Kranke zwar durch maͤßiges Halten fuͤr Schaden huͤte,
aber ſie nicht zu gewaltſam einzwaͤnge, um durch voͤllige
Hinderung der Gliederbewegung, nicht innere Kraͤmpfe und
Laͤhmungen zu befoͤrdern. — 2) Daß man vorzuͤglich auf
Anwendung aͤußerlicher Heilmittel ſein Augenmerk richte, zu
innerlichen Heilmitteln aber, welche hier oft ſo aͤußerſt ſchwer
der Kranken beizubringen ſind, nur kleine Gaben ſolcher Arz-
neiſtoffe waͤhle, welche ſchon in dieſer Gabe ſchnelle und kraͤf-
tige Wirkung herbeifuͤhren koͤnnen. — 3) Daß man die Ge-
burtshuͤlfliche innere Unterſuchung anzuſtellen nicht unterlaße,
um ſich von der vielleicht beginnenden Geburtsthaͤtigkeit zu
vergewißern.

§. 1049.

Die ſpeciellen Regeln fuͤr einzelne Faͤlle hingegen wer-
den ſich nach den urſachlichen Bedingungen der Zufalle rich-
ten. Bei den durch Ueberfuͤllung der Hirngefaͤße bedingten

*) Verſuche und Abhandlungen. 3. Thl. S. 195.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0263" n="239"/>
ich mehreremale beobachtet habe. &#x2014; Uebrigens wirken die&#x017F;e<lb/>
Anfa&#x0364;lle auch nicht allein auf die Mutter, &#x017F;ondern eben &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr auf das Kind nachtheilig, und gemeiniglich &#x017F;tirbt unter<lb/>
heftigen Convul&#x017F;ionen die Frucht ab, oder es werden &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
durch die heftigen mechani&#x017F;chen Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen, Lostrennun-<lb/>
gen der Placenta, heftige Blutungen, Fru&#x0364;hgeburten, ja &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Zerreißungen des Uterus herbeigefu&#x0364;hrt. Im Speciellen i&#x017F;t<lb/>
endlich noch die Progno&#x017F;e nach der gro&#x0364;ßern oder geringern<lb/>
Heftigkeit der Anfa&#x0364;lle, und nach dem Zeitpunkte in welchem<lb/>
die a&#x0364;rztliche Hu&#x0364;lfe herbeigerufen wird (da bei dem ho&#x0364;ch&#x017F;t acu-<lb/>
ten Verlaufe der Krankheit die Hu&#x0364;lfe oft zu &#x017F;pa&#x0364;t kommen<lb/>
kann) zu be&#x017F;timmen.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1048.</head><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Die Behandlung</hi> hat hier im Allgemeinen folgende<lb/>
Regeln genau zu beachten: 1) daß man, wie &#x017F;chon <hi rendition="#g">Boër</hi> <note place="foot" n="*)">Ver&#x017F;uche und Abhandlungen. 3. Thl. S. 195.</note><lb/>
anempfiehlt, jedem Anfalle einen gewißen Spielraum laße,<lb/>
die Kranke zwar durch ma&#x0364;ßiges Halten fu&#x0364;r Schaden hu&#x0364;te,<lb/>
aber &#x017F;ie nicht zu gewalt&#x017F;am einzwa&#x0364;nge, um durch vo&#x0364;llige<lb/>
Hinderung der Gliederbewegung, nicht innere Kra&#x0364;mpfe und<lb/>
La&#x0364;hmungen zu befo&#x0364;rdern. &#x2014; 2) Daß man vorzu&#x0364;glich auf<lb/>
Anwendung a&#x0364;ußerlicher Heilmittel &#x017F;ein Augenmerk richte, zu<lb/>
innerlichen Heilmitteln aber, welche hier oft &#x017F;o a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;chwer<lb/>
der Kranken beizubringen &#x017F;ind, nur kleine Gaben &#x017F;olcher Arz-<lb/>
nei&#x017F;toffe wa&#x0364;hle, welche &#x017F;chon in die&#x017F;er Gabe &#x017F;chnelle und kra&#x0364;f-<lb/>
tige Wirkung herbeifu&#x0364;hren ko&#x0364;nnen. &#x2014; 3) Daß man die Ge-<lb/>
burtshu&#x0364;lfliche innere Unter&#x017F;uchung anzu&#x017F;tellen nicht unterlaße,<lb/>
um &#x017F;ich von der vielleicht beginnenden Geburtstha&#x0364;tigkeit zu<lb/>
vergewißern.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>§. 1049.</head><lb/>
                  <p>Die &#x017F;peciellen Regeln fu&#x0364;r einzelne Fa&#x0364;lle hingegen wer-<lb/>
den &#x017F;ich nach den ur&#x017F;achlichen Bedingungen der Zufalle rich-<lb/>
ten. Bei den durch Ueberfu&#x0364;llung der Hirngefa&#x0364;ße bedingten<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0263] ich mehreremale beobachtet habe. — Uebrigens wirken dieſe Anfaͤlle auch nicht allein auf die Mutter, ſondern eben ſo ſehr auf das Kind nachtheilig, und gemeiniglich ſtirbt unter heftigen Convulſionen die Frucht ab, oder es werden ſelbſt durch die heftigen mechaniſchen Erſchuͤtterungen, Lostrennun- gen der Placenta, heftige Blutungen, Fruͤhgeburten, ja ſelbſt Zerreißungen des Uterus herbeigefuͤhrt. Im Speciellen iſt endlich noch die Prognoſe nach der groͤßern oder geringern Heftigkeit der Anfaͤlle, und nach dem Zeitpunkte in welchem die aͤrztliche Huͤlfe herbeigerufen wird (da bei dem hoͤchſt acu- ten Verlaufe der Krankheit die Huͤlfe oft zu ſpaͤt kommen kann) zu beſtimmen. §. 1048. Die Behandlung hat hier im Allgemeinen folgende Regeln genau zu beachten: 1) daß man, wie ſchon Boër *) anempfiehlt, jedem Anfalle einen gewißen Spielraum laße, die Kranke zwar durch maͤßiges Halten fuͤr Schaden huͤte, aber ſie nicht zu gewaltſam einzwaͤnge, um durch voͤllige Hinderung der Gliederbewegung, nicht innere Kraͤmpfe und Laͤhmungen zu befoͤrdern. — 2) Daß man vorzuͤglich auf Anwendung aͤußerlicher Heilmittel ſein Augenmerk richte, zu innerlichen Heilmitteln aber, welche hier oft ſo aͤußerſt ſchwer der Kranken beizubringen ſind, nur kleine Gaben ſolcher Arz- neiſtoffe waͤhle, welche ſchon in dieſer Gabe ſchnelle und kraͤf- tige Wirkung herbeifuͤhren koͤnnen. — 3) Daß man die Ge- burtshuͤlfliche innere Unterſuchung anzuſtellen nicht unterlaße, um ſich von der vielleicht beginnenden Geburtsthaͤtigkeit zu vergewißern. §. 1049. Die ſpeciellen Regeln fuͤr einzelne Faͤlle hingegen wer- den ſich nach den urſachlichen Bedingungen der Zufalle rich- ten. Bei den durch Ueberfuͤllung der Hirngefaͤße bedingten *) Verſuche und Abhandlungen. 3. Thl. S. 195.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/263
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/263>, abgerufen am 21.11.2024.