Lagen, so wie von den krebsartigen Verhärtungen und dem Scheidenbruche (Colpocele) noch einiges zu erinnern. Von falschen Lagen, wo der Gebärmuttergrund in das Scheiden- gewölbe herabgesunken ist, unterscheidet man aber diese Ge- schwülste durch die Beachtung der Richtung des Mutterhalses (s. §. 412.) und vorzüglich des Kanales im Mutterhalse Wäre z. B. das Steatom an der Rückwand des Uterus, so wird, wenn es hoch ansitzt, der Mutterhals rückwärts, wenn es tief sitzt, gegen den Schambogen gepreßt seyn, und in letzterem Falle das ganze Verhalten der Zurückbeugung dem ersten Anscheine nach vollkommen gleichen; allein untersucht man genauer, so findet man den Gang des Mutterhalses, anstatt daß er bey zurückgebeugtem Uterus schräg rück- und abwärts steigen sollte, vielmehr, wie gewöhnlich, ziemlich senkrecht. -- Von dem Skirrhus unterscheidet sich das Stea- tom durch seine beträchtlichere Größe und Hervorragung, und durch weit geringere oder ganz mangelnde Schmerzhaftigkeit. -- Von dem Scheidenbruche endlich, wo ebenfalls oft eine weiche Geschwulst in das Scheidengewölbe hereinragt, unterscheiden sich diese Auswüchse durch größere Festigkeit und vorzüglich durch Unbeweglichkeit, da hingegen bey dem Scheidenbruche die Geschwulst bey einer horizontalen Lage der Kranken nach einem angebrachten Drucke leicht zurück weicht.
§. 415.
Ueber die eigentliche Entstehung dieser verschiedenen Ausartungen sind noch nähere Aufschlüsse, als bisherige Un- tersuchungen geliefert haben, zu wünschen, nur so viel scheint mit Sicherheit angenommen werden zu können, daß sie als Produkte eines örtlichen krankhaften Wachsthums überhaupt, und nicht etwa als bloße Produkte vorausgegangener Entzün- dung anzusehen sind, daß sie entstehen, indem von dem dem Uterus vielleicht im Uebermaaß zugeführten Blut und plasti- schen Stoff, rohe, wegen Mangel wahrer energischer Lebens- thätigkeit nicht hinlänglich verarbeitete Massen sich ablagern, deren Substanz daher auch der Mischung nach unvollkommner bleibt (da der Mischung nach gewiß eben eine solche stufen-
I. Theil. 21
Lagen, ſo wie von den krebsartigen Verhaͤrtungen und dem Scheidenbruche (Colpocele) noch einiges zu erinnern. Von falſchen Lagen, wo der Gebaͤrmuttergrund in das Scheiden- gewoͤlbe herabgeſunken iſt, unterſcheidet man aber dieſe Ge- ſchwuͤlſte durch die Beachtung der Richtung des Mutterhalſes (ſ. §. 412.) und vorzuͤglich des Kanales im Mutterhalſe Waͤre z. B. das Steatom an der Ruͤckwand des Uterus, ſo wird, wenn es hoch anſitzt, der Mutterhals ruͤckwaͤrts, wenn es tief ſitzt, gegen den Schambogen gepreßt ſeyn, und in letzterem Falle das ganze Verhalten der Zuruͤckbeugung dem erſten Anſcheine nach vollkommen gleichen; allein unterſucht man genauer, ſo findet man den Gang des Mutterhalſes, anſtatt daß er bey zuruͤckgebeugtem Uterus ſchraͤg ruͤck- und abwaͤrts ſteigen ſollte, vielmehr, wie gewoͤhnlich, ziemlich ſenkrecht. — Von dem Skirrhus unterſcheidet ſich das Stea- tom durch ſeine betraͤchtlichere Groͤße und Hervorragung, und durch weit geringere oder ganz mangelnde Schmerzhaftigkeit. — Von dem Scheidenbruche endlich, wo ebenfalls oft eine weiche Geſchwulſt in das Scheidengewoͤlbe hereinragt, unterſcheiden ſich dieſe Auswuͤchſe durch groͤßere Feſtigkeit und vorzuͤglich durch Unbeweglichkeit, da hingegen bey dem Scheidenbruche die Geſchwulſt bey einer horizontalen Lage der Kranken nach einem angebrachten Drucke leicht zuruͤck weicht.
§. 415.
Ueber die eigentliche Entſtehung dieſer verſchiedenen Ausartungen ſind noch naͤhere Aufſchluͤſſe, als bisherige Un- terſuchungen geliefert haben, zu wuͤnſchen, nur ſo viel ſcheint mit Sicherheit angenommen werden zu koͤnnen, daß ſie als Produkte eines oͤrtlichen krankhaften Wachsthums uͤberhaupt, und nicht etwa als bloße Produkte vorausgegangener Entzuͤn- dung anzuſehen ſind, daß ſie entſtehen, indem von dem dem Uterus vielleicht im Uebermaaß zugefuͤhrten Blut und plaſti- ſchen Stoff, rohe, wegen Mangel wahrer energiſcher Lebens- thaͤtigkeit nicht hinlaͤnglich verarbeitete Maſſen ſich ablagern, deren Subſtanz daher auch der Miſchung nach unvollkommner bleibt (da der Miſchung nach gewiß eben eine ſolche ſtufen-
I. Theil. 21
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><divn="10"><p><pbfacs="#f0341"n="321"/>
Lagen, ſo wie von den krebsartigen Verhaͤrtungen und dem<lb/>
Scheidenbruche (<hirendition="#aq">Colpocele</hi>) noch einiges zu erinnern. Von<lb/>
falſchen Lagen, wo der Gebaͤrmuttergrund in das Scheiden-<lb/>
gewoͤlbe herabgeſunken iſt, unterſcheidet man aber dieſe Ge-<lb/>ſchwuͤlſte durch die Beachtung der Richtung des Mutterhalſes<lb/>
(ſ. §. 412.) und vorzuͤglich des Kanales im Mutterhalſe<lb/>
Waͤre z. B. das Steatom an der Ruͤckwand des Uterus, ſo<lb/>
wird, wenn es hoch anſitzt, der Mutterhals ruͤckwaͤrts, wenn<lb/>
es tief ſitzt, gegen den Schambogen gepreßt ſeyn, und in<lb/>
letzterem Falle das ganze Verhalten der Zuruͤckbeugung dem<lb/>
erſten Anſcheine nach vollkommen gleichen; allein unterſucht<lb/>
man genauer, ſo findet man den Gang des Mutterhalſes,<lb/>
anſtatt daß er bey zuruͤckgebeugtem Uterus ſchraͤg ruͤck- und<lb/>
abwaͤrts ſteigen ſollte, vielmehr, wie gewoͤhnlich, ziemlich<lb/>ſenkrecht. — Von dem Skirrhus unterſcheidet ſich das Stea-<lb/>
tom durch ſeine betraͤchtlichere Groͤße und Hervorragung, und<lb/>
durch weit geringere oder ganz mangelnde Schmerzhaftigkeit. —<lb/>
Von dem Scheidenbruche endlich, wo ebenfalls oft eine weiche<lb/>
Geſchwulſt in das Scheidengewoͤlbe hereinragt, unterſcheiden<lb/>ſich dieſe Auswuͤchſe durch groͤßere Feſtigkeit und vorzuͤglich<lb/>
durch Unbeweglichkeit, da hingegen bey dem Scheidenbruche<lb/>
die Geſchwulſt bey einer horizontalen Lage der Kranken nach<lb/>
einem angebrachten Drucke leicht zuruͤck weicht.</p></div><lb/><divn="10"><head>§. 415.</head><lb/><p>Ueber die eigentliche <hirendition="#g">Entſtehung</hi> dieſer verſchiedenen<lb/>
Ausartungen ſind noch naͤhere Aufſchluͤſſe, als bisherige Un-<lb/>
terſuchungen geliefert haben, zu wuͤnſchen, nur ſo viel ſcheint<lb/>
mit Sicherheit angenommen werden zu koͤnnen, daß ſie als<lb/>
Produkte eines oͤrtlichen krankhaften Wachsthums uͤberhaupt,<lb/>
und nicht etwa als bloße Produkte vorausgegangener Entzuͤn-<lb/>
dung anzuſehen ſind, daß ſie entſtehen, indem von dem dem<lb/>
Uterus vielleicht im Uebermaaß zugefuͤhrten Blut und plaſti-<lb/>ſchen Stoff, rohe, wegen Mangel wahrer energiſcher Lebens-<lb/>
thaͤtigkeit nicht hinlaͤnglich verarbeitete Maſſen ſich ablagern,<lb/>
deren Subſtanz daher auch der Miſchung nach unvollkommner<lb/>
bleibt (da der Miſchung nach gewiß eben eine ſolche ſtufen-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">I.</hi> Theil. 21</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[321/0341]
Lagen, ſo wie von den krebsartigen Verhaͤrtungen und dem
Scheidenbruche (Colpocele) noch einiges zu erinnern. Von
falſchen Lagen, wo der Gebaͤrmuttergrund in das Scheiden-
gewoͤlbe herabgeſunken iſt, unterſcheidet man aber dieſe Ge-
ſchwuͤlſte durch die Beachtung der Richtung des Mutterhalſes
(ſ. §. 412.) und vorzuͤglich des Kanales im Mutterhalſe
Waͤre z. B. das Steatom an der Ruͤckwand des Uterus, ſo
wird, wenn es hoch anſitzt, der Mutterhals ruͤckwaͤrts, wenn
es tief ſitzt, gegen den Schambogen gepreßt ſeyn, und in
letzterem Falle das ganze Verhalten der Zuruͤckbeugung dem
erſten Anſcheine nach vollkommen gleichen; allein unterſucht
man genauer, ſo findet man den Gang des Mutterhalſes,
anſtatt daß er bey zuruͤckgebeugtem Uterus ſchraͤg ruͤck- und
abwaͤrts ſteigen ſollte, vielmehr, wie gewoͤhnlich, ziemlich
ſenkrecht. — Von dem Skirrhus unterſcheidet ſich das Stea-
tom durch ſeine betraͤchtlichere Groͤße und Hervorragung, und
durch weit geringere oder ganz mangelnde Schmerzhaftigkeit. —
Von dem Scheidenbruche endlich, wo ebenfalls oft eine weiche
Geſchwulſt in das Scheidengewoͤlbe hereinragt, unterſcheiden
ſich dieſe Auswuͤchſe durch groͤßere Feſtigkeit und vorzuͤglich
durch Unbeweglichkeit, da hingegen bey dem Scheidenbruche
die Geſchwulſt bey einer horizontalen Lage der Kranken nach
einem angebrachten Drucke leicht zuruͤck weicht.
§. 415.
Ueber die eigentliche Entſtehung dieſer verſchiedenen
Ausartungen ſind noch naͤhere Aufſchluͤſſe, als bisherige Un-
terſuchungen geliefert haben, zu wuͤnſchen, nur ſo viel ſcheint
mit Sicherheit angenommen werden zu koͤnnen, daß ſie als
Produkte eines oͤrtlichen krankhaften Wachsthums uͤberhaupt,
und nicht etwa als bloße Produkte vorausgegangener Entzuͤn-
dung anzuſehen ſind, daß ſie entſtehen, indem von dem dem
Uterus vielleicht im Uebermaaß zugefuͤhrten Blut und plaſti-
ſchen Stoff, rohe, wegen Mangel wahrer energiſcher Lebens-
thaͤtigkeit nicht hinlaͤnglich verarbeitete Maſſen ſich ablagern,
deren Subſtanz daher auch der Miſchung nach unvollkommner
bleibt (da der Miſchung nach gewiß eben eine ſolche ſtufen-
I. Theil. 21
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/341>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.