Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

politischen Verhältnisse ein, ich schämte mich, ein Knecht mit
Knechten zu sein, einem vermoderten Fürstengeschlecht und
einem kriechenden Staatsdiener-Aristokratismus zu gefallen.
Ich komme nach Gießen in die widrigsten Verhältnisse,
Kummer und Widerwillen machen mich krank. *

16.


..... Das Treiben des "Burschen" kümmert mich
wenig, gestern Abend hat er von dem Philister Schläge be-
kommen. Man schrie Bursch heraus! Es kam aber
Niemand, als die Mitglieder zweier Verbindungen, die aber
den Universitätsrichter rufen mußten, um sich vor den Schuster-
und Schneiderbuben zu retten. Der Universitätsrichter war
betrunken und schimpfte die Bürger; es wundert mich, daß
er keine Schläge bekam; das Possierlichste ist, daß die Buben
liberal sind und sich daher an die loyal gesinnten Verbindungen
machten. Die Sache soll sich heute Abend wiederholen, man
munkelt sogar von einem Auszug; ich hoffe, daß der Bursche
wieder Schläge bekommt; wir halten zu den Bürgern und
bleiben in der Stadt. .....

17.


..... Was sagt man zu der Verurtheilung von
"Schulz?" **

* Der Hauptinhalt dieses Schreibens ist die Mittheilung über
sein Verhältniß zu Minna Jaegle; die obige Stelle, leider die einzige,
die erhalten geblieben, ist der Einleitung entnommen. F.
** Dr. Wilhelm Schulz, früher hessischer Lieutenant, später
G. Büchner's Werke. 22

politiſchen Verhältniſſe ein, ich ſchämte mich, ein Knecht mit
Knechten zu ſein, einem vermoderten Fürſtengeſchlecht und
einem kriechenden Staatsdiener-Ariſtokratismus zu gefallen.
Ich komme nach Gießen in die widrigſten Verhältniſſe,
Kummer und Widerwillen machen mich krank. *

16.


..... Das Treiben des "Burſchen" kümmert mich
wenig, geſtern Abend hat er von dem Philiſter Schläge be-
kommen. Man ſchrie Burſch heraus! Es kam aber
Niemand, als die Mitglieder zweier Verbindungen, die aber
den Univerſitätsrichter rufen mußten, um ſich vor den Schuſter-
und Schneiderbuben zu retten. Der Univerſitätsrichter war
betrunken und ſchimpfte die Bürger; es wundert mich, daß
er keine Schläge bekam; das Poſſierlichſte iſt, daß die Buben
liberal ſind und ſich daher an die loyal geſinnten Verbindungen
machten. Die Sache ſoll ſich heute Abend wiederholen, man
munkelt ſogar von einem Auszug; ich hoffe, daß der Burſche
wieder Schläge bekommt; wir halten zu den Bürgern und
bleiben in der Stadt. .....

17.


..... Was ſagt man zu der Verurtheilung von
"Schulz?" **

* Der Hauptinhalt dieſes Schreibens iſt die Mittheilung über
ſein Verhältniß zu Minna Jaeglé; die obige Stelle, leider die einzige,
die erhalten geblieben, iſt der Einleitung entnommen. F.
** Dr. Wilhelm Schulz, früher heſſiſcher Lieutenant, ſpäter
G. Büchner's Werke. 22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0533" n="337"/>
politi&#x017F;chen Verhältni&#x017F;&#x017F;e ein, ich &#x017F;chämte mich, ein Knecht mit<lb/>
Knechten zu &#x017F;ein, einem vermoderten Für&#x017F;tenge&#x017F;chlecht und<lb/>
einem kriechenden Staatsdiener-Ari&#x017F;tokratismus zu gefallen.<lb/>
Ich komme nach Gießen in die widrig&#x017F;ten Verhältni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
Kummer und Widerwillen machen mich krank. <note place="foot" n="*">Der Hauptinhalt die&#x017F;es Schreibens i&#x017F;t die Mittheilung über<lb/>
&#x017F;ein Verhältniß zu Minna Jaegl<hi rendition="#aq">é</hi>; die obige Stelle, leider die einzige,<lb/>
die erhalten geblieben, i&#x017F;t der Einleitung entnommen. <hi rendition="#et">F.</hi></note></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">16.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#g">Gießen</hi>, den 25. Mai 1834.</dateline><lb/>
            <p>..... Das Treiben des "<hi rendition="#g">Bur&#x017F;chen</hi>" kümmert mich<lb/>
wenig, ge&#x017F;tern Abend hat er von dem Phili&#x017F;ter Schläge be-<lb/>
kommen. Man &#x017F;chrie <hi rendition="#g">Bur&#x017F;ch heraus</hi>! Es kam aber<lb/>
Niemand, als die Mitglieder zweier Verbindungen, die aber<lb/>
den Univer&#x017F;itätsrichter rufen mußten, um &#x017F;ich vor den Schu&#x017F;ter-<lb/>
und Schneiderbuben zu retten. Der Univer&#x017F;itätsrichter war<lb/>
betrunken und &#x017F;chimpfte die Bürger; es wundert mich, daß<lb/>
er keine Schläge bekam; das Po&#x017F;&#x017F;ierlich&#x017F;te i&#x017F;t, daß die Buben<lb/>
liberal &#x017F;ind und &#x017F;ich daher an die loyal ge&#x017F;innten Verbindungen<lb/>
machten. Die Sache &#x017F;oll &#x017F;ich heute Abend wiederholen, man<lb/>
munkelt &#x017F;ogar von einem Auszug; ich hoffe, daß der Bur&#x017F;che<lb/>
wieder Schläge bekommt; <hi rendition="#g">wir</hi> halten zu den Bürgern und<lb/>
bleiben in der Stadt. .....</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">17.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#g">Gießen</hi>, den 2. Juli 1834.</dateline><lb/>
            <p>..... Was &#x017F;agt man zu der Verurtheilung von<lb/>
"<hi rendition="#g">Schulz</hi>?" <note xml:id="note-0533" next="#note-0534" place="foot" n="**"><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Wilhelm <hi rendition="#g">Schulz</hi>, früher he&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher Lieutenant, &#x017F;päter</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G. Büchner's Werke. 22</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0533] politiſchen Verhältniſſe ein, ich ſchämte mich, ein Knecht mit Knechten zu ſein, einem vermoderten Fürſtengeſchlecht und einem kriechenden Staatsdiener-Ariſtokratismus zu gefallen. Ich komme nach Gießen in die widrigſten Verhältniſſe, Kummer und Widerwillen machen mich krank. * 16. Gießen, den 25. Mai 1834. ..... Das Treiben des "Burſchen" kümmert mich wenig, geſtern Abend hat er von dem Philiſter Schläge be- kommen. Man ſchrie Burſch heraus! Es kam aber Niemand, als die Mitglieder zweier Verbindungen, die aber den Univerſitätsrichter rufen mußten, um ſich vor den Schuſter- und Schneiderbuben zu retten. Der Univerſitätsrichter war betrunken und ſchimpfte die Bürger; es wundert mich, daß er keine Schläge bekam; das Poſſierlichſte iſt, daß die Buben liberal ſind und ſich daher an die loyal geſinnten Verbindungen machten. Die Sache ſoll ſich heute Abend wiederholen, man munkelt ſogar von einem Auszug; ich hoffe, daß der Burſche wieder Schläge bekommt; wir halten zu den Bürgern und bleiben in der Stadt. ..... 17. Gießen, den 2. Juli 1834. ..... Was ſagt man zu der Verurtheilung von "Schulz?" ** * Der Hauptinhalt dieſes Schreibens iſt die Mittheilung über ſein Verhältniß zu Minna Jaeglé; die obige Stelle, leider die einzige, die erhalten geblieben, iſt der Einleitung entnommen. F. ** Dr. Wilhelm Schulz, früher heſſiſcher Lieutenant, ſpäter G. Büchner's Werke. 22

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/533
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/533>, abgerufen am 21.12.2024.