Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Des Christlichen Teutschen Herkules Anderes Buch. DIe Böhmischen Gesanten hatten gleich diesen Morgen unter sich abgeredet/ ih- ner J i
Des Chriſtlichen Teutſchen Herkules Anderes Buch. DIe Boͤhmiſchen Geſanten hatten gleich dieſen Morgen unter ſich abgeredet/ ih- ner J i
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Des Chriſtlichen Teutſchen
Herkules
Anderes Buch.
DIe Boͤhmiſchen Geſanten hatten gleich dieſen Morgen unter ſich abgeredet/ ih-
ren Herrn und Koͤnig umb gnaͤdigſte Erlaſſung zur Heimreiſe untertaͤhnigſt
zubegruͤſſen/ und wo moͤglich/ ſolgendes Tages ihren Ruͤkweg vorzunehmen/ der
ungezweifelten Hoffnung/ es wuͤrde ihr Koͤnig nunmehr ſeine Gedanken und
Vorſaz geendert/ und der fernen Reiſe ſich begeben haben/ ſo daß er entweder mit ſeinem
Gemahl eine zeitlang zu Padua verbleiben/ oder in kurzen nach Boͤhmen folgen/ und die
vollige Beherſchung antreten wuͤrde. Herkules wahr die Mahlzeit uͤber mit gleichmaͤſſi-
gen Gedanken beladen/ und wuſte nicht/ weſſen er ſich hinfuͤro zuverhalten haͤtte. Zwar er
kunte ihm nicht einbilden/ daß ſein lieber Ladiſla weiteꝛs noch mit ihm zureiſen ſolte geſon-
nen ſeyn/ nachdem er ſein herzgeliebtes Fraͤulein ſich hatte trauen und ehelich beylegen laſ-
ſen; jedoch weil er ſahe/ daß dieſe Verenderung ihm nicht das allergeringeſte von der alten
eingewurzelten Freundſchafft benam/ kunte er nichts gewiſſes ſchlieſſen/ vielweniger er-
ſinnen/ auff was weiſe er ſich wuͤrde von ihm trennen koͤnnen/ daß es mit ſeinem guten wil-
len geſchaͤhe; dann er wahr des ſteiffen Vorſatzes/ keines weges zu Padua oder in Boͤh-
men ſeine Jugend zuzubringẽ/ ehe er die Welt/ inſonderheit die beſchrihenen Reiche/ Grie-
chenland und Aſia/ auch wo moͤglich/ Egypten beſucht/ und daſelbſt Ritterſchafft geuͤbet
haͤtte. Weil er aber hierin ſo bald keinen gewiſſen Schluß machen kunte/ befahl er ſeinem
Gotte die Sache/ der ungezweifelten Hoffnung/ er wuͤrde alles nach ſeinem gnaͤdigen wil-
len ſchaffen und zum beſten ſchicken. Als er in dieſen Gedanken begriffen wahr/ trat ſein
Leibknabe Publius vor den Tiſch/ und meldete an/ es waͤhre ein verwundeter blutiger Reu-
ter in fremder Kleidung hauſſen vor dem Hof-Tohr/ deſſen Reden und Seufzen niemand
verſtehen koͤnte/ ohn daß er die Nahmen Wenzeſla und Ladiſla offt widerhohlete. Der
Stathalter hatte dem Wenzeſla die Ehre angetahn/ und ihn mit zur Mahlzeit gefodert/
und ſagte Herkules zu ihm: Lieber gehet doch hin/ und vernehmet/ obs etwan der Herren
Geſanten Diener einer ſey; dann ich mache mir die Gedanken/ ſie werden entweder unter
ſich ſelbſt/ oder mit andern in Zaͤnkerey Wunden gewechſelt haben. Der Knabe antwor-
tete: es waͤhren ihm der Herren Geſanten Diener alle miteinander ſehr wol bekant/ dieſer
aber waͤhre gar ein fremder/ und ſuͤhrete zween zimlich ſchwer beladene Maul Eſel an der
Hand. Wenzeſla ging eilends hinaus/ umb die eigentliche Warheit zuvernehmen/ und ſa-
he uͤber alles vermuhten in hoͤchſter Verwunderung ſeines Bruders Sohn Neklam vor
dem Tohr halten/ ganz blutig/ ſchwach und erſchrocken/ welchen er alsbald fragete/ wie die-
ſes zuginge/ und was vor Ungluͤk ihn alſo zugerichtet haͤtte. Dieſer ließ einen tieffen ſeuf-
zer aus ſeinem Herzen/ ſchlug die Haͤnde zuſammen/ und ſagete: O Verluſt uͤbeꝛ Verluſt/
Elend uͤber Elend! fing hiemit an ſo bitterlich zu weinen und ſich zu geberden/ daß er kein
Wort ausſprechen kunte. Wenzeſla erzitterte hieruͤber/ dann es wahr ihm Neklams feſter
Muht und ſteiffe Hartnaͤckigkeit wol bekant/ redete ihm dannoch ein/ das weibiſche weinen
zumaͤſſigen/ und den ſchweren unfall zuerzaͤhlen; Welcher darauff dieſe Worte als mit ei-
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