Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderes Buch.
ner ſtuͤrmenden Fluht heraus brach: Ach ach! ach des Jammers! unſer Fraͤulein Va-
lißka! ach unſer Fraͤulein Valißka iſt dieſen Morgen gefangen hinweg gefuͤhret/ und alle
ihre Leute erſchlagen. Kein Donnerſchlag haͤtte den Alten haͤrter treffen moͤgen/ als dieſe
elende Zeitung/ geſtaltſam er im Augenblik auff ſein Angeſicht zur Erden ſtuͤrzete/ und in
harter Ohmacht liegen blieb. Der Thorhuͤter erſahe dieſes/ hohlete eine Schale mit kal-
tem Waſſer/ legte ihn auff den Ruͤcken/ und netzete ihn unter dem Angeſichte; wodurch eꝛ
ſich wieder ermunterte/ ſtund auff/ und fragete Neklam/ ob er irgend ſeinen Wiz verlohren
haͤtte. Ja wol verlohren/ lieber Vetter/ ſagte dieſer; was ich leider nicht allein mit meinen
Augen angeſehen/ ſondern dabey drey zimliche Wunden empfangen habe/ kan ich wol be-
zeugen; und wolte Gott/ ich redete aus Aberwitz. Der Alte wuſte nicht/ was er vor Trau-
rigkeit und Herzensangſt taht oder redete/ und fragte weiter/ wo dann das Fraͤulein waͤh-
re. Ach/ ſagte er/ wann ich wuͤſte/ wohin ſie von den Raͤubern gefuͤhret worden/ koͤnte man
umb ſo viel beſſer jhnen nachſetzen. Wo aber/ und wann iſt dieſes geſchehen? fragete Wen-
zeſla weiter. Heut morgen ſehr fruͤh/ antwortete er/ in einem offenen Flecken/ vier Meile
von hinnen. Wie komt dann das Fraͤulein daher? ſagte der Alte; und antwortete ihm Ne-
klam: Sie iſt in Begleitung XL Reuter heruͤber gereiſet/ dem Hochzeit Feſte ihres Herrn
Bruders beyzuwohnen. O ihr Goͤtter/ ſagte Wenzeſla/ warum laſſet ihr uͤber die volkom-
menſte Blume dieſer Welt ein ſolches Ungluͤk aus? die euch doch nie mit keinem Worte
zuwider gelebet. Befahl hierauf dem Tohrhuͤter alsbald einen Arzt herzuhohlen/ damit die-
ſer Reuter/ welcher Herrn Ladiſla Diener/ verbunden/ und mit Speiſe und Trank gelabet
wuͤrde; Er aber faſſete ſelbſt ſein Pferd beym Zuͤgel/ fuͤhrete ihn ſamt den Maul Eſeln in
den Vorhof/ und ließ etliche anweſende Diener die Wetſcher abheben und auff den Eſſe-
Saal ihm nachtragen/ da er vorhin ging tod-bleich und zitternd/ als ein verurteileter
Menſch/ dem der Scharff Richter das Schwert uͤber dem Kopffe haͤlt. Ladiſla ſahe ihn hin-
ein treten/ und ſagte: Was Zeitung bringt ihr Wenzeſla? wie ſehe ich euer Angeſicht ſo
bleich und erſchrocken? nimmermehr gehet dieſes recht zu. O gnaͤdigſter; antwortete er;
mit welchem Worte er abermahl in Ohmacht fiel/ und alle viere von ſich ſtreckete. Die
Fraͤulein und andere anweſende entſetzeten ſich uͤber alle maſſe/ hieſſen die Diener ihn auff-
heben/ und Erquickung beybringen; welche allen fleiß anwendeten/ biß ſie jhn wieder zu-
rechte brachten. Herkules empfand unſaͤgliche Angſt in ſeiner Seele/ und ſagte zu Ladiſla
in Teutſcher Sprache: Mein Herz hat mir ohn zweifel vorher angedeutet/ welches wir
ſchier vernehmen werden/ und fehlet nicht/ es muß ſich ein ſehr ſchweres Ungluͤk zugetra-
gen haben/ welches eigentlich uns angehet; deßwegen lieber Bruder Ladiſla/ faſſe ein
ſtandfeſtes Herz/ und laß deinen Muht nicht ſinken. Herzlieber Bruder/ antwortete er/ ich
fuͤrchte ſehr boͤſe Zeitung von Hauſe/ wo die unſern nicht wol gar von unvermuhtlichen
Reichs Feinden/ Pannoniern oder andern/ gefaͤnglich hinweg gefuͤhret/ oder erſchlagen
ſind. Wir wollen ſo gar ein ungluͤkliches nicht hoffen/ ſagete Herkules/ wie wol es nicht
viel beſſer ſeyn moͤchte. Wenzeſla kam wieder zu ſich ſelbſt/ wrang die Haͤnde/ rauffte das
Haar/ und rieff alle Goͤtter umb Rettung an. Herkules kunte auff ſeiner Stelle nicht blei-
ben/ trat hin zu ihm/ und erinnerte ihn/ anzudeuten/ aus was Urſachen er ſich ſo klaͤglich
geberdete. O ſo erbarme es die Goͤtter/ ſagte er darauff/ daß ich dieſer leidigen Zeitung an-

bringer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/288
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/288>, abgerufen am 06.01.2025.