Jn diesem sonderbaren Jahr, da man, nach siebenzehn hundert Jahren, Noch vierzig schrieb, hat unsre Fläch' der Welt was sonder- lichs erfahren. DerWinter war entsetzlich kalt. Wie man sich nicht erinnern kann, Daß solches ehedem geschehen; fing er schon im October an, Und währte bis im Junius; da sah man zwar kein Eis nicht mehr, Doch war so gar im Julius die Luft noch nicht von Kälte leer. Kein Regen fiel, kein Gras erschien. So wie die Kälte erst gethan, So hinderte die strenge Dürre, betrübt genug, nun auch daran. Wodurch das Vieh, so fast verkam, annoch in äusserster Gefahr, Vor Hunger umzukommen, war. Ein nie erlebter Sommer folgt dem nie erlebten Winter nach, Da noch die ganz besondre Kälte sich selten nur verringert hat. Heut ist Bartholomäus Tag, Und dennoch steht im Wetter-Glase die Kält' auf drey und dreißig Grad. Den Frühling fühlt' und sah man nicht. Es ist kein Som- mer fast zu spühren. Es scheint in diesem Jahre fast der Herbst den Winter zu berühren,
Ohn'
Das kalte und doch
Das kalte und doch geſegnete Jahr 1740.
Jn dieſem ſonderbaren Jahr, da man, nach ſiebenzehn hundert Jahren, Noch vierzig ſchrieb, hat unſre Flaͤch’ der Welt was ſonder- lichs erfahren. DerWinter war entſetzlich kalt. Wie man ſich nicht erinnern kann, Daß ſolches ehedem geſchehen; fing er ſchon im October an, Und waͤhrte bis im Junius; da ſah man zwar kein Eis nicht mehr, Doch war ſo gar im Julius die Luft noch nicht von Kaͤlte leer. Kein Regen fiel, kein Gras erſchien. So wie die Kaͤlte erſt gethan, So hinderte die ſtrenge Duͤrre, betruͤbt genug, nun auch daran. Wodurch das Vieh, ſo faſt verkam, annoch in aͤuſſerſter Gefahr, Vor Hunger umzukommen, war. Ein nie erlebter Sommer folgt dem nie erlebten Winter nach, Da noch die ganz beſondre Kaͤlte ſich ſelten nur verringert hat. Heut iſt Bartholomaͤus Tag, Und dennoch ſteht im Wetter-Glaſe die Kaͤlt’ auf drey und dreißig Grad. Den Fruͤhling fuͤhlt’ und ſah man nicht. Es iſt kein Som- mer faſt zu ſpuͤhren. Es ſcheint in dieſem Jahre faſt der Herbſt den Winter zu beruͤhren,
Ohn’
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Das kalte und doch
Das kalte
und doch geſegnete Jahr 1740.
Jn dieſem ſonderbaren Jahr, da man, nach ſiebenzehn
hundert Jahren,
Noch vierzig ſchrieb, hat unſre Flaͤch’ der Welt was ſonder-
lichs erfahren.
DerWinter war entſetzlich kalt. Wie man ſich nicht erinnern
kann,
Daß ſolches ehedem geſchehen; fing er ſchon im October an,
Und waͤhrte bis im Junius; da ſah man zwar kein Eis nicht
mehr,
Doch war ſo gar im Julius die Luft noch nicht von Kaͤlte
leer.
Kein Regen fiel, kein Gras erſchien. So wie die Kaͤlte erſt
gethan,
So hinderte die ſtrenge Duͤrre, betruͤbt genug, nun auch
daran.
Wodurch das Vieh, ſo faſt verkam, annoch in aͤuſſerſter
Gefahr,
Vor Hunger umzukommen, war.
Ein nie erlebter Sommer folgt dem nie erlebten Winter
nach,
Da noch die ganz beſondre Kaͤlte ſich ſelten nur verringert
hat.
Heut iſt Bartholomaͤus Tag,
Und dennoch ſteht im Wetter-Glaſe die Kaͤlt’ auf drey und
dreißig Grad.
Den Fruͤhling fuͤhlt’ und ſah man nicht. Es iſt kein Som-
mer faſt zu ſpuͤhren.
Es ſcheint in dieſem Jahre faſt der Herbſt den Winter zu
beruͤhren,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/418>, abgerufen am 21.11.2024.
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