Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtung der Erndte,
1736.
Geliebte Menschen, sehet! sehet!
Wie itzt der Segen abgemähet,
Jn schwehren Garben aufgehöhet,
Hier in so süsser Ordnung stehet!
Es seh' ihn, wer da sehen kann,
Mit Lust, doch nicht ohn' Ehrfurcht, an,
Erwegt, was ihr für Menschen wäret,
Würd' euch nicht von des Himmels Gunst,
Jn der beliebten Land-Bau-Kunst,
Was uns so nöhtig, nicht beschehret!
Erweget, was dazu gehöret,
Eh' das, was hier itzt aufgehäuft,
Gesä't, gewachsen, sich vermehret,
Und endlich auch nunmehr gereift!
Jch spreche nicht vom Pflügen, Egen,
Vom Düngen, Säen und vom Mäh'n,
Als Dingen, die von uns geschehn;
Jch spreche von des Himmels Segen,
Vom Sonnen-Schein, vom Thau, vom Regen,
Erweget doch der Zeiten Länge,
Die zu dem allen nöhtig war!
Es sind ja fast drey viertel Jahr.
Erweget der Minuten Menge,
Die GOtt euch wollen günstig gönnen,
Und die euch alle schaden können!
Wie viele Monat', mehr noch Wochen,
Wie mancher Tag, wie manche Nacht,
Sind
Betrachtung der Erndte,
1736.
Geliebte Menſchen, ſehet! ſehet!
Wie itzt der Segen abgemaͤhet,
Jn ſchwehren Garben aufgehoͤhet,
Hier in ſo ſuͤſſer Ordnung ſtehet!
Es ſeh’ ihn, wer da ſehen kann,
Mit Luſt, doch nicht ohn’ Ehrfurcht, an,
Erwegt, was ihr fuͤr Menſchen waͤret,
Wuͤrd’ euch nicht von des Himmels Gunſt,
Jn der beliebten Land-Bau-Kunſt,
Was uns ſo noͤhtig, nicht beſchehret!
Erweget, was dazu gehoͤret,
Eh’ das, was hier itzt aufgehaͤuft,
Geſaͤ’t, gewachſen, ſich vermehret,
Und endlich auch nunmehr gereift!
Jch ſpreche nicht vom Pfluͤgen, Egen,
Vom Duͤngen, Saͤen und vom Maͤh’n,
Als Dingen, die von uns geſchehn;
Jch ſpreche von des Himmels Segen,
Vom Sonnen-Schein, vom Thau, vom Regen,
Erweget doch der Zeiten Laͤnge,
Die zu dem allen noͤhtig war!
Es ſind ja faſt drey viertel Jahr.
Erweget der Minuten Menge,
Die GOtt euch wollen guͤnſtig goͤnnen,
Und die euch alle ſchaden koͤnnen!
Wie viele Monat’, mehr noch Wochen,
Wie mancher Tag, wie manche Nacht,
Sind
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0276" n="258"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Betrachtung der Erndte,<lb/><hi rendition="#g">1736</hi>.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">G</hi>eliebte Men&#x017F;chen, &#x017F;ehet! &#x017F;ehet!</l><lb/>
                <l>Wie itzt der Segen abgema&#x0364;het,</l><lb/>
                <l>Jn &#x017F;chwehren Garben aufgeho&#x0364;het,</l><lb/>
                <l>Hier in &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Ordnung &#x017F;tehet!</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;eh&#x2019; ihn, wer da &#x017F;ehen kann,</l><lb/>
                <l>Mit Lu&#x017F;t, doch nicht ohn&#x2019; Ehrfurcht, an,</l><lb/>
                <l>Erwegt, was ihr fu&#x0364;r Men&#x017F;chen wa&#x0364;ret,</l><lb/>
                <l>Wu&#x0364;rd&#x2019; euch nicht von des Himmels Gun&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Jn der beliebten Land-Bau-Kun&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Was uns &#x017F;o no&#x0364;htig, nicht be&#x017F;chehret!</l><lb/>
                <l>Erweget, was dazu geho&#x0364;ret,</l><lb/>
                <l>Eh&#x2019; das, was hier itzt aufgeha&#x0364;uft,</l><lb/>
                <l>Ge&#x017F;a&#x0364;&#x2019;t, gewach&#x017F;en, &#x017F;ich vermehret,</l><lb/>
                <l>Und endlich auch nunmehr gereift!</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jch &#x017F;preche nicht vom Pflu&#x0364;gen, Egen,</l><lb/>
                <l>Vom Du&#x0364;ngen, Sa&#x0364;en und vom Ma&#x0364;h&#x2019;n,</l><lb/>
                <l>Als Dingen, die von uns ge&#x017F;chehn;</l><lb/>
                <l>Jch &#x017F;preche von des Himmels Segen,</l><lb/>
                <l>Vom Sonnen-Schein, vom Thau, vom Regen,</l><lb/>
                <l>Erweget doch der Zeiten La&#x0364;nge,</l><lb/>
                <l>Die zu dem allen no&#x0364;htig war!</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;ind ja fa&#x017F;t drey viertel Jahr.</l><lb/>
                <l>Erweget der Minuten Menge,</l><lb/>
                <l>Die GOtt euch wollen gu&#x0364;n&#x017F;tig go&#x0364;nnen,</l><lb/>
                <l>Und die euch alle &#x017F;chaden ko&#x0364;nnen!</l><lb/>
                <l>Wie viele Monat&#x2019;, mehr noch Wochen,</l><lb/>
                <l>Wie mancher Tag, wie manche Nacht,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Sind</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0276] Betrachtung der Erndte, 1736. Geliebte Menſchen, ſehet! ſehet! Wie itzt der Segen abgemaͤhet, Jn ſchwehren Garben aufgehoͤhet, Hier in ſo ſuͤſſer Ordnung ſtehet! Es ſeh’ ihn, wer da ſehen kann, Mit Luſt, doch nicht ohn’ Ehrfurcht, an, Erwegt, was ihr fuͤr Menſchen waͤret, Wuͤrd’ euch nicht von des Himmels Gunſt, Jn der beliebten Land-Bau-Kunſt, Was uns ſo noͤhtig, nicht beſchehret! Erweget, was dazu gehoͤret, Eh’ das, was hier itzt aufgehaͤuft, Geſaͤ’t, gewachſen, ſich vermehret, Und endlich auch nunmehr gereift! Jch ſpreche nicht vom Pfluͤgen, Egen, Vom Duͤngen, Saͤen und vom Maͤh’n, Als Dingen, die von uns geſchehn; Jch ſpreche von des Himmels Segen, Vom Sonnen-Schein, vom Thau, vom Regen, Erweget doch der Zeiten Laͤnge, Die zu dem allen noͤhtig war! Es ſind ja faſt drey viertel Jahr. Erweget der Minuten Menge, Die GOtt euch wollen guͤnſtig goͤnnen, Und die euch alle ſchaden koͤnnen! Wie viele Monat’, mehr noch Wochen, Wie mancher Tag, wie manche Nacht, Sind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/276
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/276>, abgerufen am 21.12.2024.