Die Erde sahe jüngst der Lüffte schönes blau, Mit einem kleinen Neid, halb eifersüchtig an, Und sprach: stoltziere nur, mit deinem blauem Licht, So übermüthig nicht, Weil ich, sowol als du, dergleichen zeigen kann. Schau mein Ultramarin; betrachte, wie der Pfau Jm blauen Schimmer prangt; schau den Sapphir. Vor allen Kann ich dir der Gentianellen Fast blendend blan entgegen stellen. Jhr voller Glantz muß dir, Trotz deiner blauen Zier, Noch mehr als du dir selbst gefallen kannst, gefallen. Die Lufft nahm diesen Hohn für kein Verhöhnen an; Vielmehr besahe sie, vergnügt und sonder Neid, Von diesem schönen Frühlings-Kinde, Das dem Saphir fast gleiche Kleid, Und lispelte darauf gelinde Der Erde diese Worte zu: Jch sehe deinen Schmuck nicht sonder Freuden. Warüm besiehest du Den meinen nicht auf gleiche Weise? Laß uns doch, ohn uns zu beneiden, Uns, da wir alle beide schön, Mit Freud und Aumuth, Dem zum Preise, Der unser aller Quell und Ursprung ist, besehn! Laß uns vielmehr uns in die Wette schmücken; Damit, wenn Geister uns erblicken,
Die
B
Fabel.
Fabel.
Die Erde ſahe juͤngſt der Luͤffte ſchoͤnes blau, Mit einem kleinen Neid, halb eiferſuͤchtig an, Und ſprach: ſtoltziere nur, mit deinem blauem Licht, So uͤbermuͤthig nicht, Weil ich, ſowol als du, dergleichen zeigen kann. Schau mein Ultramarin; betrachte, wie der Pfau Jm blauen Schimmer prangt; ſchau den Sapphir. Vor allen Kann ich dir der Gentianellen Faſt blendend blan entgegen ſtellen. Jhr voller Glantz muß dir, Trotz deiner blauen Zier, Noch mehr als du dir ſelbſt gefallen kannſt, gefallen. Die Lufft nahm dieſen Hohn fuͤr kein Verhoͤhnen an; Vielmehr beſahe ſie, vergnuͤgt und ſonder Neid, Von dieſem ſchoͤnen Fruͤhlings-Kinde, Das dem Saphir faſt gleiche Kleid, Und liſpelte darauf gelinde Der Erde dieſe Worte zu: Jch ſehe deinen Schmuck nicht ſonder Freuden. Waruͤm beſieheſt du Den meinen nicht auf gleiche Weiſe? Laß uns doch, ohn uns zu beneiden, Uns, da wir alle beide ſchoͤn, Mit Freud und Aumuth, Dem zum Preiſe, Der unſer aller Quell und Urſprung iſt, beſehn! Laß uns vielmehr uns in die Wette ſchmuͤcken; Damit, wenn Geiſter uns erblicken,
Die
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Fabel.
Fabel.
Die Erde ſahe juͤngſt der Luͤffte ſchoͤnes blau,
Mit einem kleinen Neid, halb eiferſuͤchtig an,
Und ſprach: ſtoltziere nur, mit deinem blauem Licht,
So uͤbermuͤthig nicht,
Weil ich, ſowol als du, dergleichen zeigen kann.
Schau mein Ultramarin; betrachte, wie der Pfau
Jm blauen Schimmer prangt; ſchau den Sapphir. Vor
allen
Kann ich dir der Gentianellen
Faſt blendend blan entgegen ſtellen.
Jhr voller Glantz muß dir,
Trotz deiner blauen Zier,
Noch mehr als du dir ſelbſt gefallen kannſt, gefallen.
Die Lufft nahm dieſen Hohn fuͤr kein Verhoͤhnen an;
Vielmehr beſahe ſie, vergnuͤgt und ſonder Neid,
Von dieſem ſchoͤnen Fruͤhlings-Kinde,
Das dem Saphir faſt gleiche Kleid,
Und liſpelte darauf gelinde
Der Erde dieſe Worte zu:
Jch ſehe deinen Schmuck nicht ſonder Freuden.
Waruͤm beſieheſt du
Den meinen nicht auf gleiche Weiſe?
Laß uns doch, ohn uns zu beneiden,
Uns, da wir alle beide ſchoͤn,
Mit Freud und Aumuth, Dem zum Preiſe,
Der unſer aller Quell und Urſprung iſt, beſehn!
Laß uns vielmehr uns in die Wette ſchmuͤcken;
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/49>, abgerufen am 22.02.2025.
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