Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Bestraffung der Unachtsamkeit.
Sinn-reiche Bestraffung der Un-
achtsamkeit.
Jüngst hört' ich abermahl, du Auszug weiser Geister,
Der edlen Hammon-Stadt berühmter Bürgermeister,
Du theurer Anderson, ein Wort von dir,
So würdig, damit es beständig bleibe,
Daß man's in festen Stahl, und harten Marmor schreibe.
Als iemand dich beschäfftigt fand,
Durch ein Vergrössrungs-Glas ein Würmchen anzuseheu,
Und, wie es Dein bedachtsamer Verstand
Nach allen Theilen durchzugehen
Sich viele Mühe nahm, gewahr ward, auch sogleich,
Wie es doch möglich sey, ein so verächtlich Thier
So mühsam zu besehn, mit ernstem Schertz, ja schier
Mit halben Hohn-Gelächter, fragte;
So hört' ich, wie Dein Mund ihm dieß zur Antwort sagte:
Es hielte GOTT der HERR, der Schöpfer aller Dinge
Dieß kleine Thier nicht zu geringe:
Das ew'ge Wort, die Quell der Himmel und der Erden
Hielt' es der Schöpfung wehrt, und hieß dieß Würmchen
werden:

Und ich sollt es nicht wehrt, es zu betrachten,
Ja nicht einmahl des Ansehns würdig, achten?


Ver-
K
Beſtraffung der Unachtſamkeit.
Sinn-reiche Beſtraffung der Un-
achtſamkeit.
Juͤngſt hoͤrt’ ich abermahl, du Auszug weiſer Geiſter,
Der edlen Hammon-Stadt beruͤhmter Buͤrgermeiſter,
Du theurer Anderſon, ein Wort von dir,
So wuͤrdig, damit es beſtaͤndig bleibe,
Daß man’s in feſten Stahl, und harten Marmor ſchreibe.
Als iemand dich beſchaͤfftigt fand,
Durch ein Vergroͤſſrungs-Glas ein Wuͤrmchen anzuſeheu,
Und, wie es Dein bedachtſamer Verſtand
Nach allen Theilen durchzugehen
Sich viele Muͤhe nahm, gewahr ward, auch ſogleich,
Wie es doch moͤglich ſey, ein ſo veraͤchtlich Thier
So muͤhſam zu beſehn, mit ernſtem Schertz, ja ſchier
Mit halben Hohn-Gelaͤchter, fragte;
So hoͤrt’ ich, wie Dein Mund ihm dieß zur Antwort ſagte:
Es hielte GOTT der HERR, der Schoͤpfer aller Dinge
Dieß kleine Thier nicht zu geringe:
Das ew’ge Wort, die Quell der Himmel und der Erden
Hielt’ es der Schoͤpfung wehrt, und hieß dieß Wuͤrmchen
werden:

Und ich ſollt es nicht wehrt, es zu betrachten,
Ja nicht einmahl des Anſehns wuͤrdig, achten?


Ver-
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0177" n="145"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Be&#x017F;traffung der Unacht&#x017F;amkeit.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Sinn-reiche Be&#x017F;traffung der Un-<lb/>
acht&#x017F;amkeit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>u&#x0364;ng&#x017F;t ho&#x0364;rt&#x2019; ich abermahl, du Auszug wei&#x017F;er Gei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Der edlen Hammon-Stadt beru&#x0364;hmter Bu&#x0364;rgermei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Du theurer <hi rendition="#fr">Ander&#x017F;on,</hi> ein Wort von dir,</l><lb/>
              <l>So wu&#x0364;rdig, damit es be&#x017F;ta&#x0364;ndig bleibe,</l><lb/>
              <l>Daß man&#x2019;s in fe&#x017F;ten Stahl, und harten Marmor &#x017F;chreibe.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Als iemand dich be&#x017F;cha&#x0364;fftigt fand,</l><lb/>
              <l>Durch ein Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;rungs-Glas ein Wu&#x0364;rmchen anzu&#x017F;eheu,</l><lb/>
              <l>Und, wie es Dein bedacht&#x017F;amer Ver&#x017F;tand</l><lb/>
              <l>Nach allen Theilen durchzugehen</l><lb/>
              <l>Sich viele Mu&#x0364;he nahm, gewahr ward, auch &#x017F;ogleich,</l><lb/>
              <l>Wie es doch mo&#x0364;glich &#x017F;ey, ein &#x017F;o vera&#x0364;chtlich Thier</l><lb/>
              <l>So mu&#x0364;h&#x017F;am zu be&#x017F;ehn, mit ern&#x017F;tem Schertz, ja &#x017F;chier</l><lb/>
              <l>Mit halben Hohn-Gela&#x0364;chter, fragte;</l><lb/>
              <l>So ho&#x0364;rt&#x2019; ich, wie Dein Mund ihm dieß zur Antwort &#x017F;agte:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Es hielte GOTT der HERR, der Scho&#x0364;pfer aller Dinge</l><lb/>
              <l>Dieß kleine Thier nicht zu geringe:</l><lb/>
              <l>Das ew&#x2019;ge Wort, die Quell der Himmel und der Erden</l><lb/>
              <l>Hielt&#x2019; es der Scho&#x0364;pfung wehrt, und hieß dieß Wu&#x0364;rmchen<lb/><hi rendition="#et">werden:</hi></l><lb/>
              <l>Und ich &#x017F;ollt es nicht wehrt, es zu betrachten,</l><lb/>
              <l>Ja nicht einmahl des An&#x017F;ehns wu&#x0364;rdig, achten?</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">K</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ver-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0177] Beſtraffung der Unachtſamkeit. Sinn-reiche Beſtraffung der Un- achtſamkeit. Juͤngſt hoͤrt’ ich abermahl, du Auszug weiſer Geiſter, Der edlen Hammon-Stadt beruͤhmter Buͤrgermeiſter, Du theurer Anderſon, ein Wort von dir, So wuͤrdig, damit es beſtaͤndig bleibe, Daß man’s in feſten Stahl, und harten Marmor ſchreibe. Als iemand dich beſchaͤfftigt fand, Durch ein Vergroͤſſrungs-Glas ein Wuͤrmchen anzuſeheu, Und, wie es Dein bedachtſamer Verſtand Nach allen Theilen durchzugehen Sich viele Muͤhe nahm, gewahr ward, auch ſogleich, Wie es doch moͤglich ſey, ein ſo veraͤchtlich Thier So muͤhſam zu beſehn, mit ernſtem Schertz, ja ſchier Mit halben Hohn-Gelaͤchter, fragte; So hoͤrt’ ich, wie Dein Mund ihm dieß zur Antwort ſagte: Es hielte GOTT der HERR, der Schoͤpfer aller Dinge Dieß kleine Thier nicht zu geringe: Das ew’ge Wort, die Quell der Himmel und der Erden Hielt’ es der Schoͤpfung wehrt, und hieß dieß Wuͤrmchen werden: Und ich ſollt es nicht wehrt, es zu betrachten, Ja nicht einmahl des Anſehns wuͤrdig, achten? Ver- K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/177
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/177>, abgerufen am 21.12.2024.