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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Raubbeutelthiere.

Die Nahrung des Zebrawolfs besteht aus allen kleineren Thieren, welche er erlangen und über-
wältigen kann, und zwar aus Wirbelthieren ebensowohl, als aus niederen Thieren, von den Kerb-
thieren und Weichthieren an bis zu den Strahlenthieren herab. Wo die Gebirge bis nahe an die
Seeküsten reichen und die Ansiedler noch nicht festen Fuß gefaßt haben, streift er zur Nacht am
Strande umher und schnüffelt und sucht die verschiedenartigsten Thiere zusammen, welche die Wellen
ausgeworfen haben. Muschel- und andere Weichthiere, welche so häufig gefunden werden, scheinen
die Hauptmasse seiner Mahlzeiten zu bilden, falls ihm das Glück nicht wohl will und ihm die See
ein Leckergericht bereitet, indem sie ihm einen halb verfaulten Fisch oder Seehund an den Strand
wirft. Aber der Zebrawolf unternimmt auch schwierigere Jagden. Auf den grasreichen Ebenen
und in den niedrigen, parkähnlichen Waldungen verfolgt er das schnelle Buschkänguru und in
den Flüssen und Tümpeln das Schnabelthier, trotz dessen Schwimm- und Tauchfertigkeit. Wenn
er besonders hungrig ist, verschmäht er keine Speise und läßt sich nicht einmal von dem spitzigen
Kleide des Ameisenigels zurückschrecken; so unglaublich es auch scheint, daß ein Raubthier eine
Beute verzehren kann, deren Haut mit nadelscharfen Stacheln besetzt ist, so gewiß weiß man Dies
von dem Beutelwolf; denn man hat Ueberreste des Stachelfelles von dem Ameisenigel in seinem
Magen gefunden.

Man fängt das Thier, wenn es seine Raubzüge bis zu den Ansiedlungen ausdehnt, in Fallen
oder jagt es mit Hunden. Letzteren gegenüber versteht es sich sehr gut zu vertheidigen und zeigt
dabei eine Wildheit und Bösartigkeit, welche zu seiner geringen Größe ganz unverhältnißmäßig ist.
Jm Nothfalle kämpft es wahrhaft verzweifelt und macht einer ganzen Hundemente zu schaffen. Ja es
ist sogar vorgekommen, daß es diese wirklich verscheuchte.

Ueber das Gefangenleben des Beutelwolfs ist noch wenig bekannt. Einige behaupten, daß er
scheu, dummträge und unzähmbar sei, sich auch schwer erhalten lasse etc. Dem widersprechen, wenig-
stens theilweise, neuere Berichte. Die zoologische Gesellschaft in London besaß drei Beutelwölfe --
die einzigen, welche jemals lebend nach Europa kamen -- im Thiergarten von Regent-Park, und
ein Weibchen davon lebt dort seit dem Jahre 1849, also bereits zwölf Jahre. Dieses Weibchen
wurde etwa 30 englische Meilen nordöstlich von Launigston am Patrickflusse in Schlingen gefangen
und zunächst in einem halb ausgebauten Hause untergebracht. Hier war es äußerst lebhaft, machte
Sätze von 6 bis 8 Fuß Höhe und kletterte im Gebälk mit der Behendigkeit einer Katze umher. Man
fütterte diesen und andere Beutelwölfe mit Hammelfleisch und beobachtete, daß sie dieses allem anderen
Fleische vorzogen. Das Fleisch des Wombat, welches man frischgefangenen Beutelwölfen als
billigstes Futter reichen wollte, wurde von ihnen nicht angerührt.



Jn demselben Lande findet sich noch ein Familienverwandter des Beutelwolfs, welcher seiner
äußeren Erscheinung nach zwischen den Bären und Mardern ungefähr in der Mitte steht: Der
bärenartige Raubbeutler (Diabolus ursinus) oder, wie die Ansiedler ihn nennen: der einge-
borne Teufel. Diesen bedeutungsvollen Namen erhielt das Thier wegen seiner unglaublichen Wild-
heit und Unzähmbarkeit, und man behauptet, daß ihm mit dieser Bezeichnung gar nicht zuviel ge-
schehen wäre. Alle Beobachter sind einstimmig, daß man sich kaum ein ungemüthlicheres, tolleres,
unsinnigeres und wüthenderes Geschöpf denken könne, als diesen Teufel unter den Beutelthieren,
dessen schlechte Laune und Aerger niemals endet und dessen Zorn bei der geringsten Gelegenheit in
hellen Flammen auflodert. Nicht einmal in der Gefangenschaft und bei der sorgfältigsten Pflege
verliert der Teufel seine Eigenschaften und niemals lernt er Den kennen oder lieben, welcher ihn mit
Nahrung versieht und Pflege angedeihen läßt, sondern greift auch seinen Wärter mit derselben Ge-
hässigkeit und sinnlosen Wuth an, wie jedes andere Wesen, welches sich ihm zu nahen wagt. Bei
dieser widerwärtigen Grimmigkeit fällt die seinem Namen allerdings widersprechende Dummheit und
Trägheit unangenehm auf. Der Beutelteufel schläft entweder in dem dunkelften Winkel seines

Die Raubbeutelthiere.

Die Nahrung des Zebrawolfs beſteht aus allen kleineren Thieren, welche er erlangen und über-
wältigen kann, und zwar aus Wirbelthieren ebenſowohl, als aus niederen Thieren, von den Kerb-
thieren und Weichthieren an bis zu den Strahlenthieren herab. Wo die Gebirge bis nahe an die
Seeküſten reichen und die Anſiedler noch nicht feſten Fuß gefaßt haben, ſtreift er zur Nacht am
Strande umher und ſchnüffelt und ſucht die verſchiedenartigſten Thiere zuſammen, welche die Wellen
ausgeworfen haben. Muſchel- und andere Weichthiere, welche ſo häufig gefunden werden, ſcheinen
die Hauptmaſſe ſeiner Mahlzeiten zu bilden, falls ihm das Glück nicht wohl will und ihm die See
ein Leckergericht bereitet, indem ſie ihm einen halb verfaulten Fiſch oder Seehund an den Strand
wirft. Aber der Zebrawolf unternimmt auch ſchwierigere Jagden. Auf den grasreichen Ebenen
und in den niedrigen, parkähnlichen Waldungen verfolgt er das ſchnelle Buſchkänguru und in
den Flüſſen und Tümpeln das Schnabelthier, trotz deſſen Schwimm- und Tauchfertigkeit. Wenn
er beſonders hungrig iſt, verſchmäht er keine Speiſe und läßt ſich nicht einmal von dem ſpitzigen
Kleide des Ameiſenigels zurückſchrecken; ſo unglaublich es auch ſcheint, daß ein Raubthier eine
Beute verzehren kann, deren Haut mit nadelſcharfen Stacheln beſetzt iſt, ſo gewiß weiß man Dies
von dem Beutelwolf; denn man hat Ueberreſte des Stachelfelles von dem Ameiſenigel in ſeinem
Magen gefunden.

Man fängt das Thier, wenn es ſeine Raubzüge bis zu den Anſiedlungen ausdehnt, in Fallen
oder jagt es mit Hunden. Letzteren gegenüber verſteht es ſich ſehr gut zu vertheidigen und zeigt
dabei eine Wildheit und Bösartigkeit, welche zu ſeiner geringen Größe ganz unverhältnißmäßig iſt.
Jm Nothfalle kämpft es wahrhaft verzweifelt und macht einer ganzen Hundemente zu ſchaffen. Ja es
iſt ſogar vorgekommen, daß es dieſe wirklich verſcheuchte.

Ueber das Gefangenleben des Beutelwolfs iſt noch wenig bekannt. Einige behaupten, daß er
ſcheu, dummträge und unzähmbar ſei, ſich auch ſchwer erhalten laſſe ꝛc. Dem widerſprechen, wenig-
ſtens theilweiſe, neuere Berichte. Die zoologiſche Geſellſchaft in London beſaß drei Beutelwölfe —
die einzigen, welche jemals lebend nach Europa kamen — im Thiergarten von Regent-Park, und
ein Weibchen davon lebt dort ſeit dem Jahre 1849, alſo bereits zwölf Jahre. Dieſes Weibchen
wurde etwa 30 engliſche Meilen nordöſtlich von Launigſton am Patrickfluſſe in Schlingen gefangen
und zunächſt in einem halb ausgebauten Hauſe untergebracht. Hier war es äußerſt lebhaft, machte
Sätze von 6 bis 8 Fuß Höhe und kletterte im Gebälk mit der Behendigkeit einer Katze umher. Man
fütterte dieſen und andere Beutelwölfe mit Hammelfleiſch und beobachtete, daß ſie dieſes allem anderen
Fleiſche vorzogen. Das Fleiſch des Wombat, welches man friſchgefangenen Beutelwölfen als
billigſtes Futter reichen wollte, wurde von ihnen nicht angerührt.



Jn demſelben Lande findet ſich noch ein Familienverwandter des Beutelwolfs, welcher ſeiner
äußeren Erſcheinung nach zwiſchen den Bären und Mardern ungefähr in der Mitte ſteht: Der
bärenartige Raubbeutler (Diabolus ursinus) oder, wie die Anſiedler ihn nennen: der einge-
borne Teufel. Dieſen bedeutungsvollen Namen erhielt das Thier wegen ſeiner unglaublichen Wild-
heit und Unzähmbarkeit, und man behauptet, daß ihm mit dieſer Bezeichnung gar nicht zuviel ge-
ſchehen wäre. Alle Beobachter ſind einſtimmig, daß man ſich kaum ein ungemüthlicheres, tolleres,
unſinnigeres und wüthenderes Geſchöpf denken könne, als dieſen Teufel unter den Beutelthieren,
deſſen ſchlechte Laune und Aerger niemals endet und deſſen Zorn bei der geringſten Gelegenheit in
hellen Flammen auflodert. Nicht einmal in der Gefangenſchaft und bei der ſorgfältigſten Pflege
verliert der Teufel ſeine Eigenſchaften und niemals lernt er Den kennen oder lieben, welcher ihn mit
Nahrung verſieht und Pflege angedeihen läßt, ſondern greift auch ſeinen Wärter mit derſelben Ge-
häſſigkeit und ſinnloſen Wuth an, wie jedes andere Weſen, welches ſich ihm zu nahen wagt. Bei
dieſer widerwärtigen Grimmigkeit fällt die ſeinem Namen allerdings widerſprechende Dummheit und
Trägheit unangenehm auf. Der Beutelteufel ſchläft entweder in dem dunkelften Winkel ſeines

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[6/0018] Die Raubbeutelthiere. Die Nahrung des Zebrawolfs beſteht aus allen kleineren Thieren, welche er erlangen und über- wältigen kann, und zwar aus Wirbelthieren ebenſowohl, als aus niederen Thieren, von den Kerb- thieren und Weichthieren an bis zu den Strahlenthieren herab. Wo die Gebirge bis nahe an die Seeküſten reichen und die Anſiedler noch nicht feſten Fuß gefaßt haben, ſtreift er zur Nacht am Strande umher und ſchnüffelt und ſucht die verſchiedenartigſten Thiere zuſammen, welche die Wellen ausgeworfen haben. Muſchel- und andere Weichthiere, welche ſo häufig gefunden werden, ſcheinen die Hauptmaſſe ſeiner Mahlzeiten zu bilden, falls ihm das Glück nicht wohl will und ihm die See ein Leckergericht bereitet, indem ſie ihm einen halb verfaulten Fiſch oder Seehund an den Strand wirft. Aber der Zebrawolf unternimmt auch ſchwierigere Jagden. Auf den grasreichen Ebenen und in den niedrigen, parkähnlichen Waldungen verfolgt er das ſchnelle Buſchkänguru und in den Flüſſen und Tümpeln das Schnabelthier, trotz deſſen Schwimm- und Tauchfertigkeit. Wenn er beſonders hungrig iſt, verſchmäht er keine Speiſe und läßt ſich nicht einmal von dem ſpitzigen Kleide des Ameiſenigels zurückſchrecken; ſo unglaublich es auch ſcheint, daß ein Raubthier eine Beute verzehren kann, deren Haut mit nadelſcharfen Stacheln beſetzt iſt, ſo gewiß weiß man Dies von dem Beutelwolf; denn man hat Ueberreſte des Stachelfelles von dem Ameiſenigel in ſeinem Magen gefunden. Man fängt das Thier, wenn es ſeine Raubzüge bis zu den Anſiedlungen ausdehnt, in Fallen oder jagt es mit Hunden. Letzteren gegenüber verſteht es ſich ſehr gut zu vertheidigen und zeigt dabei eine Wildheit und Bösartigkeit, welche zu ſeiner geringen Größe ganz unverhältnißmäßig iſt. Jm Nothfalle kämpft es wahrhaft verzweifelt und macht einer ganzen Hundemente zu ſchaffen. Ja es iſt ſogar vorgekommen, daß es dieſe wirklich verſcheuchte. Ueber das Gefangenleben des Beutelwolfs iſt noch wenig bekannt. Einige behaupten, daß er ſcheu, dummträge und unzähmbar ſei, ſich auch ſchwer erhalten laſſe ꝛc. Dem widerſprechen, wenig- ſtens theilweiſe, neuere Berichte. Die zoologiſche Geſellſchaft in London beſaß drei Beutelwölfe — die einzigen, welche jemals lebend nach Europa kamen — im Thiergarten von Regent-Park, und ein Weibchen davon lebt dort ſeit dem Jahre 1849, alſo bereits zwölf Jahre. Dieſes Weibchen wurde etwa 30 engliſche Meilen nordöſtlich von Launigſton am Patrickfluſſe in Schlingen gefangen und zunächſt in einem halb ausgebauten Hauſe untergebracht. Hier war es äußerſt lebhaft, machte Sätze von 6 bis 8 Fuß Höhe und kletterte im Gebälk mit der Behendigkeit einer Katze umher. Man fütterte dieſen und andere Beutelwölfe mit Hammelfleiſch und beobachtete, daß ſie dieſes allem anderen Fleiſche vorzogen. Das Fleiſch des Wombat, welches man friſchgefangenen Beutelwölfen als billigſtes Futter reichen wollte, wurde von ihnen nicht angerührt. Jn demſelben Lande findet ſich noch ein Familienverwandter des Beutelwolfs, welcher ſeiner äußeren Erſcheinung nach zwiſchen den Bären und Mardern ungefähr in der Mitte ſteht: Der bärenartige Raubbeutler (Diabolus ursinus) oder, wie die Anſiedler ihn nennen: der einge- borne Teufel. Dieſen bedeutungsvollen Namen erhielt das Thier wegen ſeiner unglaublichen Wild- heit und Unzähmbarkeit, und man behauptet, daß ihm mit dieſer Bezeichnung gar nicht zuviel ge- ſchehen wäre. Alle Beobachter ſind einſtimmig, daß man ſich kaum ein ungemüthlicheres, tolleres, unſinnigeres und wüthenderes Geſchöpf denken könne, als dieſen Teufel unter den Beutelthieren, deſſen ſchlechte Laune und Aerger niemals endet und deſſen Zorn bei der geringſten Gelegenheit in hellen Flammen auflodert. Nicht einmal in der Gefangenſchaft und bei der ſorgfältigſten Pflege verliert der Teufel ſeine Eigenſchaften und niemals lernt er Den kennen oder lieben, welcher ihn mit Nahrung verſieht und Pflege angedeihen läßt, ſondern greift auch ſeinen Wärter mit derſelben Ge- häſſigkeit und ſinnloſen Wuth an, wie jedes andere Weſen, welches ſich ihm zu nahen wagt. Bei dieſer widerwärtigen Grimmigkeit fällt die ſeinem Namen allerdings widerſprechende Dummheit und Trägheit unangenehm auf. Der Beutelteufel ſchläft entweder in dem dunkelften Winkel ſeines

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/18>, abgerufen am 26.04.2024.