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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf.

Das Thier bewohnt ausschließlich Tasmanien oder Vandiemensland, während sein vor-
weltlicher Verwandter auf Neuholland gefunden wurde. Jn den ersten Tagen der europäischen An-
siedlung fand sich der Beutelwolf sehr häufig, zum größten Nachtheil und Aerger der Viehzüchter,
deren Schafherden und Geflügelbeständen er fleißigen Besuch abstattete. Jn der Folge vertrieb ihn
das Feuergewehr mehr und mehr, und so ist er gegenwärtig schon in das Jnnere zurückgedrängt worden.
Die Hampshire- und Woolnorshberge sind gegenwärtig seine hauptsächlichsten Zufluchtsorte, und hier
findet man ihn noch immer in hinreichender Anzahl, am häufigsten in einer Höhe von etwa 3000 Fuß
über dem Meere. Felsspalten in dunklen, dem Menschen fast undurchdringlichen Schluchten, natür-
liche oder selbst gegrabene tiefe Höhlen bilden seine Zufluchtsorte während des Tages, und von hier
aus unternimmt er seine Raubzüge. Er ist ein nächtliches Thier und scheut das helle Licht im hohen

[Abbildung] Der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus).
Grade. Die außerordentliche Empfindlichkeit seiner Augen gegen die Tageshelle verräth das unauf-
hörliche Zucken der Nickhaut: -- keine Eule kann das Auge sorgsamer als er vor dem widerwär-
tigen Glanze des Lichtes zu schützen suchen. Wahrscheinlich wegen dieser Empfindlichkeit ist er bei
Tage langsam und ungeschickt; bei Nacht dagegen zeigt er sich als ein ganz anderes Thier. Er ist
dann munter, rege und sogar wild und gefährlich, scheut keinen Kampf und geht meistens als Sie-
ger hervor, weil seine einzigen Feinde eben blos Hunde sein können. Wenn er auch nicht der wil-
deste aller Raubbeutler ist, übertrifft er doch seine sämmtlichen Familienverwandten an Stärke und
Kühnheit und verdient auch aus diesem Grunde vollkommen seinen Namen. Er ist wirklich ein
echter Wolf und richtet in seiner Heimat im Verhältniß zu seiner bedeutend geringeren Größe ebenso-
viel Schaden an, als sein nördlicher starker Namensvetter.

Der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf.

Das Thier bewohnt ausſchließlich Tasmanien oder Vandiemensland, während ſein vor-
weltlicher Verwandter auf Neuholland gefunden wurde. Jn den erſten Tagen der europäiſchen An-
ſiedlung fand ſich der Beutelwolf ſehr häufig, zum größten Nachtheil und Aerger der Viehzüchter,
deren Schafherden und Geflügelbeſtänden er fleißigen Beſuch abſtattete. Jn der Folge vertrieb ihn
das Feuergewehr mehr und mehr, und ſo iſt er gegenwärtig ſchon in das Jnnere zurückgedrängt worden.
Die Hampſhire- und Woolnorſhberge ſind gegenwärtig ſeine hauptſächlichſten Zufluchtsorte, und hier
findet man ihn noch immer in hinreichender Anzahl, am häufigſten in einer Höhe von etwa 3000 Fuß
über dem Meere. Felsſpalten in dunklen, dem Menſchen faſt undurchdringlichen Schluchten, natür-
liche oder ſelbſt gegrabene tiefe Höhlen bilden ſeine Zufluchtsorte während des Tages, und von hier
aus unternimmt er ſeine Raubzüge. Er iſt ein nächtliches Thier und ſcheut das helle Licht im hohen

[Abbildung] Der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus).
Grade. Die außerordentliche Empfindlichkeit ſeiner Augen gegen die Tageshelle verräth das unauf-
hörliche Zucken der Nickhaut: — keine Eule kann das Auge ſorgſamer als er vor dem widerwär-
tigen Glanze des Lichtes zu ſchützen ſuchen. Wahrſcheinlich wegen dieſer Empfindlichkeit iſt er bei
Tage langſam und ungeſchickt; bei Nacht dagegen zeigt er ſich als ein ganz anderes Thier. Er iſt
dann munter, rege und ſogar wild und gefährlich, ſcheut keinen Kampf und geht meiſtens als Sie-
ger hervor, weil ſeine einzigen Feinde eben blos Hunde ſein können. Wenn er auch nicht der wil-
deſte aller Raubbeutler iſt, übertrifft er doch ſeine ſämmtlichen Familienverwandten an Stärke und
Kühnheit und verdient auch aus dieſem Grunde vollkommen ſeinen Namen. Er iſt wirklich ein
echter Wolf und richtet in ſeiner Heimat im Verhältniß zu ſeiner bedeutend geringeren Größe ebenſo-
viel Schaden an, als ſein nördlicher ſtarker Namensvetter.

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[5/0017] Der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf. Das Thier bewohnt ausſchließlich Tasmanien oder Vandiemensland, während ſein vor- weltlicher Verwandter auf Neuholland gefunden wurde. Jn den erſten Tagen der europäiſchen An- ſiedlung fand ſich der Beutelwolf ſehr häufig, zum größten Nachtheil und Aerger der Viehzüchter, deren Schafherden und Geflügelbeſtänden er fleißigen Beſuch abſtattete. Jn der Folge vertrieb ihn das Feuergewehr mehr und mehr, und ſo iſt er gegenwärtig ſchon in das Jnnere zurückgedrängt worden. Die Hampſhire- und Woolnorſhberge ſind gegenwärtig ſeine hauptſächlichſten Zufluchtsorte, und hier findet man ihn noch immer in hinreichender Anzahl, am häufigſten in einer Höhe von etwa 3000 Fuß über dem Meere. Felsſpalten in dunklen, dem Menſchen faſt undurchdringlichen Schluchten, natür- liche oder ſelbſt gegrabene tiefe Höhlen bilden ſeine Zufluchtsorte während des Tages, und von hier aus unternimmt er ſeine Raubzüge. Er iſt ein nächtliches Thier und ſcheut das helle Licht im hohen [Abbildung Der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus).] Grade. Die außerordentliche Empfindlichkeit ſeiner Augen gegen die Tageshelle verräth das unauf- hörliche Zucken der Nickhaut: — keine Eule kann das Auge ſorgſamer als er vor dem widerwär- tigen Glanze des Lichtes zu ſchützen ſuchen. Wahrſcheinlich wegen dieſer Empfindlichkeit iſt er bei Tage langſam und ungeſchickt; bei Nacht dagegen zeigt er ſich als ein ganz anderes Thier. Er iſt dann munter, rege und ſogar wild und gefährlich, ſcheut keinen Kampf und geht meiſtens als Sie- ger hervor, weil ſeine einzigen Feinde eben blos Hunde ſein können. Wenn er auch nicht der wil- deſte aller Raubbeutler iſt, übertrifft er doch ſeine ſämmtlichen Familienverwandten an Stärke und Kühnheit und verdient auch aus dieſem Grunde vollkommen ſeinen Namen. Er iſt wirklich ein echter Wolf und richtet in ſeiner Heimat im Verhältniß zu ſeiner bedeutend geringeren Größe ebenſo- viel Schaden an, als ſein nördlicher ſtarker Namensvetter.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/17>, abgerufen am 29.03.2024.