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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der bärenartige Raubbeutler.
Käsigs, oder fletscht sein furchtbares Gebiß und beißt rasend um sich, sobald er glaubt, den sich ihm
Nähernden Etwas versetzen zu können: in diesen Zornesausbrüchen gibt er die einzige geistige Thätig-
keit kund, deren er fähig zu sein scheint.

Wie der lateinische Name zeigt, gilt unser Thier als Vertreter einer besonderen Sippe. Er
unterscheidet sich auch so wesentlich von dem Beutelwolf, daß man ihn nicht wohl mit diesem ver-
einigen kann. Ein gedrungener, untersetzter, bärenartiger Körperbau mit kurzem, breiten Kopf,
mittelhohen Beinen, nacktsohligen Füßen und Zehen, welche mit großen Sichelkrallen bewehrt sind,
ein dicker Schwanz von halber Körperlänge mit einem Nagel an der Spitze, kleine, wüthend fun-
kelnde Augen, kurze, sehr breite Ohren und starke Schnurren sind die Kennzeichen dieser Sippe.
Die Körperlänge des Beutelteufels beträgt zwei Fuß und die des Schwanzes einen Fuß. Der grobe
Pelz ist schwarz, am Kopfe, den Untertheilen und dem Schwanze braunschwarz; auf der Brust und
den Vorderbeinen sowie am Kreuze und den Schenkeln treten weiße Binden hervor, welche auffallend
von der übrigen Färbung abstechen. Das Gepräge dieser Zeichnung ist überall dasselbe, obgleich be-
merkenswerthe Abänderungen in der Größe und Gestalt der lichten Flecken beobachtet worden sind.
Das Gebiß zeigt geschlossene Zahnreihen ohne Lücken mit sehr starken Eckzähnen. Der Schädel
zeichnet sich durch Kürze und Breite des Schnauzentheiles aus.

[Abbildung] Der bärenartige Raubbeutler (Diabolus ursinus).

Jm Anfange machte der Teufel den Ansiedlern auf Vandiemensland viel zu schaffen, weil er
ihre Geflügelzucht fast ganz vereitelte. Nach Marderart brach er allnächtlich in den Hühnerhof ein
und wüthete hier mit einer Blutgier, wie sie eben nur ein Marder zeigen kann. Er wurde daher von
allem Anfange an grimmig gehaßt und auf das Rachsüchtigste verfolgt, zumal nachdem man sein
Fleisch wohlschmeckend oder wenigstens genießbar gefunden hatte. Fallen aller Art wurden gelegt,
große Jagden veranstaltet, und so kam es, daß auch dieser Teufel sehr bald die Herrschaft und den
Verstand des Menschen erkennen und fürchten lernte und sich in die dicksten, unzugänglichsten Forsten
in den Gebirgen zurückzog. Jn vielen Gegenden ist er bereits vollkommen ausgerottet, und auch da,
wo er noch ziemlich häufig vorkommt, wird er jetzt nur ziemlich selten bemerkt.

Er ist ein echtes Nachtthier und scheut das Tageslicht im gleichen Grade, wie der Beutelwolf
oder wie eine unserer Eulen. Das Licht scheint ihm wirklich Schmerzen zu verursachen; wenigstens
hat man an Gefangenen beobachtet, daß sie, wenn man sie ins Helle brachte, augenblicklich mit einer
gewissen Hast oder Aengstlichkeit die dunkelste Stelle ihres Käfigs aufsuchten, sich mit dem lichtabge-
wandten Gesicht zusammenkauerten und auch hier noch durch beständiges Bewegen ihrer Nickhaut
die Augen gegen die wirklich schmerzhaften Einwirkungen des Lichtes zu schützen suchten. Auch der

Der bärenartige Raubbeutler.
Käſigs, oder fletſcht ſein furchtbares Gebiß und beißt raſend um ſich, ſobald er glaubt, den ſich ihm
Nähernden Etwas verſetzen zu können: in dieſen Zornesausbrüchen gibt er die einzige geiſtige Thätig-
keit kund, deren er fähig zu ſein ſcheint.

Wie der lateiniſche Name zeigt, gilt unſer Thier als Vertreter einer beſonderen Sippe. Er
unterſcheidet ſich auch ſo weſentlich von dem Beutelwolf, daß man ihn nicht wohl mit dieſem ver-
einigen kann. Ein gedrungener, unterſetzter, bärenartiger Körperbau mit kurzem, breiten Kopf,
mittelhohen Beinen, nacktſohligen Füßen und Zehen, welche mit großen Sichelkrallen bewehrt ſind,
ein dicker Schwanz von halber Körperlänge mit einem Nagel an der Spitze, kleine, wüthend fun-
kelnde Augen, kurze, ſehr breite Ohren und ſtarke Schnurren ſind die Kennzeichen dieſer Sippe.
Die Körperlänge des Beutelteufels beträgt zwei Fuß und die des Schwanzes einen Fuß. Der grobe
Pelz iſt ſchwarz, am Kopfe, den Untertheilen und dem Schwanze braunſchwarz; auf der Bruſt und
den Vorderbeinen ſowie am Kreuze und den Schenkeln treten weiße Binden hervor, welche auffallend
von der übrigen Färbung abſtechen. Das Gepräge dieſer Zeichnung iſt überall daſſelbe, obgleich be-
merkenswerthe Abänderungen in der Größe und Geſtalt der lichten Flecken beobachtet worden ſind.
Das Gebiß zeigt geſchloſſene Zahnreihen ohne Lücken mit ſehr ſtarken Eckzähnen. Der Schädel
zeichnet ſich durch Kürze und Breite des Schnauzentheiles aus.

[Abbildung] Der bärenartige Raubbeutler (Diabolus ursinus).

Jm Anfange machte der Teufel den Anſiedlern auf Vandiemensland viel zu ſchaffen, weil er
ihre Geflügelzucht faſt ganz vereitelte. Nach Marderart brach er allnächtlich in den Hühnerhof ein
und wüthete hier mit einer Blutgier, wie ſie eben nur ein Marder zeigen kann. Er wurde daher von
allem Anfange an grimmig gehaßt und auf das Rachſüchtigſte verfolgt, zumal nachdem man ſein
Fleiſch wohlſchmeckend oder wenigſtens genießbar gefunden hatte. Fallen aller Art wurden gelegt,
große Jagden veranſtaltet, und ſo kam es, daß auch dieſer Teufel ſehr bald die Herrſchaft und den
Verſtand des Menſchen erkennen und fürchten lernte und ſich in die dickſten, unzugänglichſten Forſten
in den Gebirgen zurückzog. Jn vielen Gegenden iſt er bereits vollkommen ausgerottet, und auch da,
wo er noch ziemlich häufig vorkommt, wird er jetzt nur ziemlich ſelten bemerkt.

Er iſt ein echtes Nachtthier und ſcheut das Tageslicht im gleichen Grade, wie der Beutelwolf
oder wie eine unſerer Eulen. Das Licht ſcheint ihm wirklich Schmerzen zu verurſachen; wenigſtens
hat man an Gefangenen beobachtet, daß ſie, wenn man ſie ins Helle brachte, augenblicklich mit einer
gewiſſen Haſt oder Aengſtlichkeit die dunkelſte Stelle ihres Käfigs aufſuchten, ſich mit dem lichtabge-
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die Augen gegen die wirklich ſchmerzhaften Einwirkungen des Lichtes zu ſchützen ſuchten. Auch der

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[7/0019] Der bärenartige Raubbeutler. Käſigs, oder fletſcht ſein furchtbares Gebiß und beißt raſend um ſich, ſobald er glaubt, den ſich ihm Nähernden Etwas verſetzen zu können: in dieſen Zornesausbrüchen gibt er die einzige geiſtige Thätig- keit kund, deren er fähig zu ſein ſcheint. Wie der lateiniſche Name zeigt, gilt unſer Thier als Vertreter einer beſonderen Sippe. Er unterſcheidet ſich auch ſo weſentlich von dem Beutelwolf, daß man ihn nicht wohl mit dieſem ver- einigen kann. Ein gedrungener, unterſetzter, bärenartiger Körperbau mit kurzem, breiten Kopf, mittelhohen Beinen, nacktſohligen Füßen und Zehen, welche mit großen Sichelkrallen bewehrt ſind, ein dicker Schwanz von halber Körperlänge mit einem Nagel an der Spitze, kleine, wüthend fun- kelnde Augen, kurze, ſehr breite Ohren und ſtarke Schnurren ſind die Kennzeichen dieſer Sippe. Die Körperlänge des Beutelteufels beträgt zwei Fuß und die des Schwanzes einen Fuß. Der grobe Pelz iſt ſchwarz, am Kopfe, den Untertheilen und dem Schwanze braunſchwarz; auf der Bruſt und den Vorderbeinen ſowie am Kreuze und den Schenkeln treten weiße Binden hervor, welche auffallend von der übrigen Färbung abſtechen. Das Gepräge dieſer Zeichnung iſt überall daſſelbe, obgleich be- merkenswerthe Abänderungen in der Größe und Geſtalt der lichten Flecken beobachtet worden ſind. Das Gebiß zeigt geſchloſſene Zahnreihen ohne Lücken mit ſehr ſtarken Eckzähnen. Der Schädel zeichnet ſich durch Kürze und Breite des Schnauzentheiles aus. [Abbildung Der bärenartige Raubbeutler (Diabolus ursinus).] Jm Anfange machte der Teufel den Anſiedlern auf Vandiemensland viel zu ſchaffen, weil er ihre Geflügelzucht faſt ganz vereitelte. Nach Marderart brach er allnächtlich in den Hühnerhof ein und wüthete hier mit einer Blutgier, wie ſie eben nur ein Marder zeigen kann. Er wurde daher von allem Anfange an grimmig gehaßt und auf das Rachſüchtigſte verfolgt, zumal nachdem man ſein Fleiſch wohlſchmeckend oder wenigſtens genießbar gefunden hatte. Fallen aller Art wurden gelegt, große Jagden veranſtaltet, und ſo kam es, daß auch dieſer Teufel ſehr bald die Herrſchaft und den Verſtand des Menſchen erkennen und fürchten lernte und ſich in die dickſten, unzugänglichſten Forſten in den Gebirgen zurückzog. Jn vielen Gegenden iſt er bereits vollkommen ausgerottet, und auch da, wo er noch ziemlich häufig vorkommt, wird er jetzt nur ziemlich ſelten bemerkt. Er iſt ein echtes Nachtthier und ſcheut das Tageslicht im gleichen Grade, wie der Beutelwolf oder wie eine unſerer Eulen. Das Licht ſcheint ihm wirklich Schmerzen zu verurſachen; wenigſtens hat man an Gefangenen beobachtet, daß ſie, wenn man ſie ins Helle brachte, augenblicklich mit einer gewiſſen Haſt oder Aengſtlichkeit die dunkelſte Stelle ihres Käfigs aufſuchten, ſich mit dem lichtabge- wandten Geſicht zuſammenkauerten und auch hier noch durch beſtändiges Bewegen ihrer Nickhaut die Augen gegen die wirklich ſchmerzhaften Einwirkungen des Lichtes zu ſchützen ſuchten. Auch der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/19>, abgerufen am 29.03.2024.