Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.im Frieden seinen Abschied. -- Anfangs wollten mir XV. Wohin, und wie lang. Drey Jahre hatte ich so meine Heerde gehütet; sie im Frieden ſeinen Abſchied. — Anfangs wollten mir XV. Wohin, und wie lang. Drey Jahre hatte ich ſo meine Heerde gehuͤtet; ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="25"/> im Frieden ſeinen Abſchied. — Anfangs wollten mir<lb/> die Geiſſen, deren ich bis 30. Stuͤck hatte, kein gut<lb/> thun; das machte mich wild, und ich verſucht’ es,<lb/> ihnen mit Steinen und Pruͤgeln den Meiſter zu zei-<lb/> gen; aber ſie zeigten ihn mir; ich mußte alſo die<lb/> glatten Wort’ und das Streicheln und Schmeicheln<lb/> zur Hand nehmen. Da thaten ſie, was ich wollte.<lb/> Auf die vorige Art hingegen verſcheucht’ ich ſie ſo,<lb/> daß ich oft nicht mehr wußte was anfangen, wenn<lb/> ſie alle ins Holz und Geſtraͤuch liefen, und ich meiſt<lb/> rundum keine einzige mehr erblicken konnte, halbe<lb/> Tage herumlaufen, pfeifen und jolen, ſie an den<lb/> Galgen verwuͤnſchen, bruͤlen und lamentiren mußte,<lb/> bis ich ſie wieder bey einander hatte.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">XV.</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">Wohin, und wie lang</hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>rey Jahre hatte ich ſo meine Heerde gehuͤtet; ſie<lb/> ward immer groͤſſer, zuletzt uͤber 100. Koͤpf, mir<lb/> immer lieber, und ich ihnen. Im Herbſt und Fruͤh-<lb/> ling fuhren wir auf die benachbarten Verge, oft<lb/> bis zwey Stunden weit. Im Sommer hingegen<lb/> durft’ ich nirgends huͤten, als im Kohlwald; eine<lb/> mehr als Stund weite Wuͤſteney, wo kein recht Stuͤck<lb/> Vieh waiden kann. Dann gieng’s zur <hi rendition="#fr">Aueralp</hi>,<lb/> zum Kloſter <hi rendition="#fr">St. Maria</hi> gehoͤrig, lauter Wald,<lb/> oder dann Kohlplaͤtz und Geſtraͤuch; manches dunkle<lb/> Tobel und ſteile Felswand, an denen noch die beßte<lb/> Geißweid zu finden war. Von unſerm <hi rendition="#fr">Dreyſchlatt</hi><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0041]
im Frieden ſeinen Abſchied. — Anfangs wollten mir
die Geiſſen, deren ich bis 30. Stuͤck hatte, kein gut
thun; das machte mich wild, und ich verſucht’ es,
ihnen mit Steinen und Pruͤgeln den Meiſter zu zei-
gen; aber ſie zeigten ihn mir; ich mußte alſo die
glatten Wort’ und das Streicheln und Schmeicheln
zur Hand nehmen. Da thaten ſie, was ich wollte.
Auf die vorige Art hingegen verſcheucht’ ich ſie ſo,
daß ich oft nicht mehr wußte was anfangen, wenn
ſie alle ins Holz und Geſtraͤuch liefen, und ich meiſt
rundum keine einzige mehr erblicken konnte, halbe
Tage herumlaufen, pfeifen und jolen, ſie an den
Galgen verwuͤnſchen, bruͤlen und lamentiren mußte,
bis ich ſie wieder bey einander hatte.
XV.
Wohin, und wie lang.
Drey Jahre hatte ich ſo meine Heerde gehuͤtet; ſie
ward immer groͤſſer, zuletzt uͤber 100. Koͤpf, mir
immer lieber, und ich ihnen. Im Herbſt und Fruͤh-
ling fuhren wir auf die benachbarten Verge, oft
bis zwey Stunden weit. Im Sommer hingegen
durft’ ich nirgends huͤten, als im Kohlwald; eine
mehr als Stund weite Wuͤſteney, wo kein recht Stuͤck
Vieh waiden kann. Dann gieng’s zur Aueralp,
zum Kloſter St. Maria gehoͤrig, lauter Wald,
oder dann Kohlplaͤtz und Geſtraͤuch; manches dunkle
Tobel und ſteile Felswand, an denen noch die beßte
Geißweid zu finden war. Von unſerm Dreyſchlatt
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