eben ganz unabänderlich an bestimmte Materia- lien gebunden, sondern wissen sich auch im Nothfall nach den Umstanden zu bequemen, und in Ermangelung ihres eigentlichen Stoffs, andern in substituiren. So machen die Rothkehlgen ihr Nest gewöhnlich aus Eichenlaub, mit unter aber doch auch aus Moos, Haaren, Wolle etc. Und Zeisgen, oder andere zahme Sangvögel, die zuweilen im Zimmer nisten, behelfen sich mit Wappen, Zwirn, Papierspänen und ähnlichen Ingredienzen. Die meisten Vögel füttern ihr Nest inwendig noch besonders mit ganz weichen Pflaumen, Wolle etc. zur Bequemlichkeit und Wärme aus.
§. 80.
Wenn sattsame Materialien aus einen Hau- fen zusammen gebracht worden, so setzt sich die Mutter daraus nieder, dreht Kopf und Füsse nach allen Seiten hin und her, mißt den Raum für sich und ihre künftige Familie, webt und flicht sodann alles durch einander, und giebt ihrem Neste die Gestalt, die ihrer Lebensart und den Bedürfnissen der Jungen aufs ge- naueste entspricht. Die Form der Nester ist bald mehr bald minder künstlich. Manche Vö- gel, wie die Schnepfen, Trappen, Kybitze etc. machen sich blos ein dürres Lager von Reisholz und Strohhalmen aus der platten Erde: andere tra- gen sich nur ein weiches kunstloses Bett in Lö-
eben ganz unabänderlich an bestimmte Materia- lien gebunden, sondern wissen sich auch im Nothfall nach den Umstanden zu bequemen, und in Ermangelung ihres eigentlichen Stoffs, andern in substituiren. So machen die Rothkehlgen ihr Nest gewöhnlich aus Eichenlaub, mit unter aber doch auch aus Moos, Haaren, Wolle ꝛc. Und Zeisgen, oder andere zahme Sangvögel, die zuweilen im Zimmer nisten, behelfen sich mit Wappen, Zwirn, Papierspänen und ähnlichen Ingredienzen. Die meisten Vögel füttern ihr Nest inwendig noch besonders mit ganz weichen Pflaumen, Wolle ꝛc. zur Bequemlichkeit und Wärme aus.
§. 80.
Wenn sattsame Materialien aus einen Hau- fen zusammen gebracht worden, so setzt sich die Mutter daraus nieder, dreht Kopf und Füsse nach allen Seiten hin und her, mißt den Raum für sich und ihre künftige Familie, webt und flicht sodann alles durch einander, und giebt ihrem Neste die Gestalt, die ihrer Lebensart und den Bedürfnissen der Jungen aufs ge- naueste entspricht. Die Form der Nester ist bald mehr bald minder künstlich. Manche Vö- gel, wie die Schnepfen, Trappen, Kybitze ꝛc. machen sich blos ein dürres Lager von Reisholz und Strohhalmen aus der platten Erde: andere tra- gen sich nur ein weiches kunstloses Bett in Lö-
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000021"><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0190"xml:id="pb167_0001"n="167"/>
eben ganz unabänderlich an bestimmte Materia-<lb/>
lien gebunden, sondern wissen sich auch im<lb/>
Nothfall nach den Umstanden zu bequemen, und<lb/>
in Ermangelung ihres eigentlichen Stoffs, andern<lb/>
in substituiren. So machen die Rothkehlgen<lb/>
ihr Nest gewöhnlich aus Eichenlaub, mit unter<lb/>
aber doch auch aus Moos, Haaren, Wolle ꝛc.<lb/>
Und Zeisgen, oder andere zahme Sangvögel,<lb/>
die zuweilen im Zimmer nisten, behelfen sich mit<lb/>
Wappen, Zwirn, Papierspänen und ähnlichen<lb/>
Ingredienzen. Die meisten Vögel füttern ihr<lb/>
Nest inwendig noch besonders mit ganz weichen<lb/>
Pflaumen, Wolle ꝛc. zur Bequemlichkeit und<lb/>
Wärme aus.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 80.</head><lb/><p>Wenn sattsame Materialien aus einen Hau-<lb/>
fen zusammen gebracht worden, so setzt sich die<lb/>
Mutter daraus nieder, dreht Kopf und Füsse<lb/>
nach allen Seiten hin und her, mißt den Raum<lb/>
für sich und ihre künftige Familie, webt und<lb/>
flicht sodann alles durch einander, und giebt<lb/>
ihrem Neste die Gestalt, die ihrer Lebensart<lb/>
und den Bedürfnissen der Jungen aufs ge-<lb/>
naueste entspricht. Die Form der Nester ist<lb/>
bald mehr bald minder künstlich. Manche Vö-<lb/>
gel, wie die Schnepfen, Trappen, Kybitze ꝛc.<lb/>
machen sich blos ein dürres Lager von Reisholz und<lb/>
Strohhalmen aus der platten Erde: andere tra-<lb/>
gen sich nur ein weiches kunstloses Bett in Lö-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[167/0190]
eben ganz unabänderlich an bestimmte Materia-
lien gebunden, sondern wissen sich auch im
Nothfall nach den Umstanden zu bequemen, und
in Ermangelung ihres eigentlichen Stoffs, andern
in substituiren. So machen die Rothkehlgen
ihr Nest gewöhnlich aus Eichenlaub, mit unter
aber doch auch aus Moos, Haaren, Wolle ꝛc.
Und Zeisgen, oder andere zahme Sangvögel,
die zuweilen im Zimmer nisten, behelfen sich mit
Wappen, Zwirn, Papierspänen und ähnlichen
Ingredienzen. Die meisten Vögel füttern ihr
Nest inwendig noch besonders mit ganz weichen
Pflaumen, Wolle ꝛc. zur Bequemlichkeit und
Wärme aus.
§. 80.
Wenn sattsame Materialien aus einen Hau-
fen zusammen gebracht worden, so setzt sich die
Mutter daraus nieder, dreht Kopf und Füsse
nach allen Seiten hin und her, mißt den Raum
für sich und ihre künftige Familie, webt und
flicht sodann alles durch einander, und giebt
ihrem Neste die Gestalt, die ihrer Lebensart
und den Bedürfnissen der Jungen aufs ge-
naueste entspricht. Die Form der Nester ist
bald mehr bald minder künstlich. Manche Vö-
gel, wie die Schnepfen, Trappen, Kybitze ꝛc.
machen sich blos ein dürres Lager von Reisholz und
Strohhalmen aus der platten Erde: andere tra-
gen sich nur ein weiches kunstloses Bett in Lö-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/189>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.