in die lymphatischen Gefäße fort; da es hingegen im kranken erschlaften Zustande mit stockender Feuchtig- keit angefüllt, die Veranlassung zu Wassergeschwül- sten und anderem der Art mehr giebt. Da nun diese Contraktilität des Zellgewebes über den ganzen Kör- per geht, so sieht man ihren Einfluß auf die übrigen Lebenskräfte gar bald ein.
Dieses bisher gesagte macht mir es unnöthig, weiter etwas beyzufügen, denn man sieht deutlich daraus ein, wie es möglich sey, daß der Mensch, eben vermöge dieser Kraft des Zellgewebes, leichter als jedes andere Säugethier, bey denen allen es bey weitem nicht so nachgiebig ist, unter jedem Him- melsstriche leben könne.
Was Stahl sich eigentlich unter seinem Tonus (Spannung) dachte, s. Stahl de motu tonico vitali, Halle 1702. 4.
§. 18. S. 49 bis 52.
Zu der in diesem § abgehandelten Materie ge- hört noch, daß der Mensch außer dem Begattungs- triebe wenig Spuren von Instinkt, von Kunsttrieben aber ganz und gar keine zeigt. Die Stelle, wo dieses in den frühern Ausgaben dieses Werks abge- handelt wird, ist zu schön, um sie hier nicht ganz beyzufügen.
"Demnach (heißt es) wäre das Menschenge- "schlecht elend daran, wenn nicht der Gebrauch der "Vernunft es für Schaden sicherte, welche den "übrigen Thieren gänzlich fehlt. Der Instinkt bleibt "sich immer gleich, wird durch Kultur nicht besser,
"und
in die lymphatiſchen Gefaͤße fort; da es hingegen im kranken erſchlaften Zuſtande mit ſtockender Feuchtig- keit angefuͤllt, die Veranlaſſung zu Waſſergeſchwuͤl- ſten und anderem der Art mehr giebt. Da nun dieſe Contraktilitaͤt des Zellgewebes uͤber den ganzen Koͤr- per geht, ſo ſieht man ihren Einfluß auf die uͤbrigen Lebenskraͤfte gar bald ein.
Dieſes bisher geſagte macht mir es unnoͤthig, weiter etwas beyzufuͤgen, denn man ſieht deutlich daraus ein, wie es moͤglich ſey, daß der Menſch, eben vermoͤge dieſer Kraft des Zellgewebes, leichter als jedes andere Saͤugethier, bey denen allen es bey weitem nicht ſo nachgiebig iſt, unter jedem Him- melsſtriche leben koͤnne.
Was Stahl ſich eigentlich unter ſeinem Tonus (Spannung) dachte, ſ. Stahl de motu tonico vitali, Halle 1702. 4.
§. 18. S. 49 bis 52.
Zu der in dieſem § abgehandelten Materie ge- hoͤrt noch, daß der Menſch außer dem Begattungs- triebe wenig Spuren von Inſtinkt, von Kunſttrieben aber ganz und gar keine zeigt. Die Stelle, wo dieſes in den fruͤhern Ausgaben dieſes Werks abge- handelt wird, iſt zu ſchoͤn, um ſie hier nicht ganz beyzufuͤgen.
„Demnach (heißt es) waͤre das Menſchenge- „ſchlecht elend daran, wenn nicht der Gebrauch der „Vernunft es fuͤr Schaden ſicherte, welche den „uͤbrigen Thieren gaͤnzlich fehlt. Der Inſtinkt bleibt „ſich immer gleich, wird durch Kultur nicht beſſer,
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ſten und anderem der Art mehr giebt. Da nun dieſe
Contraktilitaͤt des Zellgewebes uͤber den ganzen Koͤr-
per geht, ſo ſieht man ihren Einfluß auf die uͤbrigen
Lebenskraͤfte gar bald ein.
Dieſes bisher geſagte macht mir es unnoͤthig,
weiter etwas beyzufuͤgen, denn man ſieht deutlich
daraus ein, wie es moͤglich ſey, daß der Menſch,
eben vermoͤge dieſer Kraft des Zellgewebes, leichter
als jedes andere Saͤugethier, bey denen allen es bey
weitem nicht ſo nachgiebig iſt, unter jedem Him-
melsſtriche leben koͤnne.
Was Stahl ſich eigentlich unter ſeinem Tonus
(Spannung) dachte, ſ. Stahl de motu tonico vitali,
Halle 1702. 4.
§. 18. S. 49 bis 52.
Zu der in dieſem § abgehandelten Materie ge-
hoͤrt noch, daß der Menſch außer dem Begattungs-
triebe wenig Spuren von Inſtinkt, von Kunſttrieben
aber ganz und gar keine zeigt. Die Stelle, wo
dieſes in den fruͤhern Ausgaben dieſes Werks abge-
handelt wird, iſt zu ſchoͤn, um ſie hier nicht ganz
beyzufuͤgen.
„Demnach (heißt es) waͤre das Menſchenge-
„ſchlecht elend daran, wenn nicht der Gebrauch der
„Vernunft es fuͤr Schaden ſicherte, welche den
„uͤbrigen Thieren gaͤnzlich fehlt. Der Inſtinkt bleibt
„ſich immer gleich, wird durch Kultur nicht beſſer,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/288>, abgerufen am 22.02.2025.
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