Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


Der dritte Spatziergang.

Hier ist also, Klarissa! die geweihete
Erde die meinen Yorick bedeckt? Denn
das war er, sowohl seiner Laune, als seiner
angebornen Gutherzigkeit halber, nach dem
Urtheile aller seiner Freunde. Alle nann-
ten ihn so, alle liebten ihn so, da er leb-
te; alle beweinten ihn so, da er starb. --

Was ist dir meine zärtliche Begleite-
rinn, was ist dir Klarissa? Du wendest dein
Antlitz hinweg; du schweigst; du seufzest;
eine glänzende Thräne rollt über deine
Wangen herab? -- O! ich muss dich
um dieser Thräne willen lieben: Gewiss!
du musst ein weiches, fühlendes Herz und
eine schöne Seele haben, weil du um mei-
nen Yorick weinen kannst. War es nicht
auch deine freundschaftliche Hand die die-



Der dritte Spatziergang.

Hier iſt alſo, Klariſſa! die geweihete
Erde die meinen Yorick bedeckt? Denn
das war er, ſowohl ſeiner Laune, als ſeiner
angebornen Gutherzigkeit halber, nach dem
Urtheile aller ſeiner Freunde. Alle nann-
ten ihn ſo, alle liebten ihn ſo, da er leb-
te; alle beweinten ihn ſo, da er ſtarb. —

Was iſt dir meine zärtliche Begleite-
rinn, was iſt dir Klariſſa? Du wendeſt dein
Antlitz hinweg; du ſchweigſt; du ſeufzeſt;
eine glänzende Thräne rollt über deine
Wangen herab? — O! ich muſs dich
um dieſer Thräne willen lieben: Gewiſs!
du muſst ein weiches, fühlendes Herz und
eine ſchöne Seele haben, weil du um mei-
nen Yorick weinen kannſt. War es nicht
auch deine freundſchaftliche Hand die die-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0024" n="16"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der dritte Spatziergang.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">H</hi>ier i&#x017F;t al&#x017F;o, Klari&#x017F;&#x017F;a! die geweihete<lb/>
Erde die meinen Yorick bedeckt? Denn<lb/>
das war er, &#x017F;owohl &#x017F;einer Laune, als &#x017F;einer<lb/>
angebornen Gutherzigkeit halber, nach dem<lb/>
Urtheile aller &#x017F;einer Freunde. Alle nann-<lb/>
ten ihn &#x017F;o, alle liebten ihn &#x017F;o, da er leb-<lb/>
te; alle beweinten ihn &#x017F;o, da er &#x017F;tarb. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Was i&#x017F;t dir meine zärtliche Begleite-<lb/>
rinn, was i&#x017F;t dir Klari&#x017F;&#x017F;a? Du wende&#x017F;t dein<lb/>
Antlitz hinweg; du &#x017F;chweig&#x017F;t; du &#x017F;eufze&#x017F;t;<lb/>
eine glänzende Thräne rollt über deine<lb/>
Wangen herab? &#x2014; O! ich mu&#x017F;s dich<lb/>
um die&#x017F;er Thräne willen lieben: Gewi&#x017F;s!<lb/>
du mu&#x017F;st ein weiches, fühlendes Herz und<lb/>
eine &#x017F;chöne Seele haben, weil du um mei-<lb/>
nen Yorick weinen kann&#x017F;t. War es nicht<lb/>
auch deine freund&#x017F;chaftliche Hand die die-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0024] Der dritte Spatziergang. Hier iſt alſo, Klariſſa! die geweihete Erde die meinen Yorick bedeckt? Denn das war er, ſowohl ſeiner Laune, als ſeiner angebornen Gutherzigkeit halber, nach dem Urtheile aller ſeiner Freunde. Alle nann- ten ihn ſo, alle liebten ihn ſo, da er leb- te; alle beweinten ihn ſo, da er ſtarb. — Was iſt dir meine zärtliche Begleite- rinn, was iſt dir Klariſſa? Du wendeſt dein Antlitz hinweg; du ſchweigſt; du ſeufzeſt; eine glänzende Thräne rollt über deine Wangen herab? — O! ich muſs dich um dieſer Thräne willen lieben: Gewiſs! du muſst ein weiches, fühlendes Herz und eine ſchöne Seele haben, weil du um mei- nen Yorick weinen kannſt. War es nicht auch deine freundſchaftliche Hand die die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/24
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/24>, abgerufen am 21.12.2024.