Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.Das Schreiben Bethmann-Hollwegs an den König. Mittel zur Ausführung seiner Absichten darzureichen und vor Allemdessen Bild vor der Welt rein zu erhalten. Eurer Majestät gerader, gerechter und ritterlicher Sinn ist weltbekannt und hat Allerhöchst¬ demselben das allgemeine Vertrauen, die allgemeine Verehrung zu¬ gewendet. Graf Bismarck aber hat es dahin gebracht, daß Eurer Majestät edelste Worte dem eigenen Lande gegenüber, weil nicht ge¬ glaubt, wirkungslos verhallen, und daß jede Verständigung mit andern Mächten unmöglich geworden, weil die erste Vorbedingung derselben, das Vertrauen, durch eine ränkevolle Politik zerstört worden ist. ... Noch ist kein Schuß gefallen, noch ist Verständigung unter einer Bedingung möglich. Nicht die Kriegsrüstungen sind einzustellen, vielmehr, wenn es nöthig ist, zu verdoppeln, um Gegnern, die unsre Vernichtung wollen, siegreich entgegen zu treten oder mit vollen Ehren aus dem verwickelten Handel herauszukommen. Aber jede Verständigung ist unmöglich, so lange der Mann an Eurer Majestät Seite steht. Ihr entschiedenes Vertrauen besitzt, der dieses Eurer Majestät bei allen andern Mächten geraubt hat"1). ... III. Als der König dieses Schreiben erhielt, war er schon aus der "Gastein, 1. August 1865. Eure Majestät wollen mir huldreich verzeihn, wenn eine viel¬ 1) König Wilhelm eröffnete den Brief erst Nikolsburg im Juli 1866;
seine Antwort begann: "In Nikolsburg eröffnete ich erst Ihren Brief, und Ort und Datum der Antwort wären Antwort genug! etc."; vgl. Schneider a. a. O. I 341. Das Schreiben Bethmann-Hollwegs an den König. Mittel zur Ausführung ſeiner Abſichten darzureichen und vor Allemdeſſen Bild vor der Welt rein zu erhalten. Eurer Majeſtät gerader, gerechter und ritterlicher Sinn iſt weltbekannt und hat Allerhöchſt¬ demſelben das allgemeine Vertrauen, die allgemeine Verehrung zu¬ gewendet. Graf Bismarck aber hat es dahin gebracht, daß Eurer Majeſtät edelſte Worte dem eigenen Lande gegenüber, weil nicht ge¬ glaubt, wirkungslos verhallen, und daß jede Verſtändigung mit andern Mächten unmöglich geworden, weil die erſte Vorbedingung derſelben, das Vertrauen, durch eine ränkevolle Politik zerſtört worden iſt. ... Noch iſt kein Schuß gefallen, noch iſt Verſtändigung unter einer Bedingung möglich. Nicht die Kriegsrüſtungen ſind einzuſtellen, vielmehr, wenn es nöthig iſt, zu verdoppeln, um Gegnern, die unſre Vernichtung wollen, ſiegreich entgegen zu treten oder mit vollen Ehren aus dem verwickelten Handel herauszukommen. Aber jede Verſtändigung iſt unmöglich, ſo lange der Mann an Eurer Majeſtät Seite ſteht. Ihr entſchiedenes Vertrauen beſitzt, der dieſes Eurer Majeſtät bei allen andern Mächten geraubt hat“1). ... III. Als der König dieſes Schreiben erhielt, war er ſchon aus der „Gaſtein, 1. Auguſt 1865. Eure Majeſtät wollen mir huldreich verzeihn, wenn eine viel¬ 1) König Wilhelm eröffnete den Brief erſt Nikolsburg im Juli 1866;
ſeine Antwort begann: „In Nikolsburg eröffnete ich erſt Ihren Brief, und Ort und Datum der Antwort wären Antwort genug! ꝛc.“; vgl. Schneider a. a. O. I 341. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0039" n="15"/><fw place="top" type="header">Das Schreiben Bethmann-Hollwegs an den König.<lb/></fw> Mittel zur Ausführung ſeiner Abſichten darzureichen und vor Allem<lb/> deſſen Bild vor der Welt rein zu erhalten. Eurer Majeſtät gerader,<lb/> gerechter und ritterlicher Sinn iſt weltbekannt und hat Allerhöchſt¬<lb/> demſelben das allgemeine Vertrauen, die allgemeine Verehrung zu¬<lb/> gewendet. Graf Bismarck aber hat es dahin gebracht, daß Eurer<lb/> Majeſtät edelſte Worte dem eigenen Lande gegenüber, weil nicht ge¬<lb/> glaubt, wirkungslos verhallen, und daß jede Verſtändigung mit andern<lb/> Mächten unmöglich geworden, weil die erſte Vorbedingung derſelben,<lb/> das Vertrauen, durch eine ränkevolle Politik zerſtört worden iſt. ...<lb/> Noch iſt kein Schuß gefallen, noch iſt Verſtändigung unter einer<lb/> Bedingung möglich. Nicht die Kriegsrüſtungen ſind einzuſtellen,<lb/> vielmehr, wenn es nöthig iſt, zu verdoppeln, um Gegnern, die<lb/> unſre Vernichtung wollen, ſiegreich entgegen zu treten oder mit<lb/> vollen Ehren aus dem verwickelten Handel herauszukommen. Aber<lb/> jede Verſtändigung iſt unmöglich, ſo lange der Mann an Eurer<lb/> Majeſtät Seite ſteht. Ihr entſchiedenes Vertrauen beſitzt, der dieſes<lb/> Eurer Majeſtät bei allen andern Mächten geraubt hat“<note place="foot" n="1)">König Wilhelm eröffnete den Brief erſt Nikolsburg im Juli 1866;<lb/> ſeine Antwort begann: „In Nikolsburg eröffnete ich erſt Ihren Brief, und<lb/> Ort und Datum der Antwort wären Antwort genug! ꝛc.“; vgl. Schneider<lb/> a. a. O. <hi rendition="#aq">I</hi> 341.</note>. ...</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> </head> <p>Als der König dieſes Schreiben erhielt, war er ſchon aus der<lb/> Verſtrickung der darin wiederholten Argumente frei geworden durch<lb/> den Gaſteiner Vertrag vom 14./20. Auguſt 1865. Mit welchen<lb/> Schwierigkeiten ich bei den Verhandlungen über dieſen noch zu<lb/> kämpfen hatte, welche Vorſicht zu beachten war, zeigt mein nach¬<lb/> ſtehendes Schreiben an Se. Majeſtät:</p><lb/> <p rendition="#right">„Gaſtein, 1. Auguſt 1865.</p><lb/> <p>Eure Majeſtät wollen mir huldreich verzeihn, wenn eine viel¬<lb/> leicht zu weit getriebene Sorge für die Intereſſen des allerhöchſten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0039]
Das Schreiben Bethmann-Hollwegs an den König.
Mittel zur Ausführung ſeiner Abſichten darzureichen und vor Allem
deſſen Bild vor der Welt rein zu erhalten. Eurer Majeſtät gerader,
gerechter und ritterlicher Sinn iſt weltbekannt und hat Allerhöchſt¬
demſelben das allgemeine Vertrauen, die allgemeine Verehrung zu¬
gewendet. Graf Bismarck aber hat es dahin gebracht, daß Eurer
Majeſtät edelſte Worte dem eigenen Lande gegenüber, weil nicht ge¬
glaubt, wirkungslos verhallen, und daß jede Verſtändigung mit andern
Mächten unmöglich geworden, weil die erſte Vorbedingung derſelben,
das Vertrauen, durch eine ränkevolle Politik zerſtört worden iſt. ...
Noch iſt kein Schuß gefallen, noch iſt Verſtändigung unter einer
Bedingung möglich. Nicht die Kriegsrüſtungen ſind einzuſtellen,
vielmehr, wenn es nöthig iſt, zu verdoppeln, um Gegnern, die
unſre Vernichtung wollen, ſiegreich entgegen zu treten oder mit
vollen Ehren aus dem verwickelten Handel herauszukommen. Aber
jede Verſtändigung iſt unmöglich, ſo lange der Mann an Eurer
Majeſtät Seite ſteht. Ihr entſchiedenes Vertrauen beſitzt, der dieſes
Eurer Majeſtät bei allen andern Mächten geraubt hat“ 1). ...
III.
Als der König dieſes Schreiben erhielt, war er ſchon aus der
Verſtrickung der darin wiederholten Argumente frei geworden durch
den Gaſteiner Vertrag vom 14./20. Auguſt 1865. Mit welchen
Schwierigkeiten ich bei den Verhandlungen über dieſen noch zu
kämpfen hatte, welche Vorſicht zu beachten war, zeigt mein nach¬
ſtehendes Schreiben an Se. Majeſtät:
„Gaſtein, 1. Auguſt 1865.
Eure Majeſtät wollen mir huldreich verzeihn, wenn eine viel¬
leicht zu weit getriebene Sorge für die Intereſſen des allerhöchſten
1) König Wilhelm eröffnete den Brief erſt Nikolsburg im Juli 1866;
ſeine Antwort begann: „In Nikolsburg eröffnete ich erſt Ihren Brief, und
Ort und Datum der Antwort wären Antwort genug! ꝛc.“; vgl. Schneider
a. a. O. I 341.
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