Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bion, Nicolas: Dritte Eröfnung der neuen mathematischen Werkschule (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 3. Nürnberg, 1765.

Bild:
<< vorherige Seite
Das dritte Capitel.
Von den Astrolabiis überhaupt, insonderheit aber
von der Zubereitung, und dem Gebrauche des von Gemma
Fristo erfundenen Astrolabii universalis.

Nach den Globis und Sphäris folgen in richtiger Ordnung die Astro-
labia, als dergleichen astronomische Instrumenta, in welchen auf den
Flächen eines jeden grossen Zirkels die vornehmste und nöthig ste Zir-
kel der Sphären, nachdeme das Aug in der Axe eines solchen Zirkels zu
stehen concipiret wird, prosiciret, und also auf einem Plano obige Instru-
menta ebenfalls künstlich vorgestellet werden, die man deßwegen auch Pla-
nisphäria nennet, da man sich dieser eben so gut als jener, ja noch be-
quemer auf den Reisen, um die Phänomena der ersten Bewegung darauf
richtig zu exhibiren, bedienen mag. Alle diese werden insgemein in Astro-
labia universalia und particularia eingetheilet, die universalia sind auf al-
le Polhöhen, die particularia aber nur auf eine gewisse Höhe gerich-
ret, von den universalen sind bißhero dreyerley Arten vor andern absonder-
lich im Gebrauche, das erste ist die eigentliche Vorstellung des Gemmä Fri-
sii, eines Doctors der Medicin und berühmten Mathematikers zu Löwen, das
zweyte eines Spaniers Joh. de Rojas, das dritte des ältern Herrn de la Hire,
Königl. Prof. Mathem. und Mitglieds der Academie der Wissenschaften in
Paris. Bey solchen ist hier überhaupt zu observiren, daß, und zwar das er-
ste zu dem gemeinen Gebrauche noch gar wohl diene, jedoch dieses dabey sely-
le, daß so wohl die Meridiani als Paralleli, gegen die Mitte zu, viel
genäuer als gegen dem äussern Theil des Plani zusammen kommen, das
zweyte zum Gebrauche etwas unbequem werde, weilen allda die Meridiani
gegen die äusserste Circumferenz, wie auch die Parallelen gegen die Pole zu,
gar zu genau zusammen treffen, hingegen aber auf dem dritten beyderley Ar-
ten der Zirkel in lauter Distanzen, die fast einander gleich sind, vorgestel-
let werden, und demnach hier sich obbesagte Zirkel mit eben denjenigen auf
dem Globo, ihrer Entfernung nach von einander, weit conformer, als auf
den zweyen andern zeigen, daß also solches hierinnen den Vorzug vor den
andern haben mag.

Unter den particularen Astrolabien kommet, das sogenannte Aequi-
noctiale, das den berühmten Ptolomäum zum Erfinder hat, heutiges
Tages absonderlich noch in Consideration. Dieses wie auch die obige
universale Astrolabia liese unser Auctor Nieolaus Bion zu Anfang dieses

Das dritte Capitel.
Von den Aſtrolabiis überhaupt, inſonderheit aber
von der Zubereitung, und dem Gebrauche des von Gemma
Friſto erfundenen Aſtrolabii univerſalis.

Nach den Globis und Sphäris folgen in richtiger Ordnung die Aſtro-
labia, als dergleichen aſtronomiſche Inſtrumenta, in welchen auf den
Flächen eines jeden groſſen Zirkels die vornehmſte und nöthig ſte Zir-
kel der Sphären, nachdeme das Aug in der Axe eines ſolchen Zirkels zu
ſtehen concipiret wird, proſiciret, und alſo auf einem Plano obige Inſtru-
menta ebenfalls künſtlich vorgeſtellet werden, die man deßwegen auch Pla-
niſphäria nennet, da man ſich dieſer eben ſo gut als jener, ja noch be-
quemer auf den Reiſen, um die Phänomena der erſten Bewegung darauf
richtig zu exhibiren, bedienen mag. Alle dieſe werden insgemein in Aſtro-
labia univerſalia und particularia eingetheilet, die univerſalia ſind auf al-
le Polhöhen, die particularia aber nur auf eine gewiſſe Höhe gerich-
ret, von den univerſalen ſind bißhero dreyerley Arten vor andern abſonder-
lich im Gebrauche, das erſte iſt die eigentliche Vorſtellung des Gemmä Fri-
ſii, eines Doctors der Medicin und berühmten Mathematikers zu Löwen, das
zweyte eines Spaniers Joh. de Rojas, das dritte des ältern Herrn de la Hire,
Königl. Prof. Mathem. und Mitglieds der Academie der Wiſſenſchaften in
Paris. Bey ſolchen iſt hier überhaupt zu obſerviren, daß, und zwar das er-
ſte zu dem gemeinen Gebrauche noch gar wohl diene, jedoch dieſes dabey ſely-
le, daß ſo wohl die Meridiani als Paralleli, gegen die Mitte zu, viel
genäuer als gegen dem äuſſern Theil des Plani zuſammen kommen, das
zweyte zum Gebrauche etwas unbequem werde, weilen allda die Meridiani
gegen die äuſſerſte Circumferenz, wie auch die Parallelen gegen die Pole zu,
gar zu genau zuſammen treffen, hingegen aber auf dem dritten beyderley Ar-
ten der Zirkel in lauter Diſtanzen, die faſt einander gleich ſind, vorgeſtel-
let werden, und demnach hier ſich obbeſagte Zirkel mit eben denjenigen auf
dem Globo, ihrer Entfernung nach von einander, weit conformer, als auf
den zweyen andern zeigen, daß alſo ſolches hierinnen den Vorzug vor den
andern haben mag.

Unter den particularen Aſtrolabien kommet, das ſogenannte Aequi-
noctiale, das den berühmten Ptolomäum zum Erfinder hat, heutiges
Tages abſonderlich noch in Conſideration. Dieſes wie auch die obige
univerſale Aſtrolabia lieſe unſer Auctor Nieolaus Bion zu Anfang dieſes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0032" n="20"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Das dritte Capitel.</head><lb/>
        <head>Von den A&#x017F;trolabiis überhaupt, in&#x017F;onderheit aber<lb/>
von der Zubereitung, und dem Gebrauche des von Gemma<lb/>
Fri&#x017F;to erfundenen A&#x017F;trolabii univer&#x017F;alis.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">N</hi>ach den Globis und Sphäris folgen in richtiger Ordnung die A&#x017F;tro-<lb/>
labia, als dergleichen a&#x017F;tronomi&#x017F;che In&#x017F;trumenta, in welchen auf den<lb/>
Flächen eines jeden gro&#x017F;&#x017F;en Zirkels die vornehm&#x017F;te und nöthig &#x017F;te Zir-<lb/>
kel der Sphären, nachdeme das Aug in der Axe eines &#x017F;olchen Zirkels zu<lb/>
&#x017F;tehen concipiret wird, pro&#x017F;iciret, und al&#x017F;o auf einem Plano obige In&#x017F;tru-<lb/>
menta ebenfalls kün&#x017F;tlich vorge&#x017F;tellet werden, die man deßwegen auch Pla-<lb/>
ni&#x017F;phäria nennet, da man &#x017F;ich die&#x017F;er eben &#x017F;o gut als jener, ja noch be-<lb/>
quemer auf den Rei&#x017F;en, um die Phänomena der er&#x017F;ten Bewegung darauf<lb/>
richtig zu exhibiren, bedienen mag. Alle die&#x017F;e werden insgemein in A&#x017F;tro-<lb/>
labia univer&#x017F;alia und particularia eingetheilet, die univer&#x017F;alia &#x017F;ind auf al-<lb/>
le Polhöhen, die particularia aber nur auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e Höhe gerich-<lb/>
ret, von den univer&#x017F;alen &#x017F;ind bißhero dreyerley Arten vor andern ab&#x017F;onder-<lb/>
lich im Gebrauche, das er&#x017F;te i&#x017F;t die eigentliche Vor&#x017F;tellung des Gemmä Fri-<lb/>
&#x017F;ii, eines Doctors der Medicin und berühmten Mathematikers zu Löwen, das<lb/>
zweyte eines Spaniers Joh. de Rojas, das dritte des ältern Herrn de la Hire,<lb/>
Königl. Prof. Mathem. und Mitglieds der Academie der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften in<lb/>
Paris. Bey &#x017F;olchen i&#x017F;t hier überhaupt zu ob&#x017F;erviren, daß, und zwar das er-<lb/>
&#x017F;te zu dem gemeinen Gebrauche noch gar wohl diene, jedoch die&#x017F;es dabey &#x017F;ely-<lb/>
le, daß &#x017F;o wohl die Meridiani als Paralleli, gegen die Mitte zu, viel<lb/>
genäuer als gegen dem äu&#x017F;&#x017F;ern Theil des Plani zu&#x017F;ammen kommen, das<lb/>
zweyte zum Gebrauche etwas unbequem werde, weilen allda die Meridiani<lb/>
gegen die äu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Circumferenz, wie auch die Parallelen gegen die Pole zu,<lb/>
gar zu genau zu&#x017F;ammen treffen, hingegen aber auf dem dritten beyderley Ar-<lb/>
ten der Zirkel in lauter Di&#x017F;tanzen, die fa&#x017F;t einander gleich &#x017F;ind, vorge&#x017F;tel-<lb/>
let werden, und demnach hier &#x017F;ich obbe&#x017F;agte Zirkel mit eben denjenigen auf<lb/>
dem Globo, ihrer Entfernung nach von einander, weit conformer, als auf<lb/>
den zweyen andern zeigen, daß al&#x017F;o &#x017F;olches hierinnen den Vorzug vor den<lb/>
andern haben mag. </p>
        <p>Unter den particularen A&#x017F;trolabien kommet, das &#x017F;ogenannte Aequi-<lb/>
noctiale, das den berühmten Ptolomäum zum Erfinder hat, heutiges<lb/>
Tages ab&#x017F;onderlich noch in Con&#x017F;ideration. Die&#x017F;es wie auch die obige<lb/>
univer&#x017F;ale A&#x017F;trolabia lie&#x017F;e un&#x017F;er Auctor Nieolaus Bion zu Anfang die&#x017F;es
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0032] Das dritte Capitel. Von den Aſtrolabiis überhaupt, inſonderheit aber von der Zubereitung, und dem Gebrauche des von Gemma Friſto erfundenen Aſtrolabii univerſalis. Nach den Globis und Sphäris folgen in richtiger Ordnung die Aſtro- labia, als dergleichen aſtronomiſche Inſtrumenta, in welchen auf den Flächen eines jeden groſſen Zirkels die vornehmſte und nöthig ſte Zir- kel der Sphären, nachdeme das Aug in der Axe eines ſolchen Zirkels zu ſtehen concipiret wird, proſiciret, und alſo auf einem Plano obige Inſtru- menta ebenfalls künſtlich vorgeſtellet werden, die man deßwegen auch Pla- niſphäria nennet, da man ſich dieſer eben ſo gut als jener, ja noch be- quemer auf den Reiſen, um die Phänomena der erſten Bewegung darauf richtig zu exhibiren, bedienen mag. Alle dieſe werden insgemein in Aſtro- labia univerſalia und particularia eingetheilet, die univerſalia ſind auf al- le Polhöhen, die particularia aber nur auf eine gewiſſe Höhe gerich- ret, von den univerſalen ſind bißhero dreyerley Arten vor andern abſonder- lich im Gebrauche, das erſte iſt die eigentliche Vorſtellung des Gemmä Fri- ſii, eines Doctors der Medicin und berühmten Mathematikers zu Löwen, das zweyte eines Spaniers Joh. de Rojas, das dritte des ältern Herrn de la Hire, Königl. Prof. Mathem. und Mitglieds der Academie der Wiſſenſchaften in Paris. Bey ſolchen iſt hier überhaupt zu obſerviren, daß, und zwar das er- ſte zu dem gemeinen Gebrauche noch gar wohl diene, jedoch dieſes dabey ſely- le, daß ſo wohl die Meridiani als Paralleli, gegen die Mitte zu, viel genäuer als gegen dem äuſſern Theil des Plani zuſammen kommen, das zweyte zum Gebrauche etwas unbequem werde, weilen allda die Meridiani gegen die äuſſerſte Circumferenz, wie auch die Parallelen gegen die Pole zu, gar zu genau zuſammen treffen, hingegen aber auf dem dritten beyderley Ar- ten der Zirkel in lauter Diſtanzen, die faſt einander gleich ſind, vorgeſtel- let werden, und demnach hier ſich obbeſagte Zirkel mit eben denjenigen auf dem Globo, ihrer Entfernung nach von einander, weit conformer, als auf den zweyen andern zeigen, daß alſo ſolches hierinnen den Vorzug vor den andern haben mag. Unter den particularen Aſtrolabien kommet, das ſogenannte Aequi- noctiale, das den berühmten Ptolomäum zum Erfinder hat, heutiges Tages abſonderlich noch in Conſideration. Dieſes wie auch die obige univerſale Aſtrolabia lieſe unſer Auctor Nieolaus Bion zu Anfang dieſes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

ECHO: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-09T11:08:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-10-09T11:08:35Z)
ECHO: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-09T11:08:35Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen und Zeilen hinweg werden beibehalten.
  • Marginalien werden jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ausgezeichnet.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule03_1765
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule03_1765/32
Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Dritte Eröfnung der neuen mathematischen Werkschule (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 3. Nürnberg, 1765, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule03_1765/32>, abgerufen am 21.11.2024.