Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXVI. Vermögensbeschädigung.
§. 282.

Wer Gegenstände der Verehrung einer im Staate bestehenden Religions-
gesellschaft, oder Sachen, die dem Gottesdienste gewidmet sind, oder Grab-
mäler, öffentliche Denkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder
des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder
öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder
zur Verschönerung öffentlicher Wege oder Anlagen dienen, vorsätzlich zerstört
oder beschädigt, wird mit Gefängniß nicht unter vierzehn Tagen bestraft. Auch
kann auf zeitige Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte er-
kannt werden.

§. 283.

Wer vorsätzlich ein Gebäude, ein Schiff, eine Brücke, einen Damm, eine
gebaute Straße, eine Eisenbahn oder ein sonstiges Bauwerk, welche fremdes
Eigenthum sind, ganz oder theilweise zerstört, soll mit Gefängniß nicht unter
zwei Monaten bestraft werden.

§. 284.

Wenn sich mehrere Personen zusammenrotten und bewegliche oder unbeweg-
liche Sachen eines Anderen plündern, verwüsten oder zerstören, so werden
dieselben mit Zuchthaus bis zu funfzehn Jahren bestraft; zugleich kann auf
Stellung unter Polizei-Aufsicht erkannt werden.



Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1488-94.) unter-
scheidet bei der Vermögensbeschädigung, ob dieselbe aus Muthwillen
oder aus Bosheit oder Rache verübt worden ist, und auch der Entwurf
von 1836. §. 682. und 683. hatte nach diesem Vorgange die Straf-
barkeit dieses Vergehens nach dem Beweggrunde bestimmt. In der
Staatsraths-Kommission war man jedoch der Ansicht, daß es in der
Regel nur darauf ankommen könne, ob der Thäter absichtlich und vor-
sätzlich gehandelt habe und ob eine äußere Rechtsverletzung vorliege;
das Motiv der That komme nur bei der Zumessung der Strafe in Be-
tracht. Außerdem sei zu erwägen, daß die Beantwortung der Frage:
ob die Beschädigung aus Bosheit oder Muthwillen geschehen? in vie-
len Fällen um so mehr mit Schwierigkeiten verbunden sein werde, als
sich über den Begriff eines so unbestimmten Beweggrundes, wie es der
Muthwillen sei, im Gesetzbuch nicht wohl etwas feststellen lasse. -- Es
wurde daher die Berücksichtigung des Beweggrundes bei Vermögens-
beschädigungen unter die Strafzumessungsgründe verwiesen, die gesetzliche
Strafe des Vergehens aber nach dem Gegenstande desselben abgestuft, h)
und diese Behandlungsweise ist auch später beibehalten worden.


h) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. III.
S. 434. 435.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVI. Vermögensbeſchädigung.
§. 282.

Wer Gegenſtände der Verehrung einer im Staate beſtehenden Religions-
geſellſchaft, oder Sachen, die dem Gottesdienſte gewidmet ſind, oder Grab-
mäler, öffentliche Denkmäler, Gegenſtände der Kunſt, der Wiſſenſchaft oder
des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder
öffentlich aufgeſtellt ſind, oder Gegenſtände, welche zum öffentlichen Nutzen oder
zur Verſchönerung öffentlicher Wege oder Anlagen dienen, vorſätzlich zerſtört
oder beſchädigt, wird mit Gefängniß nicht unter vierzehn Tagen beſtraft. Auch
kann auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte er-
kannt werden.

§. 283.

Wer vorſätzlich ein Gebäude, ein Schiff, eine Brücke, einen Damm, eine
gebaute Straße, eine Eiſenbahn oder ein ſonſtiges Bauwerk, welche fremdes
Eigenthum ſind, ganz oder theilweiſe zerſtört, ſoll mit Gefängniß nicht unter
zwei Monaten beſtraft werden.

§. 284.

Wenn ſich mehrere Perſonen zuſammenrotten und bewegliche oder unbeweg-
liche Sachen eines Anderen plündern, verwüſten oder zerſtören, ſo werden
dieſelben mit Zuchthaus bis zu funfzehn Jahren beſtraft; zugleich kann auf
Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt werden.



Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1488-94.) unter-
ſcheidet bei der Vermögensbeſchädigung, ob dieſelbe aus Muthwillen
oder aus Bosheit oder Rache verübt worden iſt, und auch der Entwurf
von 1836. §. 682. und 683. hatte nach dieſem Vorgange die Straf-
barkeit dieſes Vergehens nach dem Beweggrunde beſtimmt. In der
Staatsraths-Kommiſſion war man jedoch der Anſicht, daß es in der
Regel nur darauf ankommen könne, ob der Thäter abſichtlich und vor-
ſätzlich gehandelt habe und ob eine äußere Rechtsverletzung vorliege;
das Motiv der That komme nur bei der Zumeſſung der Strafe in Be-
tracht. Außerdem ſei zu erwägen, daß die Beantwortung der Frage:
ob die Beſchädigung aus Bosheit oder Muthwillen geſchehen? in vie-
len Fällen um ſo mehr mit Schwierigkeiten verbunden ſein werde, als
ſich über den Begriff eines ſo unbeſtimmten Beweggrundes, wie es der
Muthwillen ſei, im Geſetzbuch nicht wohl etwas feſtſtellen laſſe. — Es
wurde daher die Berückſichtigung des Beweggrundes bei Vermögens-
beſchädigungen unter die Strafzumeſſungsgründe verwieſen, die geſetzliche
Strafe des Vergehens aber nach dem Gegenſtande deſſelben abgeſtuft, h)
und dieſe Behandlungsweiſe iſt auch ſpäter beibehalten worden.


h) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III.
S. 434. 435.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0528" n="518"/>
            <fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. &#xA75B;c. Tit. XXVI.        Vermögensbe&#x017F;chädigung.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 282.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Wer Gegen&#x017F;tände der Verehrung einer im Staate be&#x017F;tehenden          Religions-<lb/>
ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, oder Sachen, die dem          Gottesdien&#x017F;te gewidmet &#x017F;ind, oder Grab-<lb/>
mäler, öffentliche          Denkmäler, Gegen&#x017F;tände der Kun&#x017F;t, der          Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft oder<lb/>
des Gewerbes, welche in öffentlichen          Sammlungen aufbewahrt werden oder<lb/>
öffentlich aufge&#x017F;tellt &#x017F;ind,          oder Gegen&#x017F;tände, welche zum öffentlichen Nutzen oder<lb/>
zur          Ver&#x017F;chönerung öffentlicher Wege oder Anlagen dienen, vor&#x017F;ätzlich          zer&#x017F;tört<lb/>
oder be&#x017F;chädigt, wird mit Gefängniß nicht unter vierzehn          Tagen be&#x017F;traft. Auch<lb/>
kann auf zeitige Unter&#x017F;agung der Ausübung          der bürgerlichen Ehrenrechte er-<lb/>
kannt werden.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 283.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Wer vor&#x017F;ätzlich ein Gebäude, ein Schiff, eine Brücke, einen Damm,          eine<lb/>
gebaute Straße, eine Ei&#x017F;enbahn oder ein &#x017F;on&#x017F;tiges          Bauwerk, welche fremdes<lb/>
Eigenthum &#x017F;ind, ganz oder theilwei&#x017F;e          zer&#x017F;tört, &#x017F;oll mit Gefängniß nicht unter<lb/>
zwei Monaten          be&#x017F;traft werden.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 284.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Wenn &#x017F;ich mehrere Per&#x017F;onen zu&#x017F;ammenrotten und bewegliche          oder unbeweg-<lb/>
liche Sachen eines Anderen plündern, verwü&#x017F;ten oder          zer&#x017F;tören, &#x017F;o werden<lb/>
die&#x017F;elben mit Zuchthaus bis zu          funfzehn Jahren be&#x017F;traft; zugleich kann auf<lb/>
Stellung unter          Polizei-Auf&#x017F;icht erkannt werden.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1488-94.) unter-<lb/>
&#x017F;cheidet          bei der Vermögensbe&#x017F;chädigung, ob die&#x017F;elbe aus Muthwillen<lb/>
oder          aus Bosheit oder Rache verübt worden i&#x017F;t, und auch der Entwurf<lb/>
von 1836. §.          682. und 683. hatte nach die&#x017F;em Vorgange die Straf-<lb/>
barkeit          die&#x017F;es Vergehens nach dem Beweggrunde be&#x017F;timmt. In          der<lb/>
Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion war man jedoch der An&#x017F;icht,          daß es in der<lb/>
Regel nur darauf ankommen könne, ob der Thäter ab&#x017F;ichtlich und          vor-<lb/>
&#x017F;ätzlich gehandelt habe und ob eine äußere Rechtsverletzung          vorliege;<lb/>
das Motiv der That komme nur bei der Zume&#x017F;&#x017F;ung der          Strafe in Be-<lb/>
tracht. Außerdem &#x017F;ei zu erwägen, daß die Beantwortung der          Frage:<lb/>
ob die Be&#x017F;chädigung aus Bosheit oder Muthwillen ge&#x017F;chehen?          in vie-<lb/>
len Fällen um &#x017F;o mehr mit Schwierigkeiten verbunden &#x017F;ein          werde, als<lb/>
&#x017F;ich über den Begriff eines &#x017F;o unbe&#x017F;timmten          Beweggrundes, wie es der<lb/>
Muthwillen &#x017F;ei, im Ge&#x017F;etzbuch nicht wohl          etwas fe&#x017F;t&#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;e. &#x2014;          Es<lb/>
wurde daher die Berück&#x017F;ichtigung des Beweggrundes bei          Vermögens-<lb/>
be&#x017F;chädigungen unter die          Strafzume&#x017F;&#x017F;ungsgründe verwie&#x017F;en, die          ge&#x017F;etzliche<lb/>
Strafe des Vergehens aber nach dem Gegen&#x017F;tande          de&#x017F;&#x017F;elben abge&#x017F;tuft, <note place="foot" n="h)"><hi rendition="#g">Berathungs-Protokolle der            Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion</hi>. III.<lb/>
S. 434. 435.</note><lb/>
und die&#x017F;e Behandlungswei&#x017F;e i&#x017F;t auch &#x017F;päter          beibehalten worden.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[518/0528] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVI. Vermögensbeſchädigung. §. 282. Wer Gegenſtände der Verehrung einer im Staate beſtehenden Religions- geſellſchaft, oder Sachen, die dem Gottesdienſte gewidmet ſind, oder Grab- mäler, öffentliche Denkmäler, Gegenſtände der Kunſt, der Wiſſenſchaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgeſtellt ſind, oder Gegenſtände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verſchönerung öffentlicher Wege oder Anlagen dienen, vorſätzlich zerſtört oder beſchädigt, wird mit Gefängniß nicht unter vierzehn Tagen beſtraft. Auch kann auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte er- kannt werden. §. 283. Wer vorſätzlich ein Gebäude, ein Schiff, eine Brücke, einen Damm, eine gebaute Straße, eine Eiſenbahn oder ein ſonſtiges Bauwerk, welche fremdes Eigenthum ſind, ganz oder theilweiſe zerſtört, ſoll mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten beſtraft werden. §. 284. Wenn ſich mehrere Perſonen zuſammenrotten und bewegliche oder unbeweg- liche Sachen eines Anderen plündern, verwüſten oder zerſtören, ſo werden dieſelben mit Zuchthaus bis zu funfzehn Jahren beſtraft; zugleich kann auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt werden. Das Allgemeine Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1488-94.) unter- ſcheidet bei der Vermögensbeſchädigung, ob dieſelbe aus Muthwillen oder aus Bosheit oder Rache verübt worden iſt, und auch der Entwurf von 1836. §. 682. und 683. hatte nach dieſem Vorgange die Straf- barkeit dieſes Vergehens nach dem Beweggrunde beſtimmt. In der Staatsraths-Kommiſſion war man jedoch der Anſicht, daß es in der Regel nur darauf ankommen könne, ob der Thäter abſichtlich und vor- ſätzlich gehandelt habe und ob eine äußere Rechtsverletzung vorliege; das Motiv der That komme nur bei der Zumeſſung der Strafe in Be- tracht. Außerdem ſei zu erwägen, daß die Beantwortung der Frage: ob die Beſchädigung aus Bosheit oder Muthwillen geſchehen? in vie- len Fällen um ſo mehr mit Schwierigkeiten verbunden ſein werde, als ſich über den Begriff eines ſo unbeſtimmten Beweggrundes, wie es der Muthwillen ſei, im Geſetzbuch nicht wohl etwas feſtſtellen laſſe. — Es wurde daher die Berückſichtigung des Beweggrundes bei Vermögens- beſchädigungen unter die Strafzumeſſungsgründe verwieſen, die geſetzliche Strafe des Vergehens aber nach dem Gegenſtande deſſelben abgeſtuft, h) und dieſe Behandlungsweiſe iſt auch ſpäter beibehalten worden. h) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III. S. 434. 435.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/528
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/528>, abgerufen am 21.11.2024.