welches er mehr, als alles liebet, wie der un- gerathene Sohn, mit Wollust, und mit den Huren durchbringe. So sind die Raillerien alle beschaffen gewesen, womit einige Philosophi vor diesem unzehlige Auditores allhier um die Religion gebracht, und zum Atheismo verleitet haben: Pure Sophismata, wenn man sie bey dem Lichte bestehet, so lustig sie auch vorgetra- gen worden.
Anno 1717. §. 136.
Das war die andere Noth in diesem Jahre, welche zu einer Zeit über mich kam, da mein Hertze selbst mit lauter Angst, und Furcht, und das Haupt mit schwermüthigen Gedancken ein- genommen, und mein Leib in einen kräncklichen Zustand, und allerhand Verstopffungen von di- ckem und hitzigem Geblüte, und saurem Schleim gerathen war. Der gröste Sturm aber der Anfechtung kam 14. Tage vor Ostern über mich, welcher, wie gesagt, einer der grösten in mei- nem Leben gewesen. Freytag vor Judica war ein Buß-Tag, und Sonntags drauf solte ich das Capitel von dem Propheten Elia in der Ve- sper erklären, da er in der Höle aus Furcht sich verkrochen. GOTT bescherte mir bey dem Meditiren darauf allerhand schöne Porismata
und
geſund gemacht wurde;
welches er mehr, als alles liebet, wie der un- gerathene Sohn, mit Wolluſt, und mit den Huren durchbringe. So ſind die Raillerien alle beſchaffen geweſen, womit einige Philoſophi vor dieſem unzehlige Auditores allhier um die Religion gebracht, und zum Atheiſmo verleitet haben: Pure Sophiſmata, wenn man ſie bey dem Lichte beſtehet, ſo luſtig ſie auch vorgetra- gen worden.
Anno 1717. §. 136.
Das war die andere Noth in dieſem Jahre, welche zu einer Zeit uͤber mich kam, da mein Hertze ſelbſt mit lauter Angſt, und Furcht, und das Haupt mit ſchwermuͤthigen Gedancken ein- genommen, und mein Leib in einen kraͤncklichen Zuſtand, und allerhand Verſtopffungen von di- ckem und hitzigem Gebluͤte, und ſaurem Schleim gerathen war. Der groͤſte Sturm aber der Anfechtung kam 14. Tage vor Oſtern uͤber mich, welcher, wie geſagt, einer der groͤſten in mei- nem Leben geweſen. Freytag vor Judica war ein Buß-Tag, und Sonntags drauf ſolte ich das Capitel von dem Propheten Elia in der Ve- ſper erklaͤren, da er in der Hoͤle aus Furcht ſich verkrochen. GOTT beſcherte mir bey dem Meditiren darauf allerhand ſchoͤne Poriſmata
und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0667"n="621"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">geſund gemacht wurde;</hi></fw><lb/>
welches er mehr, als alles liebet, wie der un-<lb/>
gerathene Sohn, mit Wolluſt, und mit den<lb/>
Huren durchbringe. So ſind die <hirendition="#aq">Railleri</hi>en<lb/>
alle beſchaffen geweſen, womit einige <hirendition="#aq">Philoſophi</hi><lb/>
vor dieſem unzehlige <hirendition="#aq">Auditores</hi> allhier um die<lb/>
Religion gebracht, und zum <hirendition="#aq">Atheiſmo</hi> verleitet<lb/>
haben: Pure <hirendition="#aq">Sophiſmata,</hi> wenn man ſie bey<lb/>
dem Lichte beſtehet, ſo luſtig ſie auch vorgetra-<lb/>
gen worden.</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g"><hirendition="#aq">Anno</hi> 1717.</hi></hi><lb/>
§. 136.</head><lb/><p>Das war die andere Noth in dieſem Jahre,<lb/>
welche zu einer Zeit uͤber mich kam, da mein<lb/>
Hertze ſelbſt mit lauter Angſt, und Furcht, und<lb/>
das Haupt mit ſchwermuͤthigen Gedancken ein-<lb/>
genommen, und mein Leib in einen kraͤncklichen<lb/>
Zuſtand, und allerhand Verſtopffungen von di-<lb/>
ckem und hitzigem Gebluͤte, und ſaurem Schleim<lb/>
gerathen war. Der groͤſte Sturm aber der<lb/>
Anfechtung kam 14. Tage vor Oſtern uͤber mich,<lb/>
welcher, wie geſagt, einer der groͤſten in mei-<lb/>
nem Leben geweſen. Freytag vor <hirendition="#aq">Judica</hi> war<lb/>
ein Buß-Tag, und Sonntags drauf ſolte ich<lb/>
das Capitel von dem Propheten Elia in der Ve-<lb/>ſper erklaͤren, da er in der Hoͤle aus Furcht ſich<lb/>
verkrochen. <hirendition="#g">GOTT</hi> beſcherte mir bey dem<lb/><hirendition="#aq">Mediti</hi>ren darauf allerhand ſchoͤne <hirendition="#aq">Poriſmata</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[621/0667]
geſund gemacht wurde;
welches er mehr, als alles liebet, wie der un-
gerathene Sohn, mit Wolluſt, und mit den
Huren durchbringe. So ſind die Raillerien
alle beſchaffen geweſen, womit einige Philoſophi
vor dieſem unzehlige Auditores allhier um die
Religion gebracht, und zum Atheiſmo verleitet
haben: Pure Sophiſmata, wenn man ſie bey
dem Lichte beſtehet, ſo luſtig ſie auch vorgetra-
gen worden.
Anno 1717.
§. 136.
Das war die andere Noth in dieſem Jahre,
welche zu einer Zeit uͤber mich kam, da mein
Hertze ſelbſt mit lauter Angſt, und Furcht, und
das Haupt mit ſchwermuͤthigen Gedancken ein-
genommen, und mein Leib in einen kraͤncklichen
Zuſtand, und allerhand Verſtopffungen von di-
ckem und hitzigem Gebluͤte, und ſaurem Schleim
gerathen war. Der groͤſte Sturm aber der
Anfechtung kam 14. Tage vor Oſtern uͤber mich,
welcher, wie geſagt, einer der groͤſten in mei-
nem Leben geweſen. Freytag vor Judica war
ein Buß-Tag, und Sonntags drauf ſolte ich
das Capitel von dem Propheten Elia in der Ve-
ſper erklaͤren, da er in der Hoͤle aus Furcht ſich
verkrochen. GOTT beſcherte mir bey dem
Meditiren darauf allerhand ſchoͤne Poriſmata
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/667>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.