Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite
von Fiebrischen Anwandlungen,
§. 124.

So lange als ich Prediger gewesen, und noch
bis auf den heutigen Tag, werd ich um ein leich-
tes von Dispositionibus febrilibus und von An-
stössen eines Fiebers, oder mit unvermutheten
Durchfällen incommodiret; so daß ich mit aller
meiner genauen Diaet nicht fähig genug gewesen,
und auch bis diese Stunde noch nicht bin, diesen
Anfällen zu entgehen. Man kan leicht erach-
ten, daß dergleichen Zufälle einen Prediger sehr
hindern, wenn er auf die Predigt studiren soll.
Die Prediger fühlen vielmahl beym concipiren
und studiren selbst die Krafft des Wortes GOttes,
und den kalten Schauer, den, gleichwie alles
sublime und hohe, was nach GOTT und der
Ewigkeit schmeckt, also die hohen Dinge, so in
GOTTES Wort vorkommen, gar sonderlich
erregen. Dieser Schauer aber hat eine Aehn-
lichkeit mit dem Schauer, der einen ankommt,
wenn ihn ein Fieber anwandelt, folgentlich hab
ich offt beym concipiren alles bewegliche, und er-
habene im Stylo quittiren und fahren lassen müs-
sen, ja schier die Würckung und Krafft des Wor-
tes GOttes aufhalten müssen, um dem Ausbruche
des Fiebers nur zu entgehen, ja an statt eines Con-
cept
es nur eine Sciagraphie, und Disposition ma-
chen, und nach derselben die Predigt ex tempore

halten
von Fiebriſchen Anwandlungen,
§. 124.

So lange als ich Prediger geweſen, und noch
bis auf den heutigen Tag, werd ich um ein leich-
tes von Diſpoſitionibus febrilibus und von An-
ſtoͤſſen eines Fiebers, oder mit unvermutheten
Durchfaͤllen incommodiret; ſo daß ich mit aller
meiner genauen Diæt nicht faͤhig genug geweſen,
und auch bis dieſe Stunde noch nicht bin, dieſen
Anfaͤllen zu entgehen. Man kan leicht erach-
ten, daß dergleichen Zufaͤlle einen Prediger ſehr
hindern, wenn er auf die Predigt ſtudiren ſoll.
Die Prediger fuͤhlen vielmahl beym concipiren
und ſtudiren ſelbſt die Krafft des Wortes GOttes,
und den kalten Schauer, den, gleichwie alles
ſublime und hohe, was nach GOTT und der
Ewigkeit ſchmeckt, alſo die hohen Dinge, ſo in
GOTTES Wort vorkommen, gar ſonderlich
erregen. Dieſer Schauer aber hat eine Aehn-
lichkeit mit dem Schauer, der einen ankommt,
wenn ihn ein Fieber anwandelt, folgentlich hab
ich offt beym concipiren alles bewegliche, und er-
habene im Stylo quittiren und fahren laſſen muͤſ-
ſen, ja ſchier die Wuͤrckung und Krafft des Wor-
tes GOttes aufhalten muͤſſen, um dem Ausbruche
des Fiebers nur zu entgehen, ja an ſtatt eines Con-
cept
es nur eine Sciagraphie, und Diſpoſition ma-
chen, und nach derſelben die Predigt ex tempore

halten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0616" n="570"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von Fiebri&#x017F;chen Anwandlungen,</hi> </fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">§. 124.</hi> </head><lb/>
        <p>So lange als ich Prediger gewe&#x017F;en, und noch<lb/>
bis auf den heutigen Tag, werd ich um ein leich-<lb/>
tes von <hi rendition="#aq">Di&#x017F;po&#x017F;itionibus febrilibus</hi> und von An-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;en eines Fiebers, oder mit unvermutheten<lb/>
Durchfa&#x0364;llen <hi rendition="#aq">incommodi</hi>ret; &#x017F;o daß ich mit aller<lb/>
meiner genauen <hi rendition="#aq">Diæt</hi> nicht fa&#x0364;hig genug gewe&#x017F;en,<lb/>
und auch bis die&#x017F;e Stunde noch nicht bin, die&#x017F;en<lb/>
Anfa&#x0364;llen zu entgehen. Man kan leicht erach-<lb/>
ten, daß dergleichen Zufa&#x0364;lle einen Prediger &#x017F;ehr<lb/>
hindern, wenn er auf die Predigt <hi rendition="#aq">&#x017F;tudi</hi>ren &#x017F;oll.<lb/>
Die Prediger fu&#x0364;hlen vielmahl beym <hi rendition="#aq">concipi</hi>ren<lb/>
und <hi rendition="#aq">&#x017F;tudi</hi>ren &#x017F;elb&#x017F;t die Krafft des Wortes GOttes,<lb/>
und den kalten Schauer, den, gleichwie alles<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;ublime</hi> und hohe, was nach <hi rendition="#g">GOTT</hi> und der<lb/>
Ewigkeit &#x017F;chmeckt, al&#x017F;o die hohen Dinge, &#x017F;o in<lb/>
GOTTES Wort vorkommen, gar &#x017F;onderlich<lb/>
erregen. Die&#x017F;er Schauer aber hat eine Aehn-<lb/>
lichkeit mit dem Schauer, der einen ankommt,<lb/>
wenn ihn ein Fieber anwandelt, folgentlich hab<lb/>
ich offt beym <hi rendition="#aq">concipi</hi>ren alles bewegliche, und er-<lb/>
habene im <hi rendition="#aq">Stylo quitti</hi>ren und fahren la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, ja &#x017F;chier die Wu&#x0364;rckung und Krafft des Wor-<lb/>
tes GOttes aufhalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, um dem Ausbruche<lb/>
des Fiebers nur zu entgehen, ja an &#x017F;tatt eines <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
cept</hi>es nur eine <hi rendition="#aq">Sciagraphie,</hi> und <hi rendition="#aq">Di&#x017F;po&#x017F;ition</hi> ma-<lb/>
chen, und nach der&#x017F;elben die Predigt <hi rendition="#aq">ex tempore</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">halten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[570/0616] von Fiebriſchen Anwandlungen, §. 124. So lange als ich Prediger geweſen, und noch bis auf den heutigen Tag, werd ich um ein leich- tes von Diſpoſitionibus febrilibus und von An- ſtoͤſſen eines Fiebers, oder mit unvermutheten Durchfaͤllen incommodiret; ſo daß ich mit aller meiner genauen Diæt nicht faͤhig genug geweſen, und auch bis dieſe Stunde noch nicht bin, dieſen Anfaͤllen zu entgehen. Man kan leicht erach- ten, daß dergleichen Zufaͤlle einen Prediger ſehr hindern, wenn er auf die Predigt ſtudiren ſoll. Die Prediger fuͤhlen vielmahl beym concipiren und ſtudiren ſelbſt die Krafft des Wortes GOttes, und den kalten Schauer, den, gleichwie alles ſublime und hohe, was nach GOTT und der Ewigkeit ſchmeckt, alſo die hohen Dinge, ſo in GOTTES Wort vorkommen, gar ſonderlich erregen. Dieſer Schauer aber hat eine Aehn- lichkeit mit dem Schauer, der einen ankommt, wenn ihn ein Fieber anwandelt, folgentlich hab ich offt beym concipiren alles bewegliche, und er- habene im Stylo quittiren und fahren laſſen muͤſ- ſen, ja ſchier die Wuͤrckung und Krafft des Wor- tes GOttes aufhalten muͤſſen, um dem Ausbruche des Fiebers nur zu entgehen, ja an ſtatt eines Con- ceptes nur eine Sciagraphie, und Diſpoſition ma- chen, und nach derſelben die Predigt ex tempore halten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/616
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/616>, abgerufen am 21.11.2024.