Wir wenden uns nun zu der Gewinnung des Stahls im 16. Jahr- hundert.
Ursprünglich und solange man das Eisen und den Stahl direkt aus den Erzen als ein schmiedbares Produkt gewann, war dies kein von der Eisengewinnung getrennter Prozess. Man verfuhr sowohl in den Rennherden als in den Stücköfen in ganz gleicher Weise und es war nur von der Natur des Erzes und vom Zufalle abhängig, ob das erhaltene Produkt hartes, stahlartiges Eisen oder weiches Schmiede- eisen war. Deshalb hatte der Stahl auch nicht seine nähere Be- zeichnung von der Bereitungsart, sondern von der Gegend, aus der er stammte. Man unterschied nicht, wie heutzutage, Schweissstahl, Brennstahl, Gussstahl, Flussstahl u. s. w., sondern steirischen, flan- drischen, kölnischen, brescianischen, spanischen, damascenischen, in- dischen u. s. w.
Wenn aber auch die Erze ihrer Natur nach zur Stahlbereitung mehr geeignet waren, so war doch die ausgeschmolzene Masse kein gleichförmiges Produkt, sondern ein Gemenge von weichem Eisen und rohem Stahl und bedurfte erst weiterer Behandlung, um brauch- baren Stahl daraus herzustellen.
War nun der Ausfall der Schmelzung bei den Luppenfeuern und Stücköfen vielfach durch den Zufall beeinflusst, so lernte man an den Orten, wo ein regelmässiger Betrieb mit gleichbleibenden Erzen sich entwickelte, doch auch gewisse Verfahrungsweisen kennen, die die Erzeugung von Stahl mehr begünstigten. Ein Beispiel hierfür haben wir an den Bauernöfen in Schweden. In diesen wurde, wie
DIE STAHLBEREITUNG IM SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERT.
Wir wenden uns nun zu der Gewinnung des Stahls im 16. Jahr- hundert.
Ursprünglich und solange man das Eisen und den Stahl direkt aus den Erzen als ein schmiedbares Produkt gewann, war dies kein von der Eisengewinnung getrennter Prozeſs. Man verfuhr sowohl in den Rennherden als in den Stücköfen in ganz gleicher Weise und es war nur von der Natur des Erzes und vom Zufalle abhängig, ob das erhaltene Produkt hartes, stahlartiges Eisen oder weiches Schmiede- eisen war. Deshalb hatte der Stahl auch nicht seine nähere Be- zeichnung von der Bereitungsart, sondern von der Gegend, aus der er stammte. Man unterschied nicht, wie heutzutage, Schweiſsstahl, Brennstahl, Guſsstahl, Fluſsstahl u. s. w., sondern steirischen, flan- drischen, kölnischen, brescianischen, spanischen, damascenischen, in- dischen u. s. w.
Wenn aber auch die Erze ihrer Natur nach zur Stahlbereitung mehr geeignet waren, so war doch die ausgeschmolzene Masse kein gleichförmiges Produkt, sondern ein Gemenge von weichem Eisen und rohem Stahl und bedurfte erst weiterer Behandlung, um brauch- baren Stahl daraus herzustellen.
War nun der Ausfall der Schmelzung bei den Luppenfeuern und Stücköfen vielfach durch den Zufall beeinfluſst, so lernte man an den Orten, wo ein regelmäſsiger Betrieb mit gleichbleibenden Erzen sich entwickelte, doch auch gewisse Verfahrungsweisen kennen, die die Erzeugung von Stahl mehr begünstigten. Ein Beispiel hierfür haben wir an den Bauernöfen in Schweden. In diesen wurde, wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0266"n="[246]"/><divn="3"><head><hirendition="#g"><hirendition="#b">DIE STAHLBEREITUNG</hi><lb/>
IM<lb/>
SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERT</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wir wenden uns nun zu der Gewinnung des <hirendition="#g">Stahls</hi> im 16. Jahr-<lb/>
hundert.</p><lb/><p>Ursprünglich und solange man das Eisen und den Stahl direkt<lb/>
aus den Erzen als ein schmiedbares Produkt gewann, war dies kein<lb/>
von der Eisengewinnung getrennter Prozeſs. Man verfuhr sowohl in<lb/>
den Rennherden als in den Stücköfen in ganz gleicher Weise und<lb/>
es war nur von der Natur des Erzes und vom Zufalle abhängig, ob<lb/>
das erhaltene Produkt hartes, stahlartiges Eisen oder weiches Schmiede-<lb/>
eisen war. Deshalb hatte der Stahl auch nicht seine nähere Be-<lb/>
zeichnung von der Bereitungsart, sondern von der Gegend, aus der<lb/>
er stammte. Man unterschied nicht, wie heutzutage, Schweiſsstahl,<lb/>
Brennstahl, Guſsstahl, Fluſsstahl u. s. w., sondern steirischen, flan-<lb/>
drischen, kölnischen, brescianischen, spanischen, damascenischen, in-<lb/>
dischen u. s. w.</p><lb/><p>Wenn aber auch die Erze ihrer Natur nach zur Stahlbereitung<lb/>
mehr geeignet waren, so war doch die ausgeschmolzene Masse kein<lb/>
gleichförmiges Produkt, sondern ein Gemenge von weichem Eisen<lb/>
und rohem Stahl und bedurfte erst weiterer Behandlung, um brauch-<lb/>
baren Stahl daraus herzustellen.</p><lb/><p>War nun der Ausfall der Schmelzung bei den Luppenfeuern und<lb/>
Stücköfen vielfach durch den Zufall beeinfluſst, so lernte man an<lb/>
den Orten, wo ein regelmäſsiger Betrieb mit gleichbleibenden Erzen<lb/>
sich entwickelte, doch auch gewisse Verfahrungsweisen kennen, die<lb/>
die Erzeugung von Stahl mehr begünstigten. Ein Beispiel hierfür<lb/>
haben wir an den Bauernöfen in Schweden. In diesen wurde, wie<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[[246]/0266]
DIE STAHLBEREITUNG
IM
SECHSZEHNTEN JAHRHUNDERT.
Wir wenden uns nun zu der Gewinnung des Stahls im 16. Jahr-
hundert.
Ursprünglich und solange man das Eisen und den Stahl direkt
aus den Erzen als ein schmiedbares Produkt gewann, war dies kein
von der Eisengewinnung getrennter Prozeſs. Man verfuhr sowohl in
den Rennherden als in den Stücköfen in ganz gleicher Weise und
es war nur von der Natur des Erzes und vom Zufalle abhängig, ob
das erhaltene Produkt hartes, stahlartiges Eisen oder weiches Schmiede-
eisen war. Deshalb hatte der Stahl auch nicht seine nähere Be-
zeichnung von der Bereitungsart, sondern von der Gegend, aus der
er stammte. Man unterschied nicht, wie heutzutage, Schweiſsstahl,
Brennstahl, Guſsstahl, Fluſsstahl u. s. w., sondern steirischen, flan-
drischen, kölnischen, brescianischen, spanischen, damascenischen, in-
dischen u. s. w.
Wenn aber auch die Erze ihrer Natur nach zur Stahlbereitung
mehr geeignet waren, so war doch die ausgeschmolzene Masse kein
gleichförmiges Produkt, sondern ein Gemenge von weichem Eisen
und rohem Stahl und bedurfte erst weiterer Behandlung, um brauch-
baren Stahl daraus herzustellen.
War nun der Ausfall der Schmelzung bei den Luppenfeuern und
Stücköfen vielfach durch den Zufall beeinfluſst, so lernte man an
den Orten, wo ein regelmäſsiger Betrieb mit gleichbleibenden Erzen
sich entwickelte, doch auch gewisse Verfahrungsweisen kennen, die
die Erzeugung von Stahl mehr begünstigten. Ein Beispiel hierfür
haben wir an den Bauernöfen in Schweden. In diesen wurde, wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. [246]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/266>, abgerufen am 17.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.