Ein Versprechen, dessen Erfüllung schädlicher ist, als der zu besorgende Zwang und Verdruß, welcher aus Abweichung von dem Versprechen folgt, darf man zwar nicht halten; aber den dadurch ver- ursachten Schaden muß man ersetzen.
§. 46.
Der Scherz ist eine Verstellung, welche andre vergnügen, oder zum lachen reizen soll. Er muß ehrbar, uneckelhaft und ohne einen solchen Schaden seyn, der grösser ist, als das Vergnügen.
Scherze nicht auf solche Art, daß du besorgen mußt, auch nach der Entdeckung zu mißfallen. Nie- mals mit deinen Vorgesetzten oder Vornehmern. Denn sie trauen dir den Verstand nicht zu, dich in der Gewohnheit des Scherzes von der Beleidigung ihrer Ehre zu enthalten. Nicht mit Hochmüthigen und Zornigen, denn sie haben nicht Verstand gnug, Scherz zu verstehen. Nicht mit Traurigen, über die Ursachen ihres Kummers; denn sie glauben sonst, daß du keinen Antheil daran nehmest. Nicht zwi- schen lehrreichen und ernsthaften Gesprächen. Denn der Nutzen derselben wird dadurch gestört. Nicht mit Argwöhnschen, welche sich den Scherz als eine Verachtung vorstellen. Nicht mit unbekannten Personen an öffentlichen Oertern, und zwar eben darum, weil du sie nicht kennest.
Ein
G 3
aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
Ein Verſprechen, deſſen Erfuͤllung ſchaͤdlicher iſt, als der zu beſorgende Zwang und Verdruß, welcher aus Abweichung von dem Verſprechen folgt, darf man zwar nicht halten; aber den dadurch ver- urſachten Schaden muß man erſetzen.
§. 46.
Der Scherz iſt eine Verſtellung, welche andre vergnuͤgen, oder zum lachen reizen ſoll. Er muß ehrbar, uneckelhaft und ohne einen ſolchen Schaden ſeyn, der groͤſſer iſt, als das Vergnuͤgen.
Scherze nicht auf ſolche Art, daß du beſorgen mußt, auch nach der Entdeckung zu mißfallen. Nie- mals mit deinen Vorgeſetzten oder Vornehmern. Denn ſie trauen dir den Verſtand nicht zu, dich in der Gewohnheit des Scherzes von der Beleidigung ihrer Ehre zu enthalten. Nicht mit Hochmuͤthigen und Zornigen, denn ſie haben nicht Verſtand gnug, Scherz zu verſtehen. Nicht mit Traurigen, uͤber die Urſachen ihres Kummers; denn ſie glauben ſonſt, daß du keinen Antheil daran nehmeſt. Nicht zwi- ſchen lehrreichen und ernſthaften Geſpraͤchen. Denn der Nutzen derſelben wird dadurch geſtoͤrt. Nicht mit Argwoͤhnſchen, welche ſich den Scherz als eine Verachtung vorſtellen. Nicht mit unbekannten Perſonen an oͤffentlichen Oertern, und zwar eben darum, weil du ſie nicht kenneſt.
Ein
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aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
Ein Verſprechen, deſſen Erfuͤllung ſchaͤdlicher
iſt, als der zu beſorgende Zwang und Verdruß,
welcher aus Abweichung von dem Verſprechen folgt,
darf man zwar nicht halten; aber den dadurch ver-
urſachten Schaden muß man erſetzen.
§. 46.
Der Scherz iſt eine Verſtellung, welche andre
vergnuͤgen, oder zum lachen reizen ſoll. Er muß
ehrbar, uneckelhaft und ohne einen ſolchen Schaden
ſeyn, der groͤſſer iſt, als das Vergnuͤgen.
Scherze nicht auf ſolche Art, daß du beſorgen
mußt, auch nach der Entdeckung zu mißfallen. Nie-
mals mit deinen Vorgeſetzten oder Vornehmern.
Denn ſie trauen dir den Verſtand nicht zu, dich in
der Gewohnheit des Scherzes von der Beleidigung
ihrer Ehre zu enthalten. Nicht mit Hochmuͤthigen
und Zornigen, denn ſie haben nicht Verſtand gnug,
Scherz zu verſtehen. Nicht mit Traurigen, uͤber die
Urſachen ihres Kummers; denn ſie glauben ſonſt,
daß du keinen Antheil daran nehmeſt. Nicht zwi-
ſchen lehrreichen und ernſthaften Geſpraͤchen. Denn
der Nutzen derſelben wird dadurch geſtoͤrt. Nicht
mit Argwoͤhnſchen, welche ſich den Scherz als eine
Verachtung vorſtellen. Nicht mit unbekannten
Perſonen an oͤffentlichen Oertern, und zwar eben
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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/125>, abgerufen am 23.02.2025.
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