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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XVII. Von denen Quietisten.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
"keinen schatten des zweiffels zum wiedrigen
"nachlässet.

54. "Die geistlichen von dem gewöhnlichen
"leben werden sich in ihrer todes-stunde betro-
"gen/ und mit allem leiden/ um sich in der an-
"dern welt zu säubern/ versäumet finden.

55. "Durch diß inwendige leben kommt man
"wol durch vieles leiden zur reinigung und er-
"tödtung aller passionen/ so daß man fortan
"nichts/ nichts/ nichts fühlet/ noch einige unruhe
"findet/ als ein todter leichnam/ die seele sich
"auch nicht ferner verführen lässet.

56. "Nach vernichtung der eigen-liebe ver-
"schwinden die beyden willen der seelen/ und
"man verübet auch selbst keine wirckliche sünde.

57. "Durch erlangte betrachtung kommt
"man in einen stand/ daß man keine tödtliche
"noch vergebliche (venialia) sünden thut.

58. "Als denn giebt man auff eigen werck
"kein acht mehr/ weil aus der achthabung die
"gebrechen entstehen.

59. "Der inwendige weg ist von der beicht/
"beicht-vater/ casu conscientiae und philoso-
"phia
abgesondert.

60. "Denen seelen/ so die achthabung vertilgen/
"verhindert Gott bißweilen die beicht/ und bläset
"ihnen so viel gnade ein/ als sie durchs sacrament
"(wozu sie nicht tretten mögen) empfangen.

61. "Die seele/ so mystisch getödtet ist/ kan
"nichts anders als GOtt begehren/ weil sie kei-
"nen willen hat/ und ihr solcher durch GOtt
"benommen ist.

62. "Durch das inwendige leben bleibt man
"allezeit unbeweglich in einem unmüglich un-
"ruhigen frieden.

63. "So die sinnen sterben/ und man zu nich-
"te kömt/ vermöge des mystischen todes/ so
"bilden die sinnen die äusserlichen sachen nicht
"mehr ab/ denn sie können den verstand darauff
"nicht dencken lassen.

"64. Ein Theologus ist unbequemer zur be-
"trachtung als ein anderer mensch/ weil sein
"glaube so sauber/ und er so niedrig nicht ist/
"und vor sein wolwesen so sehr sorget/ und das
"haupt voller gedancken und santasien hat/ wel-
"che ihm den weg zum wahren licht versperren.

"65. Ein jeder/ auch selbst die Geistlichen/
"müssen denen befehlhabern nur äusserlich/ Gott
"aber inwendig gehorchen.

"66. Es ist ungereimt/ daß man die seele nach
"dem inwendigen durch Priester will regieren
"lassen/ weil weder die H. Schrifft/ concilia,
"canones,
bullen/ Heiligen/ noch einige Aucto-
"res
solches sagen: Ecclesia non judicat de oc-
"cultis,
zu dem mag die seele erwehlen/ wen sie
"will/ um zu gehorchen.

"67. Deßgleichen auch/ daß man das inwen-
"dige für dem äusserlichen gerichte nicht beken-
"nen muß.

"68. Es ist keine macht in der welt/ welche
"äusserliche kundschafft von dieser lehre haben
"kan: Sondern man muß/ wenn sie etwas
"thut solches auch als eine gewalt des satans
"achten.

16. Ehe wir aber von diesen dem Molinos
beygemessenen puncten noch eines und das
andere aus seinen eigenen Schrifften selbst
anziehen/ wollen wir nur den Proceß kürtzlich
beschreiben/ der auf diese anklage erfolget. Der
Pabst hat zwar mit ihm und seinen freunden
[Spaltenumbruch] viel gelinder hiebey gehandelt/ als dessen fein-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

de/ die so sehr auf ihn erbittert gewesen// kaum
leiden können: doch haben diese gleichwol fol-
gendes wider ihn effectuirt. Molinos selbst
wurde gezwungen/ die obgesetzten Theses öf-
fentlich zu revociren/ welches denn auch Anno
1687. im Septembr. in der Kirche S. Maria so-
pra Minerva
geschehen/ und zwar auf einem
dazu aufgerichteten Theatro bey einem pom-
peu
sen Aufzug des Römischen Hofs/ wovon
dazumal ein grosses Kupfferbild zum zeugnis
der Thorheit heraus kam. Er hat zwar beyDes Moli-
nos
wie-
derruff.

dem Actu begehret an das Volck etwas zu re-
den/ aber zum abermahligen zeichen seiner un-
schuld nicht gedurfft. Gestalt er denn auch
mit einem sehr freyen und unbeschämten Ge-
sichte vor jedermann erschienen/ und als ihn das
Volck starr angesehen/ unter andern gesagt:
Sie sehen einen Menschen/ welchen man
sehr ausgeschryen hätte/ der aber busse
thäte.
Unterdessen hatten doch seine feinde
etliche von dem Volck angestifftet/ daß sie un-
ter verlesung des Processes gewaltig schryen:
zum feuer/ zum feuer! Sein ferners urtheilEwige ge-
fängniß.

war/ daß er zu ewiger gefängnis solte verdam-
met seyn/ täglich zweymal den Rosen-Crantz/
und einmal das Credo beten/ dreymal in der
woche fasten/ viermal des Jahrs beichten/ und
so offt/ als es seinem Beicht-Vater beliebte/
communiciren solte. Jn diese seine gefängnis
ist er mit grosser zufriedenheit gegangen/ hat es
sein Cabinet genennet/ und von dem eiinbeglei-
tenden Priester mit diesen worten abschied
genommen: Adieu! mein Pater, wir wer-
den uns schon am tage des Gerichts wie-
der sehen/ und zu der zeit wird es erkant
werden/ auf welcher seiten die wahrheit
ist/ ob auf eurer oder auf meiner.

17. Viele von seinen freunden sind so wolTracta-
ment der
andern
Quietisten.

zu Rom als an andern orten ebener massen
tractiret worden/ ja wenn einer nur etwas stil-
le und einsam gelebet/ hat er alsbald ein Qvie-
ti
ste heissen müssen. Etliche/ die sich nur ein
wenig verlauten lassen/ daß dem guten Moli-
nos
wol unrecht geschehen wäre/ sind so gleich
von Spionen angeklagt/ und als Ketzer tractirt
worden. Daher D. Burnet in seiner Reise-
beschreibung Part. II. pag. 454. erzehlet/ daß
gleich zur selben zeit/ da Molinos gefangen ge-
setzet/ und einer wegen einer verfänglichen rede
auf die galeen geschmiedet/ ein anderer wegen
einer Schrifft gehencket worden/ am Pasqvi-
no
folgende worte zu lesen gewesen:

Reden wir/ so müssen wir auf die ga-
leen:
schreiben wir/ so werden wir ge-
hencket: sind wir still und ruhig/ so wer-
den wir beym heiligen
Officio verklagt: wasMolinos
tod.

soll man denn thun? Was aber den aus-
gang mit dem D. Molinos betrifft/ so hat man
bereits im Jahr 1693. zu Rom aus gewissen
Staats-maximen ausgesprenget/ als wäre
er im gefängnis gestorben. Es ist aber erst vier
Jahr hernach aus Rom mit besserm grunde
geschrieben worden/ daß er Anno 1697. gerade
am tage der unschuldigen Kindlein in seinem
gefängnis verschieden/ und also fast in die ze-
hen Jahr lang in demselben/ welches ein klein
finster und elend gewölbgen gewesen/ verblie-
ben. Da denn in denen öffentlichen Gazetten
doch dieses beygesetzet war: Was er eigent-

lich

Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
„keinen ſchatten des zweiffels zum wiedrigen
„nachlaͤſſet.

54. „Die geiſtlichen von dem gewoͤhnlichen
„leben werden ſich in ihrer todes-ſtunde betro-
„gen/ und mit allem leiden/ um ſich in der an-
„dern welt zu ſaͤubern/ verſaͤumet finden.

55. „Durch diß inwendige leben kommt man
„wol durch vieles leiden zur reinigung und er-
„toͤdtung aller paſſionen/ ſo daß man fortan
„nichts/ nichts/ nichts fuͤhlet/ noch einige unruhe
„findet/ als ein todter leichnam/ die ſeele ſich
„auch nicht ferner verfuͤhren laͤſſet.

56. „Nach vernichtung der eigen-liebe ver-
„ſchwinden die beyden willen der ſeelen/ und
„man veruͤbet auch ſelbſt keine wirckliche ſuͤnde.

57. „Durch erlangte betrachtung kommt
„man in einen ſtand/ daß man keine toͤdtliche
„noch vergebliche (venialia) ſuͤnden thut.

58. „Als denn giebt man auff eigen werck
„kein acht mehr/ weil aus der achthabung die
„gebrechen entſtehen.

59. „Der inwendige weg iſt von der beicht/
„beicht-vater/ caſu conſcientiæ und philoſo-
„phia
abgeſondert.

60. „Denen ſeelen/ ſo die achthabung vertilgẽ/
„verhindert Gott bißweilen die beicht/ uñ blaͤſet
„ihnẽ ſo viel gnade ein/ als ſie durchs ſacrament
„(wozu ſie nicht tretten moͤgen) empfangen.

61. „Die ſeele/ ſo myſtiſch getoͤdtet iſt/ kan
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„benommen iſt.

62. „Durch das inwendige leben bleibt man
„allezeit unbeweglich in einem unmuͤglich un-
„ruhigen frieden.

63. „So die ſinnen ſterben/ und man zu nich-
„te koͤmt/ vermoͤge des myſtiſchen todes/ ſo
„bilden die ſinnen die aͤuſſerlichen ſachen nicht
„mehr ab/ denn ſie koͤnnen den verſtand darauff
„nicht dencken laſſen.

„64. Ein Theologus iſt unbequemer zur be-
„trachtung als ein anderer menſch/ weil ſein
„glaube ſo ſauber/ und er ſo niedrig nicht iſt/
„und vor ſein wolweſen ſo ſehr ſorget/ und das
„haupt voller gedancken und ſantaſien hat/ wel-
„che ihm den weg zum wahren licht verſperren.

„65. Ein jeder/ auch ſelbſt die Geiſtlichen/
„muͤſſen denen befehlhabern nur aͤuſſerlich/ Gott
„aber inwendig gehorchen.

„66. Es iſt ungereimt/ daß man die ſeele nach
„dem inwendigen durch Prieſter will regieren
„laſſen/ weil weder die H. Schrifft/ concilia,
„canones,
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zu dem mag die ſeele erwehlen/ wen ſie
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„67. Deßgleichen auch/ daß man das inwen-
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„68. Es iſt keine macht in der welt/ welche
„aͤuſſerliche kundſchafft von dieſer lehre haben
„kan: Sondern man muß/ wenn ſie etwas
„thut ſolches auch als eine gewalt des ſatans
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16. Ehe wir aber von dieſen dem Molinos
beygemeſſenen puncten noch eines und das
andere aus ſeinen eigenen Schrifften ſelbſt
anziehen/ wollen wir nur den Proceß kuͤrtzlich
beſchreiben/ der auf dieſe anklage erfolget. Der
Pabſt hat zwar mit ihm und ſeinen freunden
[Spaltenumbruch] viel gelinder hiebey gehandelt/ als deſſen fein-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

de/ die ſo ſehr auf ihn erbittert geweſen// kaum
leiden koͤnnen: doch haben dieſe gleichwol fol-
gendes wider ihn effectuirt. Molinos ſelbſt
wurde gezwungen/ die obgeſetzten Theſes oͤf-
fentlich zu revociren/ welches denn auch Anno
1687. im Septembr. in der Kirche S. Maria ſo-
pra Minerva
geſchehen/ und zwar auf einem
dazu aufgerichteten Theatro bey einem pom-
peu
ſen Aufzug des Roͤmiſchen Hofs/ wovon
dazumal ein groſſes Kupfferbild zum zeugnis
der Thorheit heraus kam. Er hat zwar beyDes Moli-
nos
wie-
derruff.

dem Actu begehret an das Volck etwas zu re-
den/ aber zum abermahligen zeichen ſeiner un-
ſchuld nicht gedurfft. Geſtalt er denn auch
mit einem ſehr freyen und unbeſchaͤmten Ge-
ſichte vor jedermann erſchienen/ und als ihn das
Volck ſtarr angeſehen/ unter andern geſagt:
Sie ſehen einen Menſchen/ welchen man
ſehr ausgeſchryen haͤtte/ der aber buſſe
thaͤte.
Unterdeſſen hatten doch ſeine feinde
etliche von dem Volck angeſtifftet/ daß ſie un-
ter verleſung des Proceſſes gewaltig ſchryen:
zum feuer/ zum feuer! Sein ferners urtheilEwige ge-
faͤngniß.

war/ daß er zu ewiger gefaͤngnis ſolte verdam-
met ſeyn/ taͤglich zweymal den Roſen-Crantz/
und einmal das Credo beten/ dreymal in der
woche faſten/ viermal des Jahrs beichten/ und
ſo offt/ als es ſeinem Beicht-Vater beliebte/
communiciren ſolte. Jn dieſe ſeine gefaͤngnis
iſt er mit groſſer zufriedenheit gegangen/ hat es
ſein Cabinet genennet/ und von dem eiinbeglei-
tenden Prieſter mit dieſen worten abſchied
genommen: Adieu! mein Pater, wir wer-
den uns ſchon am tage des Gerichts wie-
der ſehen/ und zu der zeit wird es erkant
werden/ auf welcher ſeiten die wahrheit
iſt/ ob auf eurer oder auf meiner.

17. Viele von ſeinen freunden ſind ſo wolTracta-
ment der
andern
Quietiſten.

zu Rom als an andern orten ebener maſſen
tractiret worden/ ja wenn einer nur etwas ſtil-
le und einſam gelebet/ hat er alsbald ein Qvie-
ti
ſte heiſſen muͤſſen. Etliche/ die ſich nur ein
wenig verlauten laſſen/ daß dem guten Moli-
nos
wol unrecht geſchehen waͤre/ ſind ſo gleich
von Spionen angeklagt/ und als Ketzer tractirt
worden. Daher D. Burnet in ſeiner Reiſe-
beſchreibung Part. II. pag. 454. erzehlet/ daß
gleich zur ſelben zeit/ da Molinos gefangen ge-
ſetzet/ und einer wegen einer verfaͤnglichen rede
auf die galéen geſchmiedet/ ein anderer wegen
einer Schrifft gehencket worden/ am Pasqvi-
no
folgende worte zu leſen geweſen:

Reden wir/ ſo muͤſſen wir auf die ga-
léen:
ſchreiben wir/ ſo werden wir ge-
hencket: ſind wir ſtill und ruhig/ ſo wer-
den wir beym heiligẽ
Officio verklagt: wasMolinos
tod.

ſoll man denn thun? Was aber den aus-
gang mit dem D. Molinos betrifft/ ſo hat man
bereits im Jahr 1693. zu Rom aus gewiſſen
Staats-maximen ausgeſprenget/ als waͤre
er im gefaͤngnis geſtorben. Es iſt aber erſt vier
Jahr hernach aus Rom mit beſſerm grunde
geſchrieben worden/ daß er Anno 1697. gerade
am tage der unſchuldigen Kindlein in ſeinem
gefaͤngnis verſchieden/ und alſo faſt in die ze-
hen Jahr lang in demſelben/ welches ein klein
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ben. Da denn in denen oͤffentlichen Gazetten
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[180/0192] Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten. „keinen ſchatten des zweiffels zum wiedrigen „nachlaͤſſet. Jahr MDC. biß MDCC. 54. „Die geiſtlichen von dem gewoͤhnlichen „leben werden ſich in ihrer todes-ſtunde betro- „gen/ und mit allem leiden/ um ſich in der an- „dern welt zu ſaͤubern/ verſaͤumet finden. 55. „Durch diß inwendige leben kommt man „wol durch vieles leiden zur reinigung und er- „toͤdtung aller paſſionen/ ſo daß man fortan „nichts/ nichts/ nichts fuͤhlet/ noch einige unruhe „findet/ als ein todter leichnam/ die ſeele ſich „auch nicht ferner verfuͤhren laͤſſet. 56. „Nach vernichtung der eigen-liebe ver- „ſchwinden die beyden willen der ſeelen/ und „man veruͤbet auch ſelbſt keine wirckliche ſuͤnde. 57. „Durch erlangte betrachtung kommt „man in einen ſtand/ daß man keine toͤdtliche „noch vergebliche (venialia) ſuͤnden thut. 58. „Als denn giebt man auff eigen werck „kein acht mehr/ weil aus der achthabung die „gebrechen entſtehen. 59. „Der inwendige weg iſt von der beicht/ „beicht-vater/ caſu conſcientiæ und philoſo- „phia abgeſondert. 60. „Denen ſeelen/ ſo die achthabung vertilgẽ/ „verhindert Gott bißweilen die beicht/ uñ blaͤſet „ihnẽ ſo viel gnade ein/ als ſie durchs ſacrament „(wozu ſie nicht tretten moͤgen) empfangen. 61. „Die ſeele/ ſo myſtiſch getoͤdtet iſt/ kan „nichts anders als GOtt begehren/ weil ſie kei- „nen willen hat/ und ihr ſolcher durch GOtt „benommen iſt. 62. „Durch das inwendige leben bleibt man „allezeit unbeweglich in einem unmuͤglich un- „ruhigen frieden. 63. „So die ſinnen ſterben/ und man zu nich- „te koͤmt/ vermoͤge des myſtiſchen todes/ ſo „bilden die ſinnen die aͤuſſerlichen ſachen nicht „mehr ab/ denn ſie koͤnnen den verſtand darauff „nicht dencken laſſen. „64. Ein Theologus iſt unbequemer zur be- „trachtung als ein anderer menſch/ weil ſein „glaube ſo ſauber/ und er ſo niedrig nicht iſt/ „und vor ſein wolweſen ſo ſehr ſorget/ und das „haupt voller gedancken und ſantaſien hat/ wel- „che ihm den weg zum wahren licht verſperren. „65. Ein jeder/ auch ſelbſt die Geiſtlichen/ „muͤſſen denen befehlhabern nur aͤuſſerlich/ Gott „aber inwendig gehorchen. „66. Es iſt ungereimt/ daß man die ſeele nach „dem inwendigen durch Prieſter will regieren „laſſen/ weil weder die H. Schrifft/ concilia, „canones, bullen/ Heiligen/ noch einige Aucto- „res ſolches ſagen: Eccleſia non judicat de oc- „cultis, zu dem mag die ſeele erwehlen/ wen ſie „will/ um zu gehorchen. „67. Deßgleichen auch/ daß man das inwen- „dige fuͤr dem aͤuſſerlichen gerichte nicht beken- „nen muß. „68. Es iſt keine macht in der welt/ welche „aͤuſſerliche kundſchafft von dieſer lehre haben „kan: Sondern man muß/ wenn ſie etwas „thut ſolches auch als eine gewalt des ſatans „achten. 16. Ehe wir aber von dieſen dem Molinos beygemeſſenen puncten noch eines und das andere aus ſeinen eigenen Schrifften ſelbſt anziehen/ wollen wir nur den Proceß kuͤrtzlich beſchreiben/ der auf dieſe anklage erfolget. Der Pabſt hat zwar mit ihm und ſeinen freunden viel gelinder hiebey gehandelt/ als deſſen fein- de/ die ſo ſehr auf ihn erbittert geweſen// kaum leiden koͤnnen: doch haben dieſe gleichwol fol- gendes wider ihn effectuirt. Molinos ſelbſt wurde gezwungen/ die obgeſetzten Theſes oͤf- fentlich zu revociren/ welches denn auch Anno 1687. im Septembr. in der Kirche S. Maria ſo- pra Minerva geſchehen/ und zwar auf einem dazu aufgerichteten Theatro bey einem pom- peuſen Aufzug des Roͤmiſchen Hofs/ wovon dazumal ein groſſes Kupfferbild zum zeugnis der Thorheit heraus kam. Er hat zwar bey dem Actu begehret an das Volck etwas zu re- den/ aber zum abermahligen zeichen ſeiner un- ſchuld nicht gedurfft. Geſtalt er denn auch mit einem ſehr freyen und unbeſchaͤmten Ge- ſichte vor jedermann erſchienen/ und als ihn das Volck ſtarr angeſehen/ unter andern geſagt: Sie ſehen einen Menſchen/ welchen man ſehr ausgeſchryen haͤtte/ der aber buſſe thaͤte. Unterdeſſen hatten doch ſeine feinde etliche von dem Volck angeſtifftet/ daß ſie un- ter verleſung des Proceſſes gewaltig ſchryen: zum feuer/ zum feuer! Sein ferners urtheil war/ daß er zu ewiger gefaͤngnis ſolte verdam- met ſeyn/ taͤglich zweymal den Roſen-Crantz/ und einmal das Credo beten/ dreymal in der woche faſten/ viermal des Jahrs beichten/ und ſo offt/ als es ſeinem Beicht-Vater beliebte/ communiciren ſolte. Jn dieſe ſeine gefaͤngnis iſt er mit groſſer zufriedenheit gegangen/ hat es ſein Cabinet genennet/ und von dem eiinbeglei- tenden Prieſter mit dieſen worten abſchied genommen: Adieu! mein Pater, wir wer- den uns ſchon am tage des Gerichts wie- der ſehen/ und zu der zeit wird es erkant werden/ auf welcher ſeiten die wahrheit iſt/ ob auf eurer oder auf meiner. Jahr MDC. biß MDCC. Des Moli- nos wie- derruff. Ewige ge- faͤngniß. 17. Viele von ſeinen freunden ſind ſo wol zu Rom als an andern orten ebener maſſen tractiret worden/ ja wenn einer nur etwas ſtil- le und einſam gelebet/ hat er alsbald ein Qvie- tiſte heiſſen muͤſſen. Etliche/ die ſich nur ein wenig verlauten laſſen/ daß dem guten Moli- nos wol unrecht geſchehen waͤre/ ſind ſo gleich von Spionen angeklagt/ und als Ketzer tractirt worden. Daher D. Burnet in ſeiner Reiſe- beſchreibung Part. II. pag. 454. erzehlet/ daß gleich zur ſelben zeit/ da Molinos gefangen ge- ſetzet/ und einer wegen einer verfaͤnglichen rede auf die galéen geſchmiedet/ ein anderer wegen einer Schrifft gehencket worden/ am Pasqvi- no folgende worte zu leſen geweſen: Tracta- ment der andern Quietiſten. Reden wir/ ſo muͤſſen wir auf die ga- léen: ſchreiben wir/ ſo werden wir ge- hencket: ſind wir ſtill und ruhig/ ſo wer- den wir beym heiligẽ Officio verklagt: was ſoll man denn thun? Was aber den aus- gang mit dem D. Molinos betrifft/ ſo hat man bereits im Jahr 1693. zu Rom aus gewiſſen Staats-maximen ausgeſprenget/ als waͤre er im gefaͤngnis geſtorben. Es iſt aber erſt vier Jahr hernach aus Rom mit beſſerm grunde geſchrieben worden/ daß er Anno 1697. gerade am tage der unſchuldigen Kindlein in ſeinem gefaͤngnis verſchieden/ und alſo faſt in die ze- hen Jahr lang in demſelben/ welches ein klein finſter und elend gewoͤlbgen geweſen/ verblie- ben. Da denn in denen oͤffentlichen Gazetten doch dieſes beygeſetzet war: Was er eigent- lich Molinos tod.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/192>, abgerufen am 26.04.2024.