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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Fortgeſetzte allgemeine anmerckungen
[Spaltenumbruch]
Antwort.

Daß der Vaͤter ſinn ſolches eintraͤchtiglich
halte/ mag gantz nicht/ ſondern leicht das ge-
gentheil bewieſen werden/ daß die Vaͤter nicht
weniger in dieſen als in vielen andern ſtuͤcken
uneins ſind/ nicht allein ein jeder inſonderheit
wider den andern/ ſondern auch meiſt jeder wi-
der ſich ſelbſt/ und vornemlich der beruͤhmteſte
unter allen S. Auguſtinus. Das iſt ein unterfan-
gen ohne wahrheit/ und macht gar keinen gu-
ten credit. Hiermit aber meinet dieſer Pame-
lius
gnugſam bewieſen zu haben/ daß der vor-
erzehlten Kaͤyſer ihre geſetze nach art des geſetzes
gemacht geweſen ſind. Und daß nun der vor-
beſagten Vaͤter ſinn zubeweiſen recht ſey/ beſtaͤ-
tiget er damit/ daß er mit der H. Schrifft zum
vorſchein kommet. Das ſolte nun das rechte
mittel ſeyn/ als welches allein glaubwuͤr-
dig iſt/ daß alle die andern vorhergehenden be-
ſten beweißthuͤmer/ ſo aus menſchen vernunfft/
opinionen und gutduͤncken herkommen/ nicht
noͤthig und wahr geweſt/ noch auch der Vaͤter
ſinn nicht/ als nur CHriſti und ſeiner Apoſteln
ſinn ſcheinet geweſen zu ſeyn. Alſo ſetzet er
CHriſti eingeſetzten weg vor an/ daß man die
verbanneten zu halten habe vor Heiden und
Zoͤllner/ dazu ſetzet er CHriſti und Pauli worte
Matth. XVI. 1. Tim. I. 2. Tim. III. und Tit.
III.
das iſt CHriſti geſetz/ das iſt auffrichtig
und nuͤtzlich das aͤrgerniß von der kirchen auff-
zuheben und zur beſſerung des ketzers. Dieſe
ketzer-ſtraffe CHriſti und Pauli/ ſagt ihr/ ſey ge-
handelt worden von den Apoſteln an in der kir-
che/ auch in allen concilien gebraucht worden/
und pflege noch biß jetzo in der Roͤmiſchen kir-
che zu dauren. Das iſt die zweyte unwahrheit
noch im anfang dieſes hauptſtuͤcks. Denn
das iſt nicht wahr/ ich nehms nur von dem
Coſtnitzer concilio an: Warum ward Johann
Huß verbrandt? weiter/ warum hat die Roͤ-
miſche kirche binnen unſerer kurtzen zeit ſo manch
tauſend menſchen laſſen verbrennen und koͤpffen
unter dem namen/ ketzer? was vor glauben/
lieber leſer/ verdienen die ſchreiber/ die ſich nicht
ſcheuen ſo offenbare luͤgen zu ſchreiben? befiehlt
CHriſtus und Paulus in dem vorbeſagten ge-
ſetz die ketzer zu toͤdten? Nein/ ſondern nur aus
der kirche zu bannen und vor heyden zuhalten.
So brecht ihr ja CHriſti geſetz/ das heiſt nicht
halten. Oder habt ihr macht CHriſti geſetz zu
veraͤndern nach eurem gutduͤncken. Zeiget
dieſe eure macht/ ſo wird man glauben muͤſſen/
daß CHriſti geſetz eine naſe ſey von wachs oder
leimen/ die ihr moͤget beugen und kruͤmmen
nach eurem belieben/ und dabey auch glauben
muͤſſen/ daß eure Roͤmiſche/ nicht CHriſti ge-
ſetze/ der Chriſten geſetze ſeyn darnach zule-
ben/ als die ihr aus CHriſti geſetzen durch ver-
aͤnderung derſelben nach eurem gutduͤncken eu-
re Paͤbſtliche geſ[e]tze machet/ ſo daß wir nicht
mehr Chriſten/ ſondern mit recht Papiſten
muͤſten genennet werden.

Darnach bringt ihr Moſis geſetz vor/ von
den falſchen Propheten/ als welche vorherſa-
gende kamen und ſprachen: kommt/ laſſet uns
gehen und fremden goͤttern/ die ihr nicht ken-
net/ folgen und dienen. 5. B. Moſ. XIII.
auch dergleichen verbot Cap. XVII. Hier iſt
euch alſobald Chriſti geſetz zu linde/ das ver-
[Spaltenumbruch] laſt ihr und laufft zu Moſis ſtrengem geſetz
das nicht von einem ketzer/ ſondern von einem
falſchen Propheten redet/ damit ihr oͤffentlich
euren verkehrten geiſt zu erkennen gebt/ und
lieber Moſis als CHriſti diener ſeyd. Jſt denn
Moſes euer Herꝛ und geſetzgeber/ warum nen-
net ihr euch Chriſten und nicht Juden? Jſt
aber CHriſtus euer Herꝛ/ warum folgt ihr nicht
CHriſti/ ſondern Moſis geſetz? Aber wie laſt
ihr zu/ daß ein ketzer und ein ſolcher falſcher
Prophet ein ding ſey? wo wolt ihr uns nun ſol-
che falſche Prophetē weiſen? oder wolt ihr ſtraf-
fen/ was nicht im weſen iſt? oder duͤnckt euch
gut mit den Apothekern zu nehmen quid pro
quo?
oder iſts euch alles eins/ wenn ihr einen
als des todes ſchuldig nach dem geſetze oder un-
ſchuldig urtheilet/ daß ihr nur moͤget euren
blut-durſt loͤſchen? Doch iſt von dem Mo-
ſaiſchen proceß uͤberfluͤßig gehandelt in dem
zweyten pꝛoceß von dem ketzer-toͤdten/ da kan deꝛ
leſer/ ſo er ein mehrers begehret/ leſen.

Von Moſe kommt er auff Tertullianum,
der (wie Auguſtinus von ihm zeuget de hære-
ſibus ad Quod vult-Deum num.
66.) nach ſei-
nem eignem urtheil muͤſt ein ketzer ſeyn bey
der Roͤmiſchen kirchen/ und nach ihrem urtheil
getoͤdtet werden. Haben denn bey den Ca-
tholiſchen die ketzer ſelber/ wenn ſie nur fein
ſcharff ſind/ ſolchen glauben/ daß ſie mit der
ketzer worten pochen zubeweiſen/ wie man
ſchuldig ſey/ auff den rechten weg die ketzer zu
bringen/ nicht mit anlockungen/ ſondern mit
zwang? daß man die ketzer mit haͤrtigkeit/ nicht
aber mit friedfertigkeit muͤſſe uͤberwinden. Der-
ſelbe Tertullianus ſchreibt gleichfalls (wie
der anmercker uͤber die heutiſche friedens-
tractaten erzehlet. Th. IV. verſ. —) daß es
kein werck der religion ſey/ die religion
zu zwingen/ als welche williglich und
nicht mit gewalt muͤſſe angenommen
ſeyn.
So eins iſt er mit ſich ſelbſt. Und dieß
ſollen nun feſte beweißthuͤmer ſeyn in ſo groſ-
ſer ſache/ es ſey denn/ daß man auch lobe und
vor auffrichtig halte den rath Caiphaͤ/ nach ſei-
ner falſchen theiding den ſohn GOttes toͤdten
zulaſſen. Darnach holt er herfuͤr das Arimi-
nenſer concilium,
das von dem Kaͤyſer verlang-
te bey ihrer vorvaͤter ſatzungen zu bleiben. Es
erhellet aber noch nicht/ daß der menſchen ſa-
tzungen alleſammt Goͤttlich ſeyn. Dis erhellet
aber an CHriſti ſatzungen. Warum wollen
ſie nicht leiden/ daß andere nach Chriſti einſe-
tzungen leben/ die alleſamt Goͤttlich ſind/ die
aͤlter und beſſer ſind denn alle menſchen-ſatzun-
gen. So ſie der Vaͤter eigen ſind/ wird Chriſto
damit nichts gedienet ſeyn. Oder hat die
Roͤmiſche kirche macht und recht/ andern das/
was recht iſt und ſie begehren/ zu entziehen/ und
ſelbſt das/ was ſie unrecht verlanget/ zugenieſ-
ſen. Wer merckt nicht/ daß ſolch ihr thun un-
recht gegen GOtt und gegen das geſetz der na-
tur ſelbſt ſey?

Hier war das guͤtige geſetz CHriſti/ von dem
bann/ ihnen wieder zu gelinde/ das ſchuͤtten ſie
vom halſe/ lauffen von CHriſto zu Moſe und
deſſelben ſtreng[ē] geſetzē/ und loben deß Pinehas
und Eliaͤblutige beſtraffung uͤber die goͤtzen-die-
ner und hurer wider Moſis geſetz. Hoͤrt diß

noch

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/324>, abgerufen am 06.01.2025.