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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XVI. Von der Antoinette Bourignon,
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
derer Prediger/ wie auch anderer kirche-regenten
ausführlich erzehlet/ insonderheit aber/ wie er
das meiste darüber leiden müssen/ weil er auch
unter den Reformirten so wol als unter den Lu-
theranern einen unterscheid gemachet/ und mit
denen frommen und auffrichtigen aus allen par-
theyen ohne bedencken gemeinschafft gehalten.

Michaelis
schrifften.

29. Von denen bißhero gleichfals ausge-
gangenen schrifften des bekanten Michaelis, ei-
nes zu unterschiedene malen abgedanckten Pfar-
rers/ ist auch nur so viel zugedencken/ daß selbige
gegen den gemeinen zustand des Lutherthums
häuptsächlich gerichtet seyn/ als da sind: Der
wiederlebende
Lutherus, der kirchen-ca-
lender oder
Prognosticon der gegenwärti-
gen Christenheit/
und dergleichen. Davon
noch die meisten nicht publicirt sind. Er hat
sonst schon anno 1675. zum ersten mal im Con-
[Spaltenumbruch] sistorio
zu Wittenberg seine Pfarre niederge-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

legt/ 2. jahr darnach sich wieder durch die Ole-
arios
hinein ziehen lassen/ aber anno 82. wieder
weichen müssen/ und von dar an lebet er noch
im Exilio zu Altona/ allwo er noch anno 1699.
seinen gantzen lebenslauffs drucken lassen/ un-
ter dem titel: Wagen und wege des gros-
sen GOttes mit seinen wunderlichen
Heiligen.
Es ist aber zeit/ daß wir uns zu
denen übrigen personen wenden/ die sich annoch
in denen letzten jahren von denen grossen par-
theyen abgesondert/ und damit den ketzer-na-
men gleichfals verdient haben. Darunter
denn auch vornemlich die berühmte Nieder-
ländische Jungfrau Antoinette Bourignon
zu rechnen ist/ von deren leben/ lehr und schriff-
ten folgendes ohne partheyligkeit soll angemer-
cket werden.

Das XVI. Capitel.
Von der Antoinette Bourignon und etlichen andern Weibspersonen/
wie auch von Petro Poiret.
[Spaltenumbruch]

§. 1.

Der An-
toinette
le-
benslauff.

SOviel das leben der Antoinette be-
trifft/ ist selbiges ausführlich in einem
eigenen buche/ und zwar zuerst Fran-
tzösisch/ hernach auch anno 1684. Hochteutsch
zu Amsterdam aus gegeben worden. Jn die-
sem buche ist erstlich eine schutz-rede vor diesel-
be enthalten biß auff p. 239. hernach eine erzeh-
lung/
so sie selbst von ihrem innerlichen leben
auff gesetzet/ wie auch dar auff ihr eigener bericht
von ihrem äusserlichenleben/ und dann letzt-
lich eines ungenanten Auctoris (welcher Pe-
trus Poiret
gewesen) fortsetzung und ausfüh-
rung
von dieser jungfrauen lebenund abster-
Jhre ge-
burt und
aufferzie-
hung.
ben.
Jn diesen schrifften wird weitläufftig er-
zehlet/ wie dieselbe anno 1616. zu Ryssel in
Flandern von einem Kauffmann Johann
Bourignon und Margaretha Beckwart erzeu-
get und aufferzogen worden/ siehe das äusser-
liche leben
p. 138. u. f. Sie selbsten ver-
sichert daselbst/ daß sie von ihrer zartesten
kindheit an sehr ernsthafftig gewesen/ auch bald
nach Christen zu fragen angefangen/ nach dem
sie vom Christenthum unterrichtet worden.
Jngleichen daß sie über solchen ihren frage ver-
spottet worden/ als sie das leben CHristi dem
gemeinen leben/ welches sie unter den ihrigen ge-
sehen/ entgegen gesetzet/ und behaubten wollen/
daß weder ihre eltern noch die andern rechte
Christen wären.

2. Sie erwehnet weiter p. 141. u. f. wie sie
Erster zug
zu GOtt.
durch ihre älteste schwester zu den eitelkeiten die-
ser welt verführet worden/ darüber und weil
ihr vater sie bereits einem Kauffmann zur ehe
versprochen/ ihr in ihrem hertzen also zugeredet
worden: wilstu mich eines andern wegen
verlassen? wirstu wol einen liebsten sin-
den/ der vollkommener und besser sey
denn ich?
Hierüber sey sie dermassen gerüh-
ret worden/ daß sie in dem jungfrauen-stand zu
bleiben entschlossen/ und/ weil sie unter denen
Römisch-Catholischen erzogen/ in ein kloster
zugehen/ ihr vater aber verbeut es ihr/ und die
Carmeliter-Mönche schlagen es ihr ab/ weil sie
ihr vater enterben will. Sie fänget darauff
[Spaltenumbruch] an/ nach dem sie auch in den Clöstern keine
Christen findet/ sich in ihre kammer allein zu
verbergen/ gehet fleißig zur kirchen und Abend-
mahl/ fastet/ betet/ wachet und casteyet sich.
Unter währendem beten und weinen höret sie
immer in sich selbst/ da sie GOtt stäts fragt/
was sie thun solle: Jn der wüste/ in derAusgang
aus ihres
vaters
hauß.

wüste! weil nun ihr vater ohne dem auff das
jahr 1636. ihre hochzeit bestimmet/ gehet sie
am Oster-tage früh aus dem hause biß etliche
meilen von ihrer vater-stadt/ da sie in ein
Dorff Bassek genant kömt/ alwo sie von Reu-
tern zwar angesprenget/ aber doch wieder erlö-
set wird. Sie kömt darauff zu dem Pfarrer
selbiges Dorffs/ findet ihn in einem sehr stren-
gen Christlichen leben. Jhre eltern forschen
sie zwar daselbst aus/ vermögen sie aber nichtZurück-
kunfft/

zurück zu ziehen/ biß sie ihr auff des Ertz-Bi-
schoffs von Camerich zureden völlige freyheit
ihres gewissens versprochen/ weil aber ihr vater
dieses nicht hält/ auch sonsten ihr allerhand
hindernisse/ verfolgungen/ und ander unge-
mach begegnet/ trachtet sie wiederum loß zu
werden/ und wechselt darüber viel schreiben mit
ihrem Beicht-vater/ welche hernach unter dem
tit ul: beruffung GOttes/ und verweige-
rung des menschens/
gedruckt worden.

3. Also gehet sie anno 1639. abermal ausund aber-
malige
flucht.

ihres vaters hauß und nach Bergen/ stellet
dem Ertz-Bischoff daselbst/ wie auch dem De-
chant den abfall der Christen und die nothwen-
digkeit eines andern lebens vor/ und erhältEinsames
lebea.

dadurch/ daß sie nebenst etlichen andern jung-
frauen in einem Dorffe Blatton ein Evangeli-
sches leben führen darff. Sie muß aber baldVerfol-
gung von
den Pfaf-
fen.

von der Clerisey/ und sonderlich den Jesuiten/
grossen widerstand erfahren/ welche auch eine
von diesen Jungfrauen zwingen eine schrifft
über das Hohe Lied zu verbrennen/ mit der ur-
sach: Es käme den Frauen nicht zu die
H. Schrifft auszulegen.
Diese Pfaffen
lassen auch dem Ertz-bischoff nicht eher ruhe/
biß er die gegebene freyheit widerrufft/ zumal
sie öffentlich bekant/ daß alles böse von den
kirchen-bedienten herkomme. Sie muß darauff

aus

Th. III. C. XVI. Von der Antoinette Bourignon,
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
derer Prediger/ wie auch anderer kirchē-regenten
ausfuͤhrlich erzehlet/ inſonderheit aber/ wie er
das meiſte daruͤber leiden muͤſſen/ weil er auch
unter den Reformirten ſo wol als unter den Lu-
theranern einen unterſcheid gemachet/ und mit
denen frommen und auffrichtigen aus allen par-
theyen ohne bedencken gemeinſchafft gehalten.

Michaëlis
ſchrifften.

29. Von denen bißhero gleichfals ausge-
gangenen ſchrifften des bekanten Michaëlis, ei-
nes zu unteꝛſchiedenë malen abgedanckten Pfaꝛ-
rers/ iſt auch nur ſo viel zugedencken/ daß ſelbige
gegen den gemeinen zuſtand des Lutherthums
haͤuptſaͤchlich gerichtet ſeyn/ als da ſind: Der
wiederlebende
Lutherus, der kirchen-ca-
lender oder
Prognoſticon der gegenwaͤrti-
gen Chriſtenheit/
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noch die meiſten nicht publicirt ſind. Er hat
ſonſt ſchon anno 1675. zum erſten mal im Con-
[Spaltenumbruch] ſiſtorio
zu Wittenberg ſeine Pfarre niederge-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

legt/ 2. jahr darnach ſich wieder durch die Ole-
arios
hinein ziehen laſſen/ aber anno 82. wieder
weichen muͤſſen/ und von dar an lebet er noch
im Exilio zu Altona/ allwo er noch anno 1699.
ſeinen gantzen lebenslauffs drucken laſſen/ un-
ter dem titel: Wagen und wege des groſ-
ſen GOttes mit ſeinen wunderlichen
Heiligen.
Es iſt aber zeit/ daß wir uns zu
denen uͤbrigen perſonen wenden/ die ſich annoch
in denen letzten jahren von denen groſſen par-
theyen abgeſondert/ und damit den ketzer-na-
men gleichfals verdient haben. Darunter
denn auch vornemlich die beruͤhmte Nieder-
laͤndiſche Jungfrau Antoinette Bourignon
zu rechnen iſt/ von deren leben/ lehr und ſchriff-
ten folgendes ohne partheyligkeit ſoll angemer-
cket werden.

Das XVI. Capitel.
Von der Antoinette Bourignon und etlichen andern Weibsperſonen/
wie auch von Petro Poiret.
[Spaltenumbruch]

§. 1.

Der An-
toinette
le-
benslauff.

SOviel das leben der Antoinette be-
trifft/ iſt ſelbiges ausfuͤhrlich in einem
eigenen buche/ und zwar zuerſt Fran-
tzoͤſiſch/ hernach auch anno 1684. Hochteutſch
zu Amſterdam aus gegeben worden. Jn die-
ſem buche iſt erſtlich eine ſchutz-rede vor dieſel-
be enthalten biß auff p. 239. hernach eine erzeh-
lung/
ſo ſie ſelbſt von ihrem iñerlichen leben
auff geſetzet/ wie auch dar auff ihr eigener bericht
von ihrem aͤuſſerlichenleben/ und dann letzt-
lich eines ungenanten Auctoris (welcher Pe-
trus Poiret
geweſen) fortſetzung und ausfuͤh-
rung
von dieſer jungfrauen lebenuñ abſter-
Jhre ge-
burt und
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hung.
ben.
Jn dieſen ſchrifften wird weitlaͤufftig er-
zehlet/ wie dieſelbe anno 1616. zu Ryſſel in
Flandern von einem Kauffmann Johann
Bourignon und Margaretha Beckwart erzeu-
get und aufferzogen worden/ ſiehe das aͤuſſer-
liche leben
p. 138. u. f. Sie ſelbſten ver-
ſichert daſelbſt/ daß ſie von ihrer zarteſten
kindheit an ſehr ernſthafftig geweſen/ auch bald
nach Chriſten zu fragen angefangen/ nach dem
ſie vom Chriſtenthum unterrichtet worden.
Jngleichen daß ſie uͤber ſolchen ihren fragē ver-
ſpottet worden/ als ſie das leben CHriſti dem
gemeinen leben/ welches ſie unter den ihrigen ge-
ſehen/ entgegen geſetzet/ und behaubten wollen/
daß weder ihre eltern noch die andern rechte
Chriſten waͤren.

2. Sie erwehnet weiter p. 141. u. f. wie ſie
Erſter zug
zu GOtt.
durch ihre aͤlteſte ſchweſter zu den eitelkeiten die-
ſer welt verfuͤhret worden/ daruͤber und weil
ihr vater ſie bereits einem Kauffmann zur ehe
verſprochen/ ihr in ihrem hertzen alſo zugeredet
worden: wilſtu mich eines andern wegen
verlaſſen? wirſtu wol einen liebſten ſin-
den/ der vollkommener und beſſer ſey
denn ich?
Hieruͤber ſey ſie dermaſſen geruͤh-
ret worden/ daß ſie in dem jungfrauen-ſtand zu
bleiben entſchloſſen/ und/ weil ſie unter denen
Roͤmiſch-Catholiſchen erzogen/ in ein kloſter
zugehen/ ihr vater aber verbeut es ihr/ und die
Carmeliter-Moͤnche ſchlagen es ihr ab/ weil ſie
ihr vater enterben will. Sie faͤnget darauff
[Spaltenumbruch] an/ nach dem ſie auch in den Cloͤſtern keine
Chriſten findet/ ſich in ihre kammer allein zu
verbergen/ gehet fleißig zur kirchen und Abend-
mahl/ faſtet/ betet/ wachet und caſteyet ſich.
Unter waͤhrendem beten und weinen hoͤret ſie
immer in ſich ſelbſt/ da ſie GOtt ſtaͤts fragt/
was ſie thun ſolle: Jn der wuͤſte/ in derAusgang
aus ihres
vaters
hauß.

wuͤſte! weil nun ihr vater ohne dem auff das
jahr 1636. ihre hochzeit beſtimmet/ gehet ſie
am Oſter-tage fruͤh aus dem hauſe biß etliche
meilen von ihrer vater-ſtadt/ da ſie in ein
Dorff Baſſek genant koͤmt/ alwo ſie von Reu-
tern zwar angeſprenget/ aber doch wieder erloͤ-
ſet wird. Sie koͤmt darauff zu dem Pfarrer
ſelbiges Dorffs/ findet ihn in einem ſehr ſtren-
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ſie zwar daſelbſt aus/ vermoͤgen ſie aber nichtZuruͤck-
kunfft/

zuruͤck zu ziehen/ biß ſie ihr auff des Ertz-Bi-
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dieſes nicht haͤlt/ auch ſonſten ihr allerhand
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werden/ und wechſelt daruͤber viel ſchreiben mit
ihrem Beicht-vater/ welche hernach unter dem
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rung des menſchens/
gedruckt worden.

3. Alſo gehet ſie anno 1639. abermal ausund aber-
malige
flucht.

ihres vaters hauß und nach Bergen/ ſtellet
dem Ertz-Biſchoff daſelbſt/ wie auch dem De-
chant den abfall der Chriſten und die nothwen-
digkeit eines andern lebens vor/ und erhaͤltEinſames
lebea.

dadurch/ daß ſie nebenſt etlichen andern jung-
frauen in einem Dorffe Blatton ein Evangeli-
ſches leben fuͤhren darff. Sie muß aber baldVerfol-
gung von
den Pfaf-
fen.

von der Cleriſey/ und ſonderlich den Jeſuiten/
groſſen widerſtand erfahren/ welche auch eine
von dieſen Jungfrauen zwingen eine ſchrifft
uͤber das Hohe Lied zu verbrennen/ mit der ur-
ſach: Es kaͤme den Frauen nicht zu die
H. Schrifft auszulegen.
Dieſe Pfaffen
laſſen auch dem Ertz-biſchoff nicht eher ruhe/
biß er die gegebene freyheit widerrufft/ zumal
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[150/0162] Th. III. C. XVI. Von der Antoinette Bourignon, derer Prediger/ wie auch anderer kirchē-regenten ausfuͤhrlich erzehlet/ inſonderheit aber/ wie er das meiſte daruͤber leiden muͤſſen/ weil er auch unter den Reformirten ſo wol als unter den Lu- theranern einen unterſcheid gemachet/ und mit denen frommen und auffrichtigen aus allen par- theyen ohne bedencken gemeinſchafft gehalten. Jahr MDC. biß MDCC. 29. Von denen bißhero gleichfals ausge- gangenen ſchrifften des bekanten Michaëlis, ei- nes zu unteꝛſchiedenë malen abgedanckten Pfaꝛ- rers/ iſt auch nur ſo viel zugedencken/ daß ſelbige gegen den gemeinen zuſtand des Lutherthums haͤuptſaͤchlich gerichtet ſeyn/ als da ſind: Der wiederlebende Lutherus, der kirchen-ca- lender oder Prognoſticon der gegenwaͤrti- gen Chriſtenheit/ und dergleichen. Davon noch die meiſten nicht publicirt ſind. Er hat ſonſt ſchon anno 1675. zum erſten mal im Con- ſiſtorio zu Wittenberg ſeine Pfarre niederge- legt/ 2. jahr darnach ſich wieder durch die Ole- arios hinein ziehen laſſen/ aber anno 82. wieder weichen muͤſſen/ und von dar an lebet er noch im Exilio zu Altona/ allwo er noch anno 1699. ſeinen gantzen lebenslauffs drucken laſſen/ un- ter dem titel: Wagen und wege des groſ- ſen GOttes mit ſeinen wunderlichen Heiligen. Es iſt aber zeit/ daß wir uns zu denen uͤbrigen perſonen wenden/ die ſich annoch in denen letzten jahren von denen groſſen par- theyen abgeſondert/ und damit den ketzer-na- men gleichfals verdient haben. Darunter denn auch vornemlich die beruͤhmte Nieder- laͤndiſche Jungfrau Antoinette Bourignon zu rechnen iſt/ von deren leben/ lehr und ſchriff- ten folgendes ohne partheyligkeit ſoll angemer- cket werden. Jahr MDC. biß MDCC. Das XVI. Capitel. Von der Antoinette Bourignon und etlichen andern Weibsperſonen/ wie auch von Petro Poiret. §. 1. SOviel das leben der Antoinette be- trifft/ iſt ſelbiges ausfuͤhrlich in einem eigenen buche/ und zwar zuerſt Fran- tzoͤſiſch/ hernach auch anno 1684. Hochteutſch zu Amſterdam aus gegeben worden. Jn die- ſem buche iſt erſtlich eine ſchutz-rede vor dieſel- be enthalten biß auff p. 239. hernach eine erzeh- lung/ ſo ſie ſelbſt von ihrem iñerlichen leben auff geſetzet/ wie auch dar auff ihr eigener bericht von ihrem aͤuſſerlichenleben/ und dann letzt- lich eines ungenanten Auctoris (welcher Pe- trus Poiret geweſen) fortſetzung und ausfuͤh- rung von dieſer jungfrauen lebenuñ abſter- ben. Jn dieſen ſchrifften wird weitlaͤufftig er- zehlet/ wie dieſelbe anno 1616. zu Ryſſel in Flandern von einem Kauffmann Johann Bourignon und Margaretha Beckwart erzeu- get und aufferzogen worden/ ſiehe das aͤuſſer- liche leben p. 138. u. f. Sie ſelbſten ver- ſichert daſelbſt/ daß ſie von ihrer zarteſten kindheit an ſehr ernſthafftig geweſen/ auch bald nach Chriſten zu fragen angefangen/ nach dem ſie vom Chriſtenthum unterrichtet worden. Jngleichen daß ſie uͤber ſolchen ihren fragē ver- ſpottet worden/ als ſie das leben CHriſti dem gemeinen leben/ welches ſie unter den ihrigen ge- ſehen/ entgegen geſetzet/ und behaubten wollen/ daß weder ihre eltern noch die andern rechte Chriſten waͤren. 2. Sie erwehnet weiter p. 141. u. f. wie ſie durch ihre aͤlteſte ſchweſter zu den eitelkeiten die- ſer welt verfuͤhret worden/ daruͤber und weil ihr vater ſie bereits einem Kauffmann zur ehe verſprochen/ ihr in ihrem hertzen alſo zugeredet worden: wilſtu mich eines andern wegen verlaſſen? wirſtu wol einen liebſten ſin- den/ der vollkommener und beſſer ſey denn ich? Hieruͤber ſey ſie dermaſſen geruͤh- ret worden/ daß ſie in dem jungfrauen-ſtand zu bleiben entſchloſſen/ und/ weil ſie unter denen Roͤmiſch-Catholiſchen erzogen/ in ein kloſter zugehen/ ihr vater aber verbeut es ihr/ und die Carmeliter-Moͤnche ſchlagen es ihr ab/ weil ſie ihr vater enterben will. Sie faͤnget darauff an/ nach dem ſie auch in den Cloͤſtern keine Chriſten findet/ ſich in ihre kammer allein zu verbergen/ gehet fleißig zur kirchen und Abend- mahl/ faſtet/ betet/ wachet und caſteyet ſich. Unter waͤhrendem beten und weinen hoͤret ſie immer in ſich ſelbſt/ da ſie GOtt ſtaͤts fragt/ was ſie thun ſolle: Jn der wuͤſte/ in der wuͤſte! weil nun ihr vater ohne dem auff das jahr 1636. ihre hochzeit beſtimmet/ gehet ſie am Oſter-tage fruͤh aus dem hauſe biß etliche meilen von ihrer vater-ſtadt/ da ſie in ein Dorff Baſſek genant koͤmt/ alwo ſie von Reu- tern zwar angeſprenget/ aber doch wieder erloͤ- ſet wird. Sie koͤmt darauff zu dem Pfarrer ſelbiges Dorffs/ findet ihn in einem ſehr ſtren- gen Chriſtlichen leben. Jhre eltern forſchen ſie zwar daſelbſt aus/ vermoͤgen ſie aber nicht zuruͤck zu ziehen/ biß ſie ihr auff des Ertz-Bi- ſchoffs von Camerich zureden voͤllige freyheit ihres gewiſſens verſprochen/ weil aber ihr vater dieſes nicht haͤlt/ auch ſonſten ihr allerhand hinderniſſe/ verfolgungen/ und ander unge- mach begegnet/ trachtet ſie wiederum loß zu werden/ und wechſelt daruͤber viel ſchreiben mit ihrem Beicht-vater/ welche hernach unter dem tit ul: beruffung GOttes/ und verweige- rung des menſchens/ gedruckt worden. Erſter zug zu GOtt. Ausgang aus ihres vaters hauß. Zuruͤck- kunfft/ 3. Alſo gehet ſie anno 1639. abermal aus ihres vaters hauß und nach Bergen/ ſtellet dem Ertz-Biſchoff daſelbſt/ wie auch dem De- chant den abfall der Chriſten und die nothwen- digkeit eines andern lebens vor/ und erhaͤlt dadurch/ daß ſie nebenſt etlichen andern jung- frauen in einem Dorffe Blatton ein Evangeli- ſches leben fuͤhren darff. Sie muß aber bald von der Cleriſey/ und ſonderlich den Jeſuiten/ groſſen widerſtand erfahren/ welche auch eine von dieſen Jungfrauen zwingen eine ſchrifft uͤber das Hohe Lied zu verbrennen/ mit der ur- ſach: Es kaͤme den Frauen nicht zu die H. Schrifft auszulegen. Dieſe Pfaffen laſſen auch dem Ertz-biſchoff nicht eher ruhe/ biß er die gegebene freyheit widerrufft/ zumal ſie oͤffentlich bekant/ daß alles boͤſe von den kirchen-bedienten herkomme. Sie muß darauff aus und aber- malige flucht. Einſames lebea. Verfol- gung von den Pfaf- fen.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/162>, abgerufen am 20.11.2024.