Hekate. Erodion! trete in den Kreis der Schlange. (Er thut es: die Schlange verschwindet.) Zu lange, Immor¬ talita, warst du, durch die Macht des Unglaubens und der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬ zweifelt, in diesen engen Kreis gebannt. Ein Orakel, so alt als die Welt, sagt, der glaubigen Liebe werde gelingen, dich selbst in dem erebischen Dunkel zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Diese Zeit ist nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch etwas zu thun übrig.
Der Schauplatz verwandelt sich in einen Theil der elisaischen Gärten, die Scene ist matt erleuchtet, man sieht Schatten hin und wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und Charons Nachen.
Die Vorigen.
Hekate. Sieh Erodion, diesen Einsturzdrohen¬ den Fels, er ist die unübersteigliche Scheidewand, der des sterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬ terin scheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬ len her zu senden, und getrennten Lieben sich wie¬ der zu begegnen. Erodion! versuche es, diesen Fel¬ sen einzustürzen, daß deine Geliebte auf seinen Trüm¬
Hekate tritt hinter dem Altar hervor.
Hekate. Erodion! trete in den Kreis der Schlange. (Er thut es: die Schlange verſchwindet.) Zu lange, Immor¬ talita, warſt du, durch die Macht des Unglaubens und der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬ zweifelt, in dieſen engen Kreis gebannt. Ein Orakel, ſo alt als die Welt, ſagt, der glaubigen Liebe werde gelingen, dich ſelbſt in dem erebiſchen Dunkel zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Dieſe Zeit iſt nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch etwas zu thun übrig.
Der Schauplatz verwandelt ſich in einen Theil der eliſaiſchen Gärten, die Scene iſt matt erleuchtet, man ſieht Schatten hin und wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und Charons Nachen.
Die Vorigen.
Hekate. Sieh Erodion, dieſen Einſturzdrohen¬ den Fels, er iſt die unüberſteigliche Scheidewand, der des ſterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬ terin ſcheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬ len her zu ſenden, und getrennten Lieben ſich wie¬ der zu begegnen. Erodion! verſuche es, dieſen Fel¬ ſen einzuſtürzen, daß deine Geliebte auf ſeinen Trüm¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0119"n="103"/><prendition="#c">Hekate tritt hinter dem Altar hervor.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hekate</hi>. Erodion! trete in den Kreis der Schlange.<lb/>
(Er thut es: die Schlange verſchwindet.) Zu lange, Immor¬<lb/>
talita, warſt du, durch die Macht des Unglaubens und<lb/>
der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬<lb/>
zweifelt, in dieſen engen Kreis gebannt. Ein Orakel,<lb/>ſo alt als die Welt, ſagt, der glaubigen Liebe<lb/>
werde gelingen, dich ſelbſt in dem erebiſchen Dunkel<lb/>
zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in<lb/>
ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Dieſe<lb/>
Zeit iſt nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch<lb/>
etwas zu thun übrig.</p><lb/><p>Der Schauplatz verwandelt ſich in einen Theil der eliſaiſchen<lb/>
Gärten, die Scene iſt matt erleuchtet, man ſieht Schatten hin und<lb/>
wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und<lb/>
Charons Nachen.</p><lb/></div><divn="4"><head><hirendition="#g">Die Vorigen</hi>.<lb/></head><p><hirendition="#g">Hekate</hi>. Sieh Erodion, dieſen Einſturzdrohen¬<lb/>
den Fels, er iſt die unüberſteigliche Scheidewand, der<lb/>
des ſterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬<lb/>
terin ſcheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬<lb/>
len her zu ſenden, und getrennten Lieben ſich wie¬<lb/>
der zu begegnen. Erodion! verſuche es, dieſen Fel¬<lb/>ſen einzuſtürzen, daß deine Geliebte auf ſeinen Trüm¬<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[103/0119]
Hekate tritt hinter dem Altar hervor.
Hekate. Erodion! trete in den Kreis der Schlange.
(Er thut es: die Schlange verſchwindet.) Zu lange, Immor¬
talita, warſt du, durch die Macht des Unglaubens und
der Barbarei, von Wenigen gekannt, von Vielen be¬
zweifelt, in dieſen engen Kreis gebannt. Ein Orakel,
ſo alt als die Welt, ſagt, der glaubigen Liebe
werde gelingen, dich ſelbſt in dem erebiſchen Dunkel
zu finden, dich hervorzuziehen und deinen Thron in
ewiger Klarheit, zu gründen, zugänglich für Alle. Dieſe
Zeit iſt nun gekommen, dir, Erodion, bleibt nur noch
etwas zu thun übrig.
Der Schauplatz verwandelt ſich in einen Theil der eliſaiſchen
Gärten, die Scene iſt matt erleuchtet, man ſieht Schatten hin und
wieder irren. Zur Seite ein Fels, im Hintergrund der Styx und
Charons Nachen.
Die Vorigen.
Hekate. Sieh Erodion, dieſen Einſturzdrohen¬
den Fels, er iſt die unüberſteigliche Scheidewand, der
des ſterblichen Lebens Reich von dem deiner Gebie¬
terin ſcheidet, er verwehrt der Sonne ihre Strah¬
len her zu ſenden, und getrennten Lieben ſich wie¬
der zu begegnen. Erodion! verſuche es, dieſen Fel¬
ſen einzuſtürzen, daß deine Geliebte auf ſeinen Trüm¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/119>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.