deutlicher machen kann, Du weißt alles und verstehst mich, und weißt daß ich recht habe und freust Dich drüber.
Gute Nacht! -- bis Morgen gute Nacht. -- Alles ist still, schläft ein jeder im Haus, hängt träumend dem nach, was er wachend begehrt, ich aber bin allein wach mit Dir. Draußen auf der Straße kein Laut mehr -- ich möchte wohl versichert sein daß in diesem Augenblick keine Seele mehr an Dich denkt, kein Herz einen Schlag mehr für Dich thut, und ich allein auf der weiten Welt sitze zu deinen Füßen, das Herz in vollen Schlägen geht auf und ab; und während alles schläft bin ich wach dein Knie an meine Brust zu drücken, -- und Du? -- die Welt braucht's nicht zu wissen daß Du mir gut bist.
Bettine.
An Goethe.
München, 3. März 1809.
Heut bricht der volle Tag mit seinen Neuigkeiten in meine Einsamkeit herein, wie ein schwer beladener Frachtwagen auf einer leichten Brücke einbricht, die nur für harmlose Spaziergänger gebaut war. Da hilft nichts, man muß Hand anlegen und helfen alles in
deutlicher machen kann, Du weißt alles und verſtehſt mich, und weißt daß ich recht habe und freuſt Dich drüber.
Gute Nacht! — bis Morgen gute Nacht. — Alles iſt ſtill, ſchläft ein jeder im Haus, hängt träumend dem nach, was er wachend begehrt, ich aber bin allein wach mit Dir. Draußen auf der Straße kein Laut mehr — ich möchte wohl verſichert ſein daß in dieſem Augenblick keine Seele mehr an Dich denkt, kein Herz einen Schlag mehr für Dich thut, und ich allein auf der weiten Welt ſitze zu deinen Füßen, das Herz in vollen Schlägen geht auf und ab; und während alles ſchläft bin ich wach dein Knie an meine Bruſt zu drücken, — und Du? — die Welt braucht's nicht zu wiſſen daß Du mir gut biſt.
Bettine.
An Goethe.
München, 3. März 1809.
Heut bricht der volle Tag mit ſeinen Neuigkeiten in meine Einſamkeit herein, wie ein ſchwer beladener Frachtwagen auf einer leichten Brücke einbricht, die nur für harmloſe Spaziergänger gebaut war. Da hilft nichts, man muß Hand anlegen und helfen alles in
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deutlicher machen kann, Du weißt alles und verſtehſt
mich, und weißt daß ich recht habe und freuſt Dich
drüber.
Gute Nacht! — bis Morgen gute Nacht. — Alles
iſt ſtill, ſchläft ein jeder im Haus, hängt träumend dem
nach, was er wachend begehrt, ich aber bin allein wach
mit Dir. Draußen auf der Straße kein Laut mehr —
ich möchte wohl verſichert ſein daß in dieſem Augenblick
keine Seele mehr an Dich denkt, kein Herz einen Schlag
mehr für Dich thut, und ich allein auf der weiten Welt
ſitze zu deinen Füßen, das Herz in vollen Schlägen geht
auf und ab; und während alles ſchläft bin ich wach
dein Knie an meine Bruſt zu drücken, — und Du? —
die Welt braucht's nicht zu wiſſen daß Du mir gut biſt.
Bettine.
An Goethe.
München, 3. März 1809.
Heut bricht der volle Tag mit ſeinen Neuigkeiten
in meine Einſamkeit herein, wie ein ſchwer beladener
Frachtwagen auf einer leichten Brücke einbricht, die nur
für harmloſe Spaziergänger gebaut war. Da hilft
nichts, man muß Hand anlegen und helfen alles in
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/39>, abgerufen am 21.12.2024.
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