Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Dich lehrte recht den Himmel lieben,
Und dein Verlangen stillte noch.

Hier ist kein Canaan zu hoffen,
Kein Paradies ist mehr allhier;
Es hat noch niemand der mit dir
Entfliehen will, den Zweck getroffen.
Die Hoffnung nährt sich mit den Dingen,
Die süß und doch unsichtbar sind;
Es muß uns doch zulezt gelingen,
Bleib nur in Einfalt Gottes Kind.
Nur freue dich auf jene Kammer
Des Friedens, da du wohnen wirst,
Wenn dich nicht mehr nach Ruhe dürst,
Und bist befreyt von allem Jammer,
Den hier noch Städt und Wüsten haben,
Und wo du nur willt fliehen hin;
Die Einsamkeit kann dich nicht laben,
Wenn mit dir zieht dein Eigensinn.
10. Erziehung durch Vergöttligung.
Verborgenheit!
Wie ist dein Meer so breit
Und wundertief, ich kann es nicht ergründen,
Man weiß kein Maaß, noch Ziel, noch End zu finden,
So lang man ist in der Vergänglichkeit,
Verborgenheit.
Die Herrlichkeit,
Die du hast allbereit,

Dich lehrte recht den Himmel lieben,
Und dein Verlangen ſtillte noch.

Hier iſt kein Canaan zu hoffen,
Kein Paradies iſt mehr allhier;
Es hat noch niemand der mit dir
Entfliehen will, den Zweck getroffen.
Die Hoffnung naͤhrt ſich mit den Dingen,
Die ſuͤß und doch unſichtbar ſind;
Es muß uns doch zulezt gelingen,
Bleib nur in Einfalt Gottes Kind.
Nur freue dich auf jene Kammer
Des Friedens, da du wohnen wirſt,
Wenn dich nicht mehr nach Ruhe duͤrſt,
Und biſt befreyt von allem Jammer,
Den hier noch Staͤdt und Wuͤſten haben,
Und wo du nur willt fliehen hin;
Die Einſamkeit kann dich nicht laben,
Wenn mit dir zieht dein Eigenſinn.
10. Erziehung durch Vergoͤttligung.
Verborgenheit!
Wie iſt dein Meer ſo breit
Und wundertief, ich kann es nicht ergruͤnden,
Man weiß kein Maaß, noch Ziel, noch End zu finden,
So lang man iſt in der Vergaͤnglichkeit,
Verborgenheit.
Die Herrlichkeit,
Die du haſt allbereit,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="4">
              <pb facs="#f0229" n="219"/>
              <l>Dich lehrte recht den Himmel lieben,</l><lb/>
              <l>Und dein Verlangen &#x017F;tillte noch.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Hier i&#x017F;t kein Canaan zu hoffen,</l><lb/>
              <l>Kein Paradies i&#x017F;t mehr allhier;</l><lb/>
              <l>Es hat noch niemand der mit dir</l><lb/>
              <l>Entfliehen will, den Zweck getroffen.</l><lb/>
              <l>Die Hoffnung na&#x0364;hrt &#x017F;ich mit den Dingen,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;u&#x0364;ß und doch un&#x017F;ichtbar &#x017F;ind;</l><lb/>
              <l>Es muß uns doch zulezt gelingen,</l><lb/>
              <l>Bleib nur in Einfalt Gottes Kind.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Nur freue dich auf jene Kammer</l><lb/>
              <l>Des Friedens, da du wohnen wir&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Wenn dich nicht mehr nach Ruhe du&#x0364;r&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Und bi&#x017F;t befreyt von allem Jammer,</l><lb/>
              <l>Den hier noch Sta&#x0364;dt und Wu&#x0364;&#x017F;ten haben,</l><lb/>
              <l>Und wo du nur willt fliehen hin;</l><lb/>
              <l>Die Ein&#x017F;amkeit kann dich nicht laben,</l><lb/>
              <l>Wenn mit dir zieht dein Eigen&#x017F;inn.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>10. <hi rendition="#g">Erziehung durch Vergo&#x0364;ttligung</hi>.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">V</hi>erborgenheit!</l><lb/>
              <l>Wie i&#x017F;t dein Meer &#x017F;o breit</l><lb/>
              <l>Und wundertief, ich kann es nicht ergru&#x0364;nden,</l><lb/>
              <l>Man weiß kein Maaß, noch Ziel, noch End zu finden,</l><lb/>
              <l>So lang man i&#x017F;t in der Verga&#x0364;nglichkeit,</l><lb/>
              <l>Verborgenheit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Herrlichkeit,</l><lb/>
              <l>Die du ha&#x017F;t allbereit,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0229] Dich lehrte recht den Himmel lieben, Und dein Verlangen ſtillte noch. Hier iſt kein Canaan zu hoffen, Kein Paradies iſt mehr allhier; Es hat noch niemand der mit dir Entfliehen will, den Zweck getroffen. Die Hoffnung naͤhrt ſich mit den Dingen, Die ſuͤß und doch unſichtbar ſind; Es muß uns doch zulezt gelingen, Bleib nur in Einfalt Gottes Kind. Nur freue dich auf jene Kammer Des Friedens, da du wohnen wirſt, Wenn dich nicht mehr nach Ruhe duͤrſt, Und biſt befreyt von allem Jammer, Den hier noch Staͤdt und Wuͤſten haben, Und wo du nur willt fliehen hin; Die Einſamkeit kann dich nicht laben, Wenn mit dir zieht dein Eigenſinn. 10. Erziehung durch Vergoͤttligung. Verborgenheit! Wie iſt dein Meer ſo breit Und wundertief, ich kann es nicht ergruͤnden, Man weiß kein Maaß, noch Ziel, noch End zu finden, So lang man iſt in der Vergaͤnglichkeit, Verborgenheit. Die Herrlichkeit, Die du haſt allbereit,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/229
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/229>, abgerufen am 21.12.2024.