Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.Ich schwör so wahr, als ich bin, Ein gut Kerl und geb euch hin Meine beiden Hände; Daß wie ein gut Kerle ich Euch will ganz beständiglich Lieben bis ans Ende. Wir verstehen sie nicht. Ein Schneider hätt ein böses Weib, Vorwitzig, stolz, doch fein von Leib, Sehr eigenwillig, frech und steil, Trug ihre Ehr auch ziemlich feil, Stets ihrem Mann zuwieder lebte, In allem Guten wiederstrebte; Kein Ding er ihr befehlen kunnt, Allzeit sie das unrecht verstund. Sie sollt ihm einstens bringen Wachs, Da kam sie heim und brachte Flachs; Noch einmal schickt er sie nach Zwirn, Da brachte sie statt dessen Birn. Sie sollte weisse Seide holen, Sie brachte Saiten unbefohlen; Sie sollt ihm holen eine Scheer, Sie bracht daher viel Schweineschmeer. Er sprach einmal zu ihr mit Fleiß, Mach eilends mir ein Eisen heiß; Ich ſchwoͤr ſo wahr, als ich bin, Ein gut Kerl und geb euch hin Meine beiden Haͤnde; Daß wie ein gut Kerle ich Euch will ganz beſtaͤndiglich Lieben bis ans Ende. Wir verſtehen ſie nicht. Ein Schneider haͤtt ein boͤſes Weib, Vorwitzig, ſtolz, doch fein von Leib, Sehr eigenwillig, frech und ſteil, Trug ihre Ehr auch ziemlich feil, Stets ihrem Mann zuwieder lebte, In allem Guten wiederſtrebte; Kein Ding er ihr befehlen kunnt, Allzeit ſie das unrecht verſtund. Sie ſollt ihm einſtens bringen Wachs, Da kam ſie heim und brachte Flachs; Noch einmal ſchickt er ſie nach Zwirn, Da brachte ſie ſtatt deſſen Birn. Sie ſollte weiſſe Seide holen, Sie brachte Saiten unbefohlen; Sie ſollt ihm holen eine Scheer, Sie bracht daher viel Schweineſchmeer. Er ſprach einmal zu ihr mit Fleiß, Mach eilends mir ein Eiſen heiß; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0105" n="95"/> <lg n="15"> <l>Ich ſchwoͤr ſo wahr, als ich bin,</l><lb/> <l>Ein gut Kerl und geb euch hin</l><lb/> <l>Meine beiden Haͤnde;</l><lb/> <l>Daß wie ein gut Kerle ich</l><lb/> <l>Euch will ganz beſtaͤndiglich</l><lb/> <l>Lieben bis ans Ende.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Wir verſtehen ſie nicht</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>in Schneider haͤtt ein boͤſes Weib,</l><lb/> <l>Vorwitzig, ſtolz, doch fein von Leib,</l><lb/> <l>Sehr eigenwillig, frech und ſteil,</l><lb/> <l>Trug ihre Ehr auch ziemlich feil,</l><lb/> <l>Stets ihrem Mann zuwieder lebte,</l><lb/> <l>In allem Guten wiederſtrebte;</l><lb/> <l>Kein Ding er ihr befehlen kunnt,</l><lb/> <l>Allzeit ſie das unrecht verſtund.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie ſollt ihm einſtens bringen Wachs,</l><lb/> <l>Da kam ſie heim und brachte Flachs;</l><lb/> <l>Noch einmal ſchickt er ſie nach Zwirn,</l><lb/> <l>Da brachte ſie ſtatt deſſen Birn.</l><lb/> <l>Sie ſollte weiſſe Seide holen,</l><lb/> <l>Sie brachte Saiten unbefohlen;</l><lb/> <l>Sie ſollt ihm holen eine Scheer,</l><lb/> <l>Sie bracht daher viel Schweineſchmeer.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er ſprach einmal zu ihr mit Fleiß,</l><lb/> <l>Mach eilends mir ein Eiſen heiß;</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
Ich ſchwoͤr ſo wahr, als ich bin,
Ein gut Kerl und geb euch hin
Meine beiden Haͤnde;
Daß wie ein gut Kerle ich
Euch will ganz beſtaͤndiglich
Lieben bis ans Ende.
Wir verſtehen ſie nicht.
Ein Schneider haͤtt ein boͤſes Weib,
Vorwitzig, ſtolz, doch fein von Leib,
Sehr eigenwillig, frech und ſteil,
Trug ihre Ehr auch ziemlich feil,
Stets ihrem Mann zuwieder lebte,
In allem Guten wiederſtrebte;
Kein Ding er ihr befehlen kunnt,
Allzeit ſie das unrecht verſtund.
Sie ſollt ihm einſtens bringen Wachs,
Da kam ſie heim und brachte Flachs;
Noch einmal ſchickt er ſie nach Zwirn,
Da brachte ſie ſtatt deſſen Birn.
Sie ſollte weiſſe Seide holen,
Sie brachte Saiten unbefohlen;
Sie ſollt ihm holen eine Scheer,
Sie bracht daher viel Schweineſchmeer.
Er ſprach einmal zu ihr mit Fleiß,
Mach eilends mir ein Eiſen heiß;
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