Mündlich durch die gütige Bemühung des Herrn A. B. Grimm aus Schlüch- tern bei Heilbronn, eines Studierenden in Heidelberg, dem wir noch einige andere verdanken.
Es war ein Markgraf über dem Rhein, Der hatte drey schöne Töchterlein; Zwey Töchterlein früh heirathen weg, Die dritt hat ihn ins Grab gelegt. Dann ging sie singen vor Schwesters Thür: "Ach braucht ihr keine Dienstmagd hier?"
"Ei Mädchen, du bist mir viel zu fein, "Du gehst gern mit den Herrelein." "Ach nein! ach nein! das thu ich nicht, "Daß ich so mit den Herrlein geh!" Sie dingt das Mägdlein ein halbes Jahr, Das Mägdlein dient ihr sieben Jahr.
Und als die sieben Jahr um warn, Da wurd das Mägdlein täglich krank; "Sag Mägdlein, wenn du krank willst seyn, "So sag mir, wer sind die Aeltern dein?" "Mein Vater war Markgraf über dem Rhein, "Und ich bin sein jüngstes Töchterlein."
"Ach nein! ach nein, das glaub ich nicht, "Daß du meine jüngste Schwester bist!" "Und wenn du mir's nicht glauben willst, "So geh nur an meine Kiste hin,
Liebesdienſt.
Muͤndlich durch die guͤtige Bemuͤhung des Herrn A. B. Grimm aus Schluͤch- tern bei Heilbronn, eines Studierenden in Heidelberg, dem wir noch einige andere verdanken.
Es war ein Markgraf uͤber dem Rhein, Der hatte drey ſchoͤne Toͤchterlein; Zwey Toͤchterlein fruͤh heirathen weg, Die dritt hat ihn ins Grab gelegt. Dann ging ſie ſingen vor Schweſters Thuͤr: „Ach braucht ihr keine Dienſtmagd hier?“
„Ei Maͤdchen, du biſt mir viel zu fein, „Du gehſt gern mit den Herrelein.“ „Ach nein! ach nein! das thu ich nicht, „Daß ich ſo mit den Herrlein geh!“ Sie dingt das Maͤgdlein ein halbes Jahr, Das Maͤgdlein dient ihr ſieben Jahr.
Und als die ſieben Jahr um warn, Da wurd das Maͤgdlein taͤglich krank; „Sag Maͤgdlein, wenn du krank willſt ſeyn, „So ſag mir, wer ſind die Aeltern dein?“ „Mein Vater war Markgraf uͤber dem Rhein, „Und ich bin ſein juͤngſtes Toͤchterlein.“
„Ach nein! ach nein, das glaub ich nicht, „Daß du meine juͤngſte Schweſter biſt!“ „Und wenn du mir's nicht glauben willſt, „So geh nur an meine Kiſte hin,
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Liebesdienſt.
Muͤndlich durch die guͤtige Bemuͤhung des Herrn A. B. Grimm aus Schluͤch-
tern bei Heilbronn, eines Studierenden in Heidelberg, dem wir noch einige
andere verdanken.
Es war ein Markgraf uͤber dem Rhein,
Der hatte drey ſchoͤne Toͤchterlein;
Zwey Toͤchterlein fruͤh heirathen weg,
Die dritt hat ihn ins Grab gelegt.
Dann ging ſie ſingen vor Schweſters Thuͤr:
„Ach braucht ihr keine Dienſtmagd hier?“
„Ei Maͤdchen, du biſt mir viel zu fein,
„Du gehſt gern mit den Herrelein.“
„Ach nein! ach nein! das thu ich nicht,
„Daß ich ſo mit den Herrlein geh!“
Sie dingt das Maͤgdlein ein halbes Jahr,
Das Maͤgdlein dient ihr ſieben Jahr.
Und als die ſieben Jahr um warn,
Da wurd das Maͤgdlein taͤglich krank;
„Sag Maͤgdlein, wenn du krank willſt ſeyn,
„So ſag mir, wer ſind die Aeltern dein?“
„Mein Vater war Markgraf uͤber dem Rhein,
„Und ich bin ſein juͤngſtes Toͤchterlein.“
„Ach nein! ach nein, das glaub ich nicht,
„Daß du meine juͤngſte Schweſter biſt!“
„Und wenn du mir's nicht glauben willſt,
„So geh nur an meine Kiſte hin,
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/92>, abgerufen am 22.02.2025.
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