Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.21. Ein großmüthiger Plan. Der September dieses Jahres zeigte sich so beständig und 21. Ein großmüthiger Plan. Der September dieſes Jahres zeigte ſich ſo beſtändig und <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0061"/> <div type="chapter"> <head>21. Ein großmüthiger Plan.</head><lb/> <p>Der September dieſes Jahres zeigte ſich ſo beſtändig und<lb/> warm, daß der König noch ein Paar Wochen in ſeinem lieben<lb/> Tegernſee zubringen wollte. Jſt doch die Gebirgslandſchaft zu<lb/> dieſer Zeit oft am ſchönſten! Der Himmel bekommt ein immer<lb/> tieferes, faſt italieniſches Blau, die Lichter werden klarer, die<lb/> Schattirungen treten kräftiger hervor als im eigentlichen Som-<lb/> mer, und kein Gewitter ſtört leicht mehr die Ausflüge zu Schiff<lb/> oder zu Wagen. — Gleich in den erſten Tagen begegnete dem<lb/> König nahe der St. Quirinuskapelle der Wiesbauer Franz.<lb/> Sogleich rief er ihm entgegen: „Nun Franzl, wie hat deiner<lb/> Mutter das Bad angeſchlagen?“ „Gott ſei Dank, ſehr gut,<lb/> Herr König. Sie iſt ſchon ganz allein in die Kirch’ gegangen“,<lb/> lautete die Antwort. „Schön, das freut mich“, ſagte der hohe<lb/> Herr. „Aber wie wär’s, Franzl, wenn du dir jetzt auch ein-<lb/> mal für dich ſelber eine Gnad’ von mir ausbäteſt? ſag’ mir<lb/> doch, wie ſteht’s denn mit der ſchönen Resl? haſt du noch nicht<lb/> gefreit um ſie?“ „O Herr König“, ſagte der Burſch erſtaunt,<lb/> „wie könnt’ ich mir ſo etwas einfallen laſſen? Der Adler iſt<lb/> ein ſtolzer Bauer, die Resl das reichſte Mädl in ihrem Dorf,<lb/> und ich — du lieber Gott! mein ganzes Gütl iſt auf’s Höchſte<lb/> fünfhundert Gulden werth.“ „So“, wiederholte der König nach-<lb/> denklich, „500 fl. Aber du haſt doch wohl die Resl recht lieb,<lb/> nicht wahr?“ „O wie mein Leben, Herr König.“ „Und meinſt<lb/> Du denn, die Resl möchte dich heirathen?“ „Ja, ganz gewiß<lb/> auch noch“, war die bündige Antwort. „Wir ſind ſchon über-<lb/> eins gekommen, aber —“ „Nun dann braucht’s ſonſt nichts<lb/> mehr“, ſagte der König vergnügt. „Ueberlaſſe das Uebrige mir.<lb/> Behüt’ dich Gott, Franzl.“ Damit ſchritt er raſch weiter.<lb/> Der Franz aber ſchwenkte ſeinen Hut und ſah ihm etwas ver-<lb/> blüfft nach. — „Sonſt braucht’s nichts mehr?“ dachte er. „Mir<lb/> ſcheint aber, da braucht’s noch gar viel. Das verſteht halt der<lb/> Herr König nicht recht. Was er aber noch mit einem Uebrigen<lb/> gemeint hat, das verſteh’ ich nicht. Was Schlimmes war’s<lb/> aber gewiß nicht, ſonſt hätt’ er nicht gar ſo gut aus die Augen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
21. Ein großmüthiger Plan.
Der September dieſes Jahres zeigte ſich ſo beſtändig und
warm, daß der König noch ein Paar Wochen in ſeinem lieben
Tegernſee zubringen wollte. Jſt doch die Gebirgslandſchaft zu
dieſer Zeit oft am ſchönſten! Der Himmel bekommt ein immer
tieferes, faſt italieniſches Blau, die Lichter werden klarer, die
Schattirungen treten kräftiger hervor als im eigentlichen Som-
mer, und kein Gewitter ſtört leicht mehr die Ausflüge zu Schiff
oder zu Wagen. — Gleich in den erſten Tagen begegnete dem
König nahe der St. Quirinuskapelle der Wiesbauer Franz.
Sogleich rief er ihm entgegen: „Nun Franzl, wie hat deiner
Mutter das Bad angeſchlagen?“ „Gott ſei Dank, ſehr gut,
Herr König. Sie iſt ſchon ganz allein in die Kirch’ gegangen“,
lautete die Antwort. „Schön, das freut mich“, ſagte der hohe
Herr. „Aber wie wär’s, Franzl, wenn du dir jetzt auch ein-
mal für dich ſelber eine Gnad’ von mir ausbäteſt? ſag’ mir
doch, wie ſteht’s denn mit der ſchönen Resl? haſt du noch nicht
gefreit um ſie?“ „O Herr König“, ſagte der Burſch erſtaunt,
„wie könnt’ ich mir ſo etwas einfallen laſſen? Der Adler iſt
ein ſtolzer Bauer, die Resl das reichſte Mädl in ihrem Dorf,
und ich — du lieber Gott! mein ganzes Gütl iſt auf’s Höchſte
fünfhundert Gulden werth.“ „So“, wiederholte der König nach-
denklich, „500 fl. Aber du haſt doch wohl die Resl recht lieb,
nicht wahr?“ „O wie mein Leben, Herr König.“ „Und meinſt
Du denn, die Resl möchte dich heirathen?“ „Ja, ganz gewiß
auch noch“, war die bündige Antwort. „Wir ſind ſchon über-
eins gekommen, aber —“ „Nun dann braucht’s ſonſt nichts
mehr“, ſagte der König vergnügt. „Ueberlaſſe das Uebrige mir.
Behüt’ dich Gott, Franzl.“ Damit ſchritt er raſch weiter.
Der Franz aber ſchwenkte ſeinen Hut und ſah ihm etwas ver-
blüfft nach. — „Sonſt braucht’s nichts mehr?“ dachte er. „Mir
ſcheint aber, da braucht’s noch gar viel. Das verſteht halt der
Herr König nicht recht. Was er aber noch mit einem Uebrigen
gemeint hat, das verſteh’ ich nicht. Was Schlimmes war’s
aber gewiß nicht, ſonſt hätt’ er nicht gar ſo gut aus die Augen
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