Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

herausgeschaut." -- Schon beim Hochzeitsspiel hatte der König
überlegt, dieses schöne Brautpaar müsse auch ein Ehepaar wer-
den, und nahm sich vor, wenn sich ihre Herzen finden würden,
ihnen gegen jedes Hinderniß behilflich zu sein. Wie aber Max
auch diesmal wieder erfinderisch war, Andere glücklich zu machen,
das werden wir sogleich sehen.

Schon andern Tags schickte er einen Vertrauten seiner
Untergebenen, den er in seinen ganzen Plan einweihte, zum
Adlerbauer. Diesen sehen wir, wie schon einmal bei ähnlicher
Gelegenheit, mit seinem Pfeifchen im Mund vor seiner Thüre
sitzen; und die Resl, fleißig wie immer, ist diesmal auf dem
Heuboden beschäftigt. -- Der Bauer dachte: "was will der
feine Herr?" stand auf und grüßte verbindlichst. Der Ver-
traute des Königs aber sagte, nachdem er den Gruß freundlich
erwiedert hatte: "Erlaubt, daß ich mich ein wenig zu Euch
setze." Der Bauer wollte dienstfertig den großen Lederstuhl
aus der Stube holen, allein der Fremde wehrte ab und nahm
neben ihm auf der Bank Platz. Dann entspann sich nach
einigen gleichgültigen Redensarten folgendes Gespräch: "Jch bin
von höchster Hand beauftragt, Euch zu fragen, ob Eure Tochter
frei und also noch mit keinem Burschen verlobt ist." - "Herr,
der reiche Kuglerseppl will sie schon lang, aber das Mädel mag
ihn nicht recht." -- "Gut, und eines Andern Braut ist sie auch
nicht?" -- "Nein Herr, sie ist noch frei wie der Vogel in der
Luft." -- "Nun dann hört! unser allergnädigster König interessirt
sich für Euch und für Eure Tochter, und hat deshalb selbst
einen Bräutigam für sie ausgesucht." -- "Was? der Herr
König selber? nun das ist gewiß eine prächtige Versorgung?" --
"Allerdings insofern, als der Erwählte ein gesunder und braver
Mensch ist, und ein Paar fleißige Arme hat, um seine Familie
zu ernähren; hierauf beruht doch das Hauptglück von zwei
jungen Leuten." -- Der Alte hätte gar zu gern gefragt, ob
am Ende gar der Franz gemeint ist, und hatte schon eine Menge
Gegengründe auf der Zunge, aber es fehlte ihm der Muth,
und deshalb wandte er nur ein: "Das ist wahr, Herr, aber
mit nichts kann man doch keinen Haushalt gründen." - "Eure

herausgeſchaut.“ — Schon beim Hochzeitsſpiel hatte der König
überlegt, dieſes ſchöne Brautpaar müſſe auch ein Ehepaar wer-
den, und nahm ſich vor, wenn ſich ihre Herzen finden würden,
ihnen gegen jedes Hinderniß behilflich zu ſein. Wie aber Max
auch diesmal wieder erfinderiſch war, Andere glücklich zu machen,
das werden wir ſogleich ſehen.

Schon andern Tags ſchickte er einen Vertrauten ſeiner
Untergebenen, den er in ſeinen ganzen Plan einweihte, zum
Adlerbauer. Dieſen ſehen wir, wie ſchon einmal bei ähnlicher
Gelegenheit, mit ſeinem Pfeifchen im Mund vor ſeiner Thüre
ſitzen; und die Resl, fleißig wie immer, iſt diesmal auf dem
Heuboden beſchäftigt. — Der Bauer dachte: „was will der
feine Herr?“ ſtand auf und grüßte verbindlichſt. Der Ver-
traute des Königs aber ſagte, nachdem er den Gruß freundlich
erwiedert hatte: „Erlaubt, daß ich mich ein wenig zu Euch
ſetze.“ Der Bauer wollte dienſtfertig den großen Lederſtuhl
aus der Stube holen, allein der Fremde wehrte ab und nahm
neben ihm auf der Bank Platz. Dann entſpann ſich nach
einigen gleichgültigen Redensarten folgendes Geſpräch: „Jch bin
von höchſter Hand beauftragt, Euch zu fragen, ob Eure Tochter
frei und alſo noch mit keinem Burſchen verlobt iſt.“ – „Herr,
der reiche Kuglerſeppl will ſie ſchon lang, aber das Mädel mag
ihn nicht recht.“ — „Gut, und eines Andern Braut iſt ſie auch
nicht?“ — „Nein Herr, ſie iſt noch frei wie der Vogel in der
Luft.“ — „Nun dann hört! unſer allergnädigſter König intereſſirt
ſich für Euch und für Eure Tochter, und hat deshalb ſelbſt
einen Bräutigam für ſie ausgeſucht.“ — „Was? der Herr
König ſelber? nun das iſt gewiß eine prächtige Verſorgung?“ —
„Allerdings inſofern, als der Erwählte ein geſunder und braver
Menſch iſt, und ein Paar fleißige Arme hat, um ſeine Familie
zu ernähren; hierauf beruht doch das Hauptglück von zwei
jungen Leuten.“ — Der Alte hätte gar zu gern gefragt, ob
am Ende gar der Franz gemeint iſt, und hatte ſchon eine Menge
Gegengründe auf der Zunge, aber es fehlte ihm der Muth,
und deshalb wandte er nur ein: „Das iſt wahr, Herr, aber
mit nichts kann man doch keinen Haushalt gründen.“ – „Eure

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <p><pb facs="#f0062"/>
herausge&#x017F;chaut.&#x201C; &#x2014; Schon beim Hochzeits&#x017F;piel hatte der König<lb/>
überlegt, die&#x017F;es &#x017F;chöne Brautpaar mü&#x017F;&#x017F;e auch ein Ehepaar wer-<lb/>
den, und nahm &#x017F;ich vor, wenn &#x017F;ich ihre Herzen finden würden,<lb/>
ihnen gegen jedes Hinderniß behilflich zu &#x017F;ein. Wie aber Max<lb/>
auch diesmal wieder erfinderi&#x017F;ch war, Andere glücklich zu machen,<lb/>
das werden wir &#x017F;ogleich &#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Schon andern Tags &#x017F;chickte er einen Vertrauten &#x017F;einer<lb/>
Untergebenen, den er in &#x017F;einen ganzen Plan einweihte, zum<lb/>
Adlerbauer. Die&#x017F;en &#x017F;ehen wir, wie &#x017F;chon einmal bei ähnlicher<lb/>
Gelegenheit, mit &#x017F;einem Pfeifchen im Mund vor &#x017F;einer Thüre<lb/>
&#x017F;itzen; und die Resl, fleißig wie immer, i&#x017F;t diesmal auf dem<lb/>
Heuboden be&#x017F;chäftigt. &#x2014; Der Bauer dachte: &#x201E;was will der<lb/>
feine Herr?&#x201C; &#x017F;tand auf und grüßte verbindlich&#x017F;t. Der Ver-<lb/>
traute des Königs aber &#x017F;agte, nachdem er den Gruß freundlich<lb/>
erwiedert hatte: &#x201E;Erlaubt, daß ich mich ein wenig zu Euch<lb/>
&#x017F;etze.&#x201C; Der Bauer wollte dien&#x017F;tfertig den großen Leder&#x017F;tuhl<lb/>
aus der Stube holen, allein der Fremde wehrte ab und nahm<lb/>
neben ihm auf der Bank Platz. Dann ent&#x017F;pann &#x017F;ich nach<lb/>
einigen gleichgültigen Redensarten folgendes Ge&#x017F;präch: &#x201E;Jch bin<lb/>
von höch&#x017F;ter Hand beauftragt, Euch zu fragen, ob Eure Tochter<lb/>
frei und al&#x017F;o noch mit keinem Bur&#x017F;chen verlobt i&#x017F;t.&#x201C; &#x2013; &#x201E;Herr,<lb/>
der reiche Kugler&#x017F;eppl will &#x017F;ie &#x017F;chon lang, aber das Mädel mag<lb/>
ihn nicht recht.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Gut, und eines Andern Braut i&#x017F;t &#x017F;ie auch<lb/>
nicht?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Nein Herr, &#x017F;ie i&#x017F;t noch frei wie der Vogel in der<lb/>
Luft.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Nun dann hört! un&#x017F;er allergnädig&#x017F;ter König intere&#x017F;&#x017F;irt<lb/>
&#x017F;ich für Euch und für Eure Tochter, und hat deshalb &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
einen Bräutigam für &#x017F;ie ausge&#x017F;ucht.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Was? der Herr<lb/>
König &#x017F;elber? nun das i&#x017F;t gewiß eine prächtige Ver&#x017F;orgung?&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Allerdings in&#x017F;ofern, als der Erwählte ein ge&#x017F;under und braver<lb/>
Men&#x017F;ch i&#x017F;t, und ein Paar fleißige Arme hat, um &#x017F;eine Familie<lb/>
zu ernähren; hierauf beruht doch das Hauptglück von zwei<lb/>
jungen Leuten.&#x201C; &#x2014; Der Alte hätte gar zu gern gefragt, ob<lb/>
am Ende gar der Franz gemeint i&#x017F;t, und hatte &#x017F;chon eine Menge<lb/>
Gegengründe auf der Zunge, aber es fehlte ihm der Muth,<lb/>
und deshalb wandte er nur ein: &#x201E;Das i&#x017F;t wahr, Herr, aber<lb/>
mit nichts kann man doch keinen Haushalt gründen.&#x201C; &#x2013; &#x201E;Eure<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0062] herausgeſchaut.“ — Schon beim Hochzeitsſpiel hatte der König überlegt, dieſes ſchöne Brautpaar müſſe auch ein Ehepaar wer- den, und nahm ſich vor, wenn ſich ihre Herzen finden würden, ihnen gegen jedes Hinderniß behilflich zu ſein. Wie aber Max auch diesmal wieder erfinderiſch war, Andere glücklich zu machen, das werden wir ſogleich ſehen. Schon andern Tags ſchickte er einen Vertrauten ſeiner Untergebenen, den er in ſeinen ganzen Plan einweihte, zum Adlerbauer. Dieſen ſehen wir, wie ſchon einmal bei ähnlicher Gelegenheit, mit ſeinem Pfeifchen im Mund vor ſeiner Thüre ſitzen; und die Resl, fleißig wie immer, iſt diesmal auf dem Heuboden beſchäftigt. — Der Bauer dachte: „was will der feine Herr?“ ſtand auf und grüßte verbindlichſt. Der Ver- traute des Königs aber ſagte, nachdem er den Gruß freundlich erwiedert hatte: „Erlaubt, daß ich mich ein wenig zu Euch ſetze.“ Der Bauer wollte dienſtfertig den großen Lederſtuhl aus der Stube holen, allein der Fremde wehrte ab und nahm neben ihm auf der Bank Platz. Dann entſpann ſich nach einigen gleichgültigen Redensarten folgendes Geſpräch: „Jch bin von höchſter Hand beauftragt, Euch zu fragen, ob Eure Tochter frei und alſo noch mit keinem Burſchen verlobt iſt.“ – „Herr, der reiche Kuglerſeppl will ſie ſchon lang, aber das Mädel mag ihn nicht recht.“ — „Gut, und eines Andern Braut iſt ſie auch nicht?“ — „Nein Herr, ſie iſt noch frei wie der Vogel in der Luft.“ — „Nun dann hört! unſer allergnädigſter König intereſſirt ſich für Euch und für Eure Tochter, und hat deshalb ſelbſt einen Bräutigam für ſie ausgeſucht.“ — „Was? der Herr König ſelber? nun das iſt gewiß eine prächtige Verſorgung?“ — „Allerdings inſofern, als der Erwählte ein geſunder und braver Menſch iſt, und ein Paar fleißige Arme hat, um ſeine Familie zu ernähren; hierauf beruht doch das Hauptglück von zwei jungen Leuten.“ — Der Alte hätte gar zu gern gefragt, ob am Ende gar der Franz gemeint iſt, und hatte ſchon eine Menge Gegengründe auf der Zunge, aber es fehlte ihm der Muth, und deshalb wandte er nur ein: „Das iſt wahr, Herr, aber mit nichts kann man doch keinen Haushalt gründen.“ – „Eure

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T10:39:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T10:39:18Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/62
Zitationshilfe: Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/62>, abgerufen am 23.11.2024.