Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.ihn und suchte ihn zu beruhigen: "Jetzt hör' doch erst die Resl ihn und ſuchte ihn zu beruhigen: „Jetzt hör’ doch erſt die Resl <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0060"/> ihn und ſuchte ihn zu beruhigen: „Jetzt hör’ doch erſt die Resl<lb/> an, du weißt doch, daß du ihr alles glauben kannſt.“ „Resl,<lb/> Resl“, ſeufzte der Vater und hielt ſich beide Hände vor’s Ge-<lb/> ſicht, „das iſt mein Tod! — Aber red’, und ſag’ alles.“ Ruhig<lb/> und zuverſichtlich beichtete ſie nun über die Begegnung vor dem<lb/> Frauentag, und ſo ehrenwerth ſprach ſie über den Franz, daß<lb/> den beiden Alten die Augen feucht wurden. „Wenn es ſo iſt,<lb/> Resl“, meinte der Leonhard, und reichte ihr die Hand, „dann<lb/> will ich dir verzeihen. Aber der Franz, von dem ich eine ſo<lb/> gute Meinung gehabt hab’!“ „Aber Leonhard“, unterbrach ihn<lb/> der Waſtl, „haſt du mir denn nicht ſelber hier auf dieſem Fleck<lb/> geſagt, du hätt’ſt es dem Franz gar nicht verübelt, wenn er ſich<lb/> einmal noch nach der Resl <choice><sic>umgeſchant</sic><corr>umgeſchaut</corr></choice> hätt’ und du ſelber hätteſt<lb/> es auch nicht anders gemacht, wie du jung warſt?“ „Hab’ ich<lb/> das geſagt, Waſtl?“ „Ja, freilich, Leonhard.“ „Nun meinet-<lb/> wegen“, brummte der Adler. „Aber wenn’s noch im Dorf ge-<lb/> weſen wär’ und nicht auf der Alm.“ „Ei was“, ſagte wieder<lb/> der Waſtl, „auf der Alm muß ſich ein braver Bua vor einem<lb/> ordentlichen Mädl noch mehr zuſammen nehmen, als vor aller<lb/> Welt, gelt, Resl?“ „Vater, das iſt ganz gewiß“, erwiderte ſie,<lb/> „er hat eine ſo feine und ſo fromme Art wie kein anderer<lb/> Burſch!“ „Nun, ſo ſoll’s ihm halt auch verziehen ſein“, ſagte<lb/> der Adler ſeufzend, „zu ändern iſt ſo nichts mehr. Aber ſchmerzen<lb/> wird’s mich noch lang’, d’rum reden wir lieber gar nicht mehr<lb/> davon.“ — Die Resl wußte nun, daß ſie alles hinunter ſchlucken<lb/> mußte, was ſie noch gern geſagt hätte, und Keiner nannte mehr<lb/> den Franz. — Als aber der Vater im Bett war, da lief die<lb/> Resl noch zur Leni und ſchüttete gegen ſie ihr ganzes Herz aus.<lb/> Dieſe theilte nun zuvor immer Leid und Freud’ mit der Freun-<lb/> din, aber heute war es der Resl ganz auffallend, daß ſie ihr<lb/> gar in Allem Recht gab und ihr mehr Hoffnung machte, als ſie<lb/> ſelbſt haben konnte. Zuletzt ſagte ſie: „Bau’ auf mich, Resl,<lb/> was ich dazu thun kann, das geſchieht gewiß.“ „Sonderbar!“<lb/> dachte die Resl beim Nachhauſegehen: „noch vor einem halben<lb/> Jahr hat die Leni ganz anders geredet. Wie ſich doch alles<lb/> ändern kann in der Welt!“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0060]
ihn und ſuchte ihn zu beruhigen: „Jetzt hör’ doch erſt die Resl
an, du weißt doch, daß du ihr alles glauben kannſt.“ „Resl,
Resl“, ſeufzte der Vater und hielt ſich beide Hände vor’s Ge-
ſicht, „das iſt mein Tod! — Aber red’, und ſag’ alles.“ Ruhig
und zuverſichtlich beichtete ſie nun über die Begegnung vor dem
Frauentag, und ſo ehrenwerth ſprach ſie über den Franz, daß
den beiden Alten die Augen feucht wurden. „Wenn es ſo iſt,
Resl“, meinte der Leonhard, und reichte ihr die Hand, „dann
will ich dir verzeihen. Aber der Franz, von dem ich eine ſo
gute Meinung gehabt hab’!“ „Aber Leonhard“, unterbrach ihn
der Waſtl, „haſt du mir denn nicht ſelber hier auf dieſem Fleck
geſagt, du hätt’ſt es dem Franz gar nicht verübelt, wenn er ſich
einmal noch nach der Resl umgeſchaut hätt’ und du ſelber hätteſt
es auch nicht anders gemacht, wie du jung warſt?“ „Hab’ ich
das geſagt, Waſtl?“ „Ja, freilich, Leonhard.“ „Nun meinet-
wegen“, brummte der Adler. „Aber wenn’s noch im Dorf ge-
weſen wär’ und nicht auf der Alm.“ „Ei was“, ſagte wieder
der Waſtl, „auf der Alm muß ſich ein braver Bua vor einem
ordentlichen Mädl noch mehr zuſammen nehmen, als vor aller
Welt, gelt, Resl?“ „Vater, das iſt ganz gewiß“, erwiderte ſie,
„er hat eine ſo feine und ſo fromme Art wie kein anderer
Burſch!“ „Nun, ſo ſoll’s ihm halt auch verziehen ſein“, ſagte
der Adler ſeufzend, „zu ändern iſt ſo nichts mehr. Aber ſchmerzen
wird’s mich noch lang’, d’rum reden wir lieber gar nicht mehr
davon.“ — Die Resl wußte nun, daß ſie alles hinunter ſchlucken
mußte, was ſie noch gern geſagt hätte, und Keiner nannte mehr
den Franz. — Als aber der Vater im Bett war, da lief die
Resl noch zur Leni und ſchüttete gegen ſie ihr ganzes Herz aus.
Dieſe theilte nun zuvor immer Leid und Freud’ mit der Freun-
din, aber heute war es der Resl ganz auffallend, daß ſie ihr
gar in Allem Recht gab und ihr mehr Hoffnung machte, als ſie
ſelbſt haben konnte. Zuletzt ſagte ſie: „Bau’ auf mich, Resl,
was ich dazu thun kann, das geſchieht gewiß.“ „Sonderbar!“
dachte die Resl beim Nachhauſegehen: „noch vor einem halben
Jahr hat die Leni ganz anders geredet. Wie ſich doch alles
ändern kann in der Welt!“
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Zitationshilfe: | Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/60>, abgerufen am 01.08.2024. |