Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.nicht mehr gedrängt werden, Resl, aber du hast es jetzt auf Während der Adlerbauer nicht wußte, ob er sich ge- "O laßt's mich gehen, Vater!" bat sie, "dort oben kann Der Alte dampfte ein Paar mal tüchtig aus seiner Pfeife, 12. Ein Gewitter im Anzug. Da die Zeit zur Auffahrt auf die Halserspitz' schon nahe nicht mehr gedrängt werden, Resl, aber du haſt es jetzt auf Während der Adlerbauer nicht wußte, ob er ſich ge- „O laßt’s mich gehen, Vater!“ bat ſie, „dort oben kann Der Alte dampfte ein Paar mal tüchtig aus ſeiner Pfeife, 12. Ein Gewitter im Anzug. Da die Zeit zur Auffahrt auf die Halſerſpitz’ ſchon nahe <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0037"/> nicht mehr gedrängt werden, Resl, aber <hi rendition="#g">du</hi> haſt es jetzt auf<lb/> dem Gewiſſen, wenn der Unfrieden in unſerem Haus noch immer<lb/> ärger wird“, und damit ging er ſichtlich verdroſſen hinaus.</p><lb/> <p>Während der Adlerbauer nicht wußte, ob er ſich ge-<lb/> ſchmeichelt fühlen, oder der Tochter zum Nachgeben zureden ſoll,<lb/> ſagte dieſe nach kurzem Bedenken: „Vater, ich hab’ eine Bitt’.“<lb/> „Was möcht’ſt du denn, Resl?“ frug der Alte in zärtlichem<lb/> Ton. „Laßt mich ſtatt unſerer Dirn auf die Halſer-Alm auf-<lb/> treiben.“ „Was fallt dir ein, Resl!“ rief der Adler erſchrocken,<lb/> „da ſterb’ ich ja vor Zeitlang nach dir.“</p><lb/> <p>„O laßt’s mich gehen, Vater!“ bat ſie, „dort oben kann<lb/> ich mir alles ruhig überlegen, — was im Dorf doch nicht mög-<lb/> lich iſt. Der Seppl laßt einmal nicht aus, der freche Michel<lb/> verfolgt mich förmlich, und die andern Burſchen laſſen mir auch<lb/> keinen Frieden. Auf den Blauberg hinauf iſt ihnen aber der<lb/> Weg zu weit, da leb’ ich ſtill und glücklich, und ſchon lang’<lb/> hätt’ ich mir’s gewünſcht, einmal oben zu ſein.“</p><lb/> <p>Der Alte dampfte ein Paar mal tüchtig aus ſeiner Pfeife,<lb/> dann ſagte er: „Jn Gottes Namen! wenn’s dich halt gar ſo<lb/> freut.“ Fröhlich küßte die Resl den Vater, und begann als-<lb/> bald alles zur Abreiſe vorzubereiten. Der Alte aber brummte,<lb/> als ſie draußen war, indem er ſeine Mütze auf’s andere Ohr<lb/> ſchob: „Jch kann halt einmal dem Blitzmädel nichts abſchlagen.“</p><lb/> </div> <div type="chapter"> <head>12. Ein Gewitter im Anzug.</head><lb/> <p>Da die Zeit zur Auffahrt auf die Halſerſpitz’ ſchon nahe<lb/> war, ſo fuhr der Adler in den nächſten Tagen zur Niederalm<lb/> mit ſeiner Resl, nahm dort von ihr zärtlichen Abſchied, und<lb/> kehrte am Nachmittag mit dem entbehrlichen Hausgeräth und<lb/> mit der Dirn wieder heim ins Dorf. — Als es ihm nun gar<lb/> ſo einſam vorkam in ſeinem Haus, da dachte er: „Jch will mich<lb/> doch einmal nach dem Jakob umſehen. Die letzten Worte des<lb/> Seppel’s neulich zeigten doch eigentlich, daß es dort drüben recht<lb/> traurig ausſieht; vielleicht kann ich den Alten auf beſſere Wege<lb/> bringen.“ — Er ſtopfte alſo gegen Abend ſeine Pfeife und ging<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
nicht mehr gedrängt werden, Resl, aber du haſt es jetzt auf
dem Gewiſſen, wenn der Unfrieden in unſerem Haus noch immer
ärger wird“, und damit ging er ſichtlich verdroſſen hinaus.
Während der Adlerbauer nicht wußte, ob er ſich ge-
ſchmeichelt fühlen, oder der Tochter zum Nachgeben zureden ſoll,
ſagte dieſe nach kurzem Bedenken: „Vater, ich hab’ eine Bitt’.“
„Was möcht’ſt du denn, Resl?“ frug der Alte in zärtlichem
Ton. „Laßt mich ſtatt unſerer Dirn auf die Halſer-Alm auf-
treiben.“ „Was fallt dir ein, Resl!“ rief der Adler erſchrocken,
„da ſterb’ ich ja vor Zeitlang nach dir.“
„O laßt’s mich gehen, Vater!“ bat ſie, „dort oben kann
ich mir alles ruhig überlegen, — was im Dorf doch nicht mög-
lich iſt. Der Seppl laßt einmal nicht aus, der freche Michel
verfolgt mich förmlich, und die andern Burſchen laſſen mir auch
keinen Frieden. Auf den Blauberg hinauf iſt ihnen aber der
Weg zu weit, da leb’ ich ſtill und glücklich, und ſchon lang’
hätt’ ich mir’s gewünſcht, einmal oben zu ſein.“
Der Alte dampfte ein Paar mal tüchtig aus ſeiner Pfeife,
dann ſagte er: „Jn Gottes Namen! wenn’s dich halt gar ſo
freut.“ Fröhlich küßte die Resl den Vater, und begann als-
bald alles zur Abreiſe vorzubereiten. Der Alte aber brummte,
als ſie draußen war, indem er ſeine Mütze auf’s andere Ohr
ſchob: „Jch kann halt einmal dem Blitzmädel nichts abſchlagen.“
12. Ein Gewitter im Anzug.
Da die Zeit zur Auffahrt auf die Halſerſpitz’ ſchon nahe
war, ſo fuhr der Adler in den nächſten Tagen zur Niederalm
mit ſeiner Resl, nahm dort von ihr zärtlichen Abſchied, und
kehrte am Nachmittag mit dem entbehrlichen Hausgeräth und
mit der Dirn wieder heim ins Dorf. — Als es ihm nun gar
ſo einſam vorkam in ſeinem Haus, da dachte er: „Jch will mich
doch einmal nach dem Jakob umſehen. Die letzten Worte des
Seppel’s neulich zeigten doch eigentlich, daß es dort drüben recht
traurig ausſieht; vielleicht kann ich den Alten auf beſſere Wege
bringen.“ — Er ſtopfte alſo gegen Abend ſeine Pfeife und ging
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/37 |
Zitationshilfe: | Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndts_juhschrei_1875/37>, abgerufen am 08.07.2024. |