Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Oscar Linke. "Mein Dienst ist beendet, verflogen der Rausch, Leb' wohl!" -- Und der Sohn der Alkmene, Er wendet den Rücken, verläßt das Gemach Und nicht mehr sieht er die Thräne. Die Thräne der Liebe, des Stolzes, der Wuth Im Auge der furchtbar Schönen ... "Verlassen von ihm!" -- An den Wänden des Saal's Die Klagen des Weibes vertönen. "Verlassen von ihm"! -- "Und ich wußt' es voraus, Doch sagt er nicht selber, die Schönen Sind stark und gewaltig, doch stärker noch sei Und gewalt'ger das träge Gewöhnen?" -- Fern wandelt der Held und es ist ihm, was war, Wie Nacht und wie Nebel versunken; Er wandelt dahin, wie ein Lichtgott hin, Vom Lichte, dem göttlichen trunken. Ixion. Originalbeitrag. Audiatur et altera pars. Ha, brause nur, rausche nur, rollendes Rad, unermüdlich Sich schwingend in feuriger Gluth, wohl tanzt vor den Augen Hinfließend in Nichts, in verwirrendes Flimmern, mir Alles, Wohl sitzt kein Fleck mir an dem zermarterten Leibe, Der wund nicht wäre, zerfleischt und blutig gerissen: Und ha, und dennoch, Götter im rosigen Lichte, Die nieder mich warfen, hinab in's Dunkel des Hades, Auf's Rad mir flochten, unsterbliche Qualen zu leiden, Die Glieder, den eurigen gleich so göttlich erblühend, Eins könnt ihr nimmer zerreißen in mir und ertödten: Hier unter den Augen und unter der Stirne den Funken, Der ewig erweckt unsägliche Wonnenerinn'rung Oscar Linke. „Mein Dienſt iſt beendet, verflogen der Rauſch, Leb’ wohl!“ — Und der Sohn der Alkmene, Er wendet den Rücken, verläßt das Gemach Und nicht mehr ſieht er die Thräne. Die Thräne der Liebe, des Stolzes, der Wuth Im Auge der furchtbar Schönen … „Verlaſſen von ihm!“ — An den Wänden des Saal’s Die Klagen des Weibes vertönen. „Verlaſſen von ihm“! — „Und ich wußt’ es voraus, Doch ſagt er nicht ſelber, die Schönen Sind ſtark und gewaltig, doch ſtärker noch ſei Und gewalt’ger das träge Gewöhnen?“ — Fern wandelt der Held und es iſt ihm, was war, Wie Nacht und wie Nebel verſunken; Er wandelt dahin, wie ein Lichtgott hin, Vom Lichte, dem göttlichen trunken. Ixion. Originalbeitrag. Audiatur et altera pars. Ha, brauſe nur, rauſche nur, rollendes Rad, unermüdlich Sich ſchwingend in feuriger Gluth, wohl tanzt vor den Augen Hinfließend in Nichts, in verwirrendes Flimmern, mir Alles, Wohl ſitzt kein Fleck mir an dem zermarterten Leibe, Der wund nicht wäre, zerfleiſcht und blutig geriſſen: Und ha, und dennoch, Götter im roſigen Lichte, Die nieder mich warfen, hinab in’s Dunkel des Hades, Auf’s Rad mir flochten, unſterbliche Qualen zu leiden, Die Glieder, den eurigen gleich ſo göttlich erblühend, Eins könnt ihr nimmer zerreißen in mir und ertödten: Hier unter den Augen und unter der Stirne den Funken, Der ewig erweckt unſägliche Wonnenerinn’rung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0059" n="41"/> <fw place="top" type="header">Oscar Linke.</fw><lb/> <lg n="33"> <l>„Mein Dienſt iſt beendet, verflogen der Rauſch,</l><lb/> <l>Leb’ wohl!“ — Und der Sohn der Alkmene,</l><lb/> <l>Er wendet den Rücken, verläßt das Gemach</l><lb/> <l>Und nicht mehr ſieht er die Thräne.</l> </lg><lb/> <lg n="34"> <l>Die Thräne der Liebe, des Stolzes, der Wuth</l><lb/> <l>Im Auge der furchtbar Schönen …</l><lb/> <l>„Verlaſſen von <hi rendition="#g">ihm</hi>!“ — An den Wänden des Saal’s</l><lb/> <l>Die Klagen des Weibes vertönen.</l> </lg><lb/> <lg n="35"> <l>„Verlaſſen von ihm“! — „Und ich wußt’ es voraus,</l><lb/> <l>Doch ſagt er nicht ſelber, die Schönen</l><lb/> <l>Sind ſtark und gewaltig, doch <hi rendition="#g">ſtärker</hi> noch ſei</l><lb/> <l>Und gewalt’ger das träge Gewöhnen?“ —</l> </lg><lb/> <lg n="36"> <l>Fern wandelt der Held und es iſt ihm, was war,</l><lb/> <l>Wie Nacht und wie Nebel verſunken;</l><lb/> <l>Er wandelt dahin, wie ein <hi rendition="#g">Lichtgott</hi> hin,</l><lb/> <l>Vom Lichte, dem göttlichen trunken.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ixion.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">Audiatur et altera pars.</hi> </hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ha, brauſe nur, rauſche nur, rollendes Rad, unermüdlich</l><lb/> <l>Sich ſchwingend in feuriger Gluth, wohl tanzt vor den Augen</l><lb/> <l>Hinfließend in Nichts, in verwirrendes Flimmern, mir Alles,</l><lb/> <l>Wohl ſitzt kein Fleck mir an dem zermarterten Leibe,</l><lb/> <l>Der wund nicht wäre, zerfleiſcht und blutig geriſſen:</l><lb/> <l>Und ha, und dennoch, Götter im roſigen Lichte,</l><lb/> <l>Die nieder mich warfen, hinab in’s Dunkel des Hades,</l><lb/> <l>Auf’s Rad mir flochten, unſterbliche Qualen zu leiden,</l><lb/> <l>Die Glieder, den eurigen gleich ſo göttlich erblühend,</l><lb/> <l>Eins könnt ihr nimmer zerreißen in mir und ertödten:</l><lb/> <l>Hier unter den Augen und unter der Stirne den Funken,</l><lb/> <l>Der ewig erweckt unſägliche Wonnenerinn’rung</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0059]
Oscar Linke.
„Mein Dienſt iſt beendet, verflogen der Rauſch,
Leb’ wohl!“ — Und der Sohn der Alkmene,
Er wendet den Rücken, verläßt das Gemach
Und nicht mehr ſieht er die Thräne.
Die Thräne der Liebe, des Stolzes, der Wuth
Im Auge der furchtbar Schönen …
„Verlaſſen von ihm!“ — An den Wänden des Saal’s
Die Klagen des Weibes vertönen.
„Verlaſſen von ihm“! — „Und ich wußt’ es voraus,
Doch ſagt er nicht ſelber, die Schönen
Sind ſtark und gewaltig, doch ſtärker noch ſei
Und gewalt’ger das träge Gewöhnen?“ —
Fern wandelt der Held und es iſt ihm, was war,
Wie Nacht und wie Nebel verſunken;
Er wandelt dahin, wie ein Lichtgott hin,
Vom Lichte, dem göttlichen trunken.
Ixion.
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Audiatur et altera pars.
Ha, brauſe nur, rauſche nur, rollendes Rad, unermüdlich
Sich ſchwingend in feuriger Gluth, wohl tanzt vor den Augen
Hinfließend in Nichts, in verwirrendes Flimmern, mir Alles,
Wohl ſitzt kein Fleck mir an dem zermarterten Leibe,
Der wund nicht wäre, zerfleiſcht und blutig geriſſen:
Und ha, und dennoch, Götter im roſigen Lichte,
Die nieder mich warfen, hinab in’s Dunkel des Hades,
Auf’s Rad mir flochten, unſterbliche Qualen zu leiden,
Die Glieder, den eurigen gleich ſo göttlich erblühend,
Eins könnt ihr nimmer zerreißen in mir und ertödten:
Hier unter den Augen und unter der Stirne den Funken,
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