Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Auf ihres Mannes kleine Liaisons! Was hülfe
uns das!"

"Nein, auf den Rittmeister. Er sah neulich die
neue Choristin mit dem Operngucker sehr eifrig an.
Wenn es gelänge, sie aus ihrer Seelenruhe aufzustacheln!
Wenn sie außer sich geriethe, sich fortreißen ließe -- "

"Nun, was besinnen Sie sich?"

"Es ist nur ein flüchtiger Einfall -- schwierig,
aber möglich ist Alles -- wenn sie in ihrer Ver¬
zweiflung ihren Mann zu Hülfe zöge."

"Ca serait le comble du ridicule."

"Aber nichts Neues. Wie gesagt, Alles noch
embryonisch dunkel, aber sie muß jetzt mit dem Ritt¬
meister aneinander. Das ist mir klar; es giebt kein
ander Mittel."

"Wenn es nur zum Rechten führt."

"Dafür lassen Sie mich sorgen."

"Wohin so eilig?"

"Zur armen Geheimräthin! Ach, eine Unglück¬
liche! Die bedarf des Trostes."

"Bleiben Sie mir mit der vom Leibe. Ich kriege
Bauchgrimmen, wenn sie mich lange ansieht."

"Das ist eine unglückliche Frau! Nun auch das
zweite Kind!"

"Es waren doch rebutante Geschöpfe. Sie kann
sie unmöglich lieb gehabt haben."

"Der Idealismus weiß von einer Liebe, die
gerade das ihm Unangenehme mit zärtlichen Armen
umfaßt, einer Liebe, die ihre ganze Innigkeit und

„Auf ihres Mannes kleine Liaiſons! Was hülfe
uns das!“

„Nein, auf den Rittmeiſter. Er ſah neulich die
neue Choriſtin mit dem Operngucker ſehr eifrig an.
Wenn es gelänge, ſie aus ihrer Seelenruhe aufzuſtacheln!
Wenn ſie außer ſich geriethe, ſich fortreißen ließe — “

„Nun, was beſinnen Sie ſich?“

„Es iſt nur ein flüchtiger Einfall — ſchwierig,
aber möglich iſt Alles — wenn ſie in ihrer Ver¬
zweiflung ihren Mann zu Hülfe zöge.“

„Ça serait le comble du ridicule.“

„Aber nichts Neues. Wie geſagt, Alles noch
embryoniſch dunkel, aber ſie muß jetzt mit dem Ritt¬
meiſter aneinander. Das iſt mir klar; es giebt kein
ander Mittel.“

„Wenn es nur zum Rechten führt.“

„Dafür laſſen Sie mich ſorgen.“

„Wohin ſo eilig?“

„Zur armen Geheimräthin! Ach, eine Unglück¬
liche! Die bedarf des Troſtes.“

„Bleiben Sie mir mit der vom Leibe. Ich kriege
Bauchgrimmen, wenn ſie mich lange anſieht.“

„Das iſt eine unglückliche Frau! Nun auch das
zweite Kind!“

„Es waren doch rebutante Geſchöpfe. Sie kann
ſie unmöglich lieb gehabt haben.“

„Der Idealismus weiß von einer Liebe, die
gerade das ihm Unangenehme mit zärtlichen Armen
umfaßt, einer Liebe, die ihre ganze Innigkeit und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0028" n="18"/>
        <p>&#x201E;Auf ihres Mannes kleine Liai&#x017F;ons! Was hülfe<lb/>
uns das!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, auf den Rittmei&#x017F;ter. Er &#x017F;ah neulich die<lb/>
neue Chori&#x017F;tin mit dem Operngucker &#x017F;ehr eifrig an.<lb/>
Wenn es gelänge, &#x017F;ie aus ihrer Seelenruhe aufzu&#x017F;tacheln!<lb/>
Wenn &#x017F;ie außer &#x017F;ich geriethe, &#x017F;ich fortreißen ließe &#x2014; &#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun, was be&#x017F;innen Sie &#x017F;ich?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es i&#x017F;t nur ein flüchtiger Einfall &#x2014; &#x017F;chwierig,<lb/>
aber möglich i&#x017F;t Alles &#x2014; wenn &#x017F;ie in ihrer Ver¬<lb/>
zweiflung ihren Mann zu Hülfe zöge.&#x201C;</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#aq">&#x201E;Ça serait le comble du ridicule.&#x201C;</hi> </p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber nichts Neues. Wie ge&#x017F;agt, Alles noch<lb/>
embryoni&#x017F;ch dunkel, aber <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> muß jetzt mit dem Ritt¬<lb/>
mei&#x017F;ter aneinander. Das i&#x017F;t mir klar; es giebt kein<lb/>
ander Mittel.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn es nur zum Rechten führt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dafür la&#x017F;&#x017F;en Sie mich &#x017F;orgen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wohin &#x017F;o eilig?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Zur armen Geheimräthin! Ach, eine Unglück¬<lb/>
liche! <hi rendition="#g">Die</hi> bedarf des Tro&#x017F;tes.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bleiben Sie mir mit der vom Leibe. Ich kriege<lb/>
Bauchgrimmen, wenn &#x017F;ie mich lange an&#x017F;ieht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das i&#x017F;t eine unglückliche Frau! Nun auch das<lb/>
zweite Kind!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es waren doch rebutante Ge&#x017F;chöpfe. Sie kann<lb/>
&#x017F;ie unmöglich lieb gehabt haben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Idealismus weiß von einer Liebe, die<lb/>
gerade das ihm Unangenehme mit zärtlichen Armen<lb/>
umfaßt, einer Liebe, die ihre ganze Innigkeit und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0028] „Auf ihres Mannes kleine Liaiſons! Was hülfe uns das!“ „Nein, auf den Rittmeiſter. Er ſah neulich die neue Choriſtin mit dem Operngucker ſehr eifrig an. Wenn es gelänge, ſie aus ihrer Seelenruhe aufzuſtacheln! Wenn ſie außer ſich geriethe, ſich fortreißen ließe — “ „Nun, was beſinnen Sie ſich?“ „Es iſt nur ein flüchtiger Einfall — ſchwierig, aber möglich iſt Alles — wenn ſie in ihrer Ver¬ zweiflung ihren Mann zu Hülfe zöge.“ „Ça serait le comble du ridicule.“ „Aber nichts Neues. Wie geſagt, Alles noch embryoniſch dunkel, aber ſie muß jetzt mit dem Ritt¬ meiſter aneinander. Das iſt mir klar; es giebt kein ander Mittel.“ „Wenn es nur zum Rechten führt.“ „Dafür laſſen Sie mich ſorgen.“ „Wohin ſo eilig?“ „Zur armen Geheimräthin! Ach, eine Unglück¬ liche! Die bedarf des Troſtes.“ „Bleiben Sie mir mit der vom Leibe. Ich kriege Bauchgrimmen, wenn ſie mich lange anſieht.“ „Das iſt eine unglückliche Frau! Nun auch das zweite Kind!“ „Es waren doch rebutante Geſchöpfe. Sie kann ſie unmöglich lieb gehabt haben.“ „Der Idealismus weiß von einer Liebe, die gerade das ihm Unangenehme mit zärtlichen Armen umfaßt, einer Liebe, die ihre ganze Innigkeit und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/28
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/28>, abgerufen am 26.04.2024.