Drittes Kapitel. Herr von Wandel muß sentimental sein.
"Unter Heiligenbildern eine Heilige!" rief der Legationsrath der Baronin entgegen.
"Wissen Sie, was mein Mann von Ihnen sagt? replicirte die Baronin? Wie heilig Sie auch aus¬ sähen, Sie wären ein Pfifficus, und er möchte mit Ihnen keine Geschäfte machen."
"Warum sollte er theilen! Er macht für sich allein die besten."
"Ihnen traute er nicht über den Weg, meinte er neulich."
Der Legationsrath zückte lächelnd die Achseln: "Was konnte ich dafür, daß aus der Mäntelgeschichte nichts ward. Meine Absichten waren die besten, meine Demarchen gut, es stieß sich an andern Dingen. -- Ja, theuerste Freundin, wie viel ist damit aus¬ gesprochen! Unser Wille mag noch so rein sein, wir thun alles, was wir können, der Himmel selbst scheint uns zu winken, und es wird doch nichts draus. Das ist der unerforschliche Organismus jener höheren
IV. 3
Drittes Kapitel. Herr von Wandel muß ſentimental ſein.
„Unter Heiligenbildern eine Heilige!“ rief der Legationsrath der Baronin entgegen.
„Wiſſen Sie, was mein Mann von Ihnen ſagt? replicirte die Baronin? Wie heilig Sie auch aus¬ ſähen, Sie wären ein Pfifficus, und er möchte mit Ihnen keine Geſchäfte machen.“
„Warum ſollte er theilen! Er macht für ſich allein die beſten.“
„Ihnen traute er nicht über den Weg, meinte er neulich.“
Der Legationsrath zückte lächelnd die Achſeln: „Was konnte ich dafür, daß aus der Mäntelgeſchichte nichts ward. Meine Abſichten waren die beſten, meine Demarchen gut, es ſtieß ſich an andern Dingen. — Ja, theuerſte Freundin, wie viel iſt damit aus¬ geſprochen! Unſer Wille mag noch ſo rein ſein, wir thun alles, was wir können, der Himmel ſelbſt ſcheint uns zu winken, und es wird doch nichts draus. Das iſt der unerforſchliche Organismus jener höheren
IV. 3
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Drittes Kapitel.
Herr von Wandel muß ſentimental ſein.
„Unter Heiligenbildern eine Heilige!“ rief der
Legationsrath der Baronin entgegen.
„Wiſſen Sie, was mein Mann von Ihnen ſagt?
replicirte die Baronin? Wie heilig Sie auch aus¬
ſähen, Sie wären ein Pfifficus, und er möchte mit
Ihnen keine Geſchäfte machen.“
„Warum ſollte er theilen! Er macht für ſich
allein die beſten.“
„Ihnen traute er nicht über den Weg, meinte
er neulich.“
Der Legationsrath zückte lächelnd die Achſeln:
„Was konnte ich dafür, daß aus der Mäntelgeſchichte
nichts ward. Meine Abſichten waren die beſten,
meine Demarchen gut, es ſtieß ſich an andern Dingen.
— Ja, theuerſte Freundin, wie viel iſt damit aus¬
geſprochen! Unſer Wille mag noch ſo rein ſein, wir
thun alles, was wir können, der Himmel ſelbſt ſcheint
uns zu winken, und es wird doch nichts draus. Das
iſt der unerforſchliche Organismus jener höheren
IV. 3
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. [33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/43>, abgerufen am 03.03.2025.
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