Böttner, Gottfried: Traur-und Trost-Zeilen Uber Dem plötzlich-und schmertzlich-iedoch seeligen Ableiben. Zittau, 1672.Letzte Trost-Rede Der seeligst-Verstorbenen/ An den HochAdelichen Leydtragenden Herren Wittiber/ Und Schmertzlich-klagenden Hoch-Adel.Herrn Eydam/ Frau und Jungfrau Töchtern. WAs ist das in der Welt/ so wir am höchsten schätzen? Nichts/ als ein blosser Schein/ der eh mans merckt/ vergeht/ Und unvermercklichen verschwind und nicht besteht. Was ist das Löblich seyn? Ein nichtiges Ergetzen. Wie bald muß alles Fleisch vors Todes-Macht verbleichen/ Ja alles was sonst schön und herrlich hat geblüht/ Wird ofters/ eh mans merckt/ wie sehr man sich bemüht Jn einem Augenblick zu einer blassen Leichen Was ist es/ daß uns schön auf dieser Erden ziehret? Was ist es daß uns hier der Welt zum Wunder macht? Nichts ist es/ wenn der Geist bey uns in Angst verschmacht/ Und wenn der grimme Todt sein Recht mit Ernst anführet. Wem hilfft sein Weise seyn? Wem hilfft sein vieles Wissen/ Wenn das Verhängnüs-Spiel mit Macht bey Jhm bricht ein? Nichts; Alle müssen fort: Es muß gestorben seyn! Der muß so wohl als Du und Jch die Augen schliessen. Das Leben ist ein Ball/ ein trübes Ungewitter/ Der wie ein Zweig schön grünt/ verleuret seine Krafft/ Der Tod vertrucknet ihm dem grünen Lebens-Safft/ Er wirft ihn/ wie der Nord/ dem Baum von Stamm/ in Splitter. Letzte Troſt-Rede Der ſeeligſt-Verſtorbenen/ An den HochAdelichen Leydtragenden Herren Wittiber/ Und Schmertzlich-klagenden Hoch-Adel.Herrn Eydam/ Frau und Jungfrau Toͤchtern. WAs iſt das in der Welt/ ſo wir am hoͤchſten ſchaͤtzen? Nichts/ als ein bloſſer Schein/ der eh mans merckt/ vergeht/ Und unvermercklichen verſchwind und nicht beſteht. Was iſt das Loͤblich ſeyn? Ein nichtiges Ergetzen. Wie bald muß alles Fleiſch vors Todes-Macht verbleichen/ Ja alles was ſonſt ſchoͤn und herrlich hat gebluͤht/ Wird ofters/ eh mans merckt/ wie ſehr man ſich bemuͤht Jn einem Augenblick zu einer blaſſen Leichen Was iſt es/ daß uns ſchoͤn auf dieſer Erden ziehret? Was iſt es daß uns hier der Welt zum Wunder macht? Nichts iſt es/ wenn der Geiſt bey uns in Angſt verſchmacht/ Und wenn der grimme Todt ſein Recht mit Ernſt anfuͤhret. Wem hilfft ſein Weiſe ſeyn? Wem hilfft ſein vieles Wiſſen/ Wenn das Verhaͤngnuͤs-Spiel mit Macht bey Jhm bricht ein? Nichts; Alle muͤſſen fort: Es muß geſtorben ſeyn! Der muß ſo wohl als Du und Jch die Augen ſchlieſſen. Das Leben iſt ein Ball/ ein truͤbes Ungewitter/ Der wie ein Zweig ſchoͤn gruͤnt/ verleuret ſeine Krafft/ Der Tod vertrucknet ihm dem gruͤnen Lebens-Safft/ Er wirft ihn/ wie der Nord/ dem Baum von Stam̃/ in Splitter. <TEI> <text> <body> <div type="fsOtherPublication" n="1"> <pb facs="#f0006"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head>Letzte Troſt-Rede<lb/><hi rendition="#b">Der ſeeligſt-Verſtorbenen/</hi><lb/> An den HochAdelichen Leydtragenden<lb/><hi rendition="#b">Herren Wittiber/</hi><lb/> Und<lb/> Schmertzlich-klagenden<lb/><hi rendition="#b">Hoch-Adel.Herrn Eydam/<lb/> Frau und Jungfrau<lb/> Toͤchtern.</hi></head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>As iſt das in der Welt/ ſo wir am hoͤchſten ſchaͤtzen?</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Nichts/ als ein bloſſer Schein/ der eh mans merckt/ vergeht/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und unvermercklichen verſchwind und nicht beſteht.</hi> </l><lb/> <l>Was iſt das Loͤblich ſeyn? Ein nichtiges Ergetzen.</l><lb/> <l>Wie bald muß alles Fleiſch vors Todes-Macht verbleichen/</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ja alles was ſonſt ſchoͤn und herrlich hat gebluͤht/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wird ofters/ eh mans merckt/ wie ſehr man ſich bemuͤht</hi> </l><lb/> <l>Jn einem Augenblick zu einer blaſſen Leichen</l><lb/> <l>Was iſt es/ daß uns ſchoͤn auf dieſer Erden ziehret?</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Was iſt es daß uns hier der Welt zum Wunder macht?</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Nichts iſt es/ wenn der Geiſt bey uns in Angſt verſchmacht/</hi> </l><lb/> <l>Und wenn der grimme Todt ſein Recht mit Ernſt anfuͤhret.</l><lb/> <l>Wem hilfft ſein Weiſe ſeyn? Wem hilfft ſein vieles Wiſſen/</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wenn das Verhaͤngnuͤs-Spiel mit Macht bey Jhm bricht ein?</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Nichts; Alle muͤſſen fort: Es muß geſtorben ſeyn<hi rendition="#i">!</hi></hi> </l><lb/> <l>Der muß ſo wohl als Du und Jch die Augen ſchlieſſen.</l><lb/> <l>Das Leben iſt ein Ball/ ein truͤbes Ungewitter/</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Der wie ein Zweig ſchoͤn gruͤnt/ verleuret ſeine Krafft/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Der Tod vertrucknet ihm dem gruͤnen Lebens-Safft/</hi> </l><lb/> <l>Er wirft ihn/ wie der Nord/ dem Baum von Stam̃/ in Splitter.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0006]
Letzte Troſt-Rede
Der ſeeligſt-Verſtorbenen/
An den HochAdelichen Leydtragenden
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Und
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Hoch-Adel.Herrn Eydam/
Frau und Jungfrau
Toͤchtern.
WAs iſt das in der Welt/ ſo wir am hoͤchſten ſchaͤtzen?
Nichts/ als ein bloſſer Schein/ der eh mans merckt/ vergeht/
Und unvermercklichen verſchwind und nicht beſteht.
Was iſt das Loͤblich ſeyn? Ein nichtiges Ergetzen.
Wie bald muß alles Fleiſch vors Todes-Macht verbleichen/
Ja alles was ſonſt ſchoͤn und herrlich hat gebluͤht/
Wird ofters/ eh mans merckt/ wie ſehr man ſich bemuͤht
Jn einem Augenblick zu einer blaſſen Leichen
Was iſt es/ daß uns ſchoͤn auf dieſer Erden ziehret?
Was iſt es daß uns hier der Welt zum Wunder macht?
Nichts iſt es/ wenn der Geiſt bey uns in Angſt verſchmacht/
Und wenn der grimme Todt ſein Recht mit Ernſt anfuͤhret.
Wem hilfft ſein Weiſe ſeyn? Wem hilfft ſein vieles Wiſſen/
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Nichts; Alle muͤſſen fort: Es muß geſtorben ſeyn!
Der muß ſo wohl als Du und Jch die Augen ſchlieſſen.
Das Leben iſt ein Ball/ ein truͤbes Ungewitter/
Der wie ein Zweig ſchoͤn gruͤnt/ verleuret ſeine Krafft/
Der Tod vertrucknet ihm dem gruͤnen Lebens-Safft/
Er wirft ihn/ wie der Nord/ dem Baum von Stam̃/ in Splitter.
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